Seit den 1970er Jahren besteht im Kern des Bettenhauses der Uniklinik Köln die Evangelische Kapelle. Nach längerer Planungsphase und zwölf Monaten Bauzeit wurde sie nun in neuem Gewand wieder eröffnet. „Wir haben uns lange auf diesen Tag gefreut“, leitete Pfarrerin Antje Hofmann die vorangestellte gottesdienstliche Feier ein. „Wir, und da nehme ich die katholischen Kollegen mit hinein, sind sehr dankbar, dass der Vorstand der Klinik den Weg mitgegangen ist und unter Beteiligung des Landes NRW die Finanzierung übernommen hat“, so die Krankenhausseelsorgerin vor zahlreichen Gästen. Unter ihnen der Urheber des modernen künstlerischen Gestaltungskonzeptes, Professor Paolo D´Orazio.
Ein solches Gesamtkonzept hatte früh der Kölner Galerist Dr. Gottfried Stracke empfohlen. Und als idealen Ideengeber den in Rom lebenden Maler gleich mit. Als Verantwortlicher für das Kunstprojekt führte Stracke im Anschluss an den Gottesdienst in das Schaffen D´Orazios ein. Insbesondere erläuterte der Kunsthistoriker, welche Idee der Verwandlung der Kapelle zugrunde liegt. Und wie der Künstler trotz weitgehender Abstraktion mit Symbolen operiere, die auch auf Menschen ohne christliche Prägung wirkten. Mittels „Licht und Farbe“, seinem eigentlichen Thema, habe der 71-jährige Italiener eine Oase der Ruhe inmitten der Betriebsamkeit der Klinik kreiert.
Holz, Wasser, Licht und Feuer
Die Verwendung von Holz, Mosaik, Zierfenster und farbigem Stucco Veneziano belege auch hier D´Orazios „souveränen Umgang mit unterschiedlichen gestalterischen Aufgaben und Materialien“, so Stracke. „Die wesentlichen Merkmale des Konzeptes sind die Farben des Lichtes in der uns umgebenden Natur.“ Deren Materialität und Farbigkeit spiegle sich im Raum wider. Diesen prägten „die vier, unser ganzes Sein ausmachenden Elemente: Holz steht für Wachsen und die Erdverbundenheit, das blaue Wasser für das Leben, das von Farben getragenen Licht für das Feuer des Geistes, das schließlich in seiner größten Fülle im Spektrum aller Farben zum hellen, transzendenten Licht im Altarraum führt.“
Ein Ort zum Atemholen
Verschwunden ist also laut Hofmann die „zuvor schwere Atmosphäre. Nun ist ein schöner Raum entstanden, ein ganz anderer Ort.“ Ein kleines Wunder nannte ihr Kollege Klaus Peter Böttler das, „was aus der Kapelle geworden ist“. Schon der alte Raum sei trotz seiner begrenzten spirituellen Anmutung durch seine Lage und Funktion wichtig gewesen. Eigentlich brauche das Evangelische keine besonderen, herausgehobenen Orte. „Der entscheidende Ort evangelischen Lebens ist der Alltag. Jeder und alles ist unmittelbar zu Gott.“ Aber auch für die evangelische Kirche könnten Orte, Räume und Zeiten Verbündete sein, sagte der Pfarrer. „Wenn alles passt und stimmig ist, wird der Ort zum Verbündeten meiner Seele“, zum Verbündeten der Menschen, die, oft verletzt an Körper und Seele, hier Trost suchten. Eine Kirche werde zur Kirche, wenn man darin Gottesdienst halte, Gebete spreche, Lieder singe, so Böttler. Geheiligt werde diese Kapelle mit jedem hier gesprochenen Gebet, mit jedem Seufzer, jedem Zweifel, der hier geäußert, jedem Toten, der betrauert werde. Erst durch die Menschen werde sie zu einem Kraftort. „Möge die Kapelle ein Ort des Gebetes, der Stille, des Schweigens sein für die Menschen, die hier herkommen, ein Ort zum Atemholen für die Seele“, hofft Böttler.
Dank der Superintendentin
„Ich freue mich über diesen Raum“, dankte Superintendentin Andrea Vogel im Namen des Evangelischen Kirchenverbandes Köln und Region dem Klinikvorstand und allen, die zu seiner Neugestaltung beigetragen haben. An diesem Ort habe man das Gefühl, Kraft zu finden. „Man kann hier auf Seelsorger treffen, die mit mir beten, die für mich beten.“ Vogel wünscht sich, „dass alle, die diesen Raum betreten, spüren, was es heißt, getragen zu sein von Jesus Christus“.
Leid hinterlässt Spuren
„Ich bin überwältigt“, gestand Professor Dr. Edgar Schömig in seinem Grußwort. Der Vorstandsvorsitzende und Ärztliche Direktor des Klinikums hob die „Schönheit und Ruhe ausstrahlende Wirkung“ der Kapelle hervor. Der Wert eines solchen Angebotes für Patienten, Angehörige und Mitarbeiter sei nicht ökonomisch zu messen, hob er auf die „menschliche Dimension“ ab. „Körperliches Leid hinterlässt Spuren auch in der Seele von Patienten und Angehörigen“, zeigte er sich zuversichtlich, dass dieser zu Besinnung und Rückzug einladende Ort in die Klinik hineinwirkt.
Mit Fleiß und Akribie
Manches sei noch nicht fertig, manches komme noch hinzu, so Hofmann. Das Startkapital (1500 Euro) für eine geeignete Orgel überreichte am Eröffnungstag der katholische Seelsorger Dr. Wolfgang Klein: Es stammt aus der aufgestockten Kollekte der Ostermesse der Katholischen Klinikgemeinde, die die Kapelle ebenfalls für Gottesdienste nutzt. Klein dankte den beiden evangelischen Kollegen, „dass ihr euch mit Fleiß und Akribie für die Neugestaltung eingesetzt habt“. Diese sei durch unterschiedliche Talente zustande gekommen. „Aus der Vielheit ist eine Einheit entstanden“, für ein gastliches Angebot bei Tag und Nacht – als eine Quelle der Kraft und des Trostes.
Foto(s): Engelbert Broich