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Entwidmung des Gemeindezentrums „Magnet“ in Heimersdorf

Viele bewegende Momente prägten den Entwidmungsgottesdienst im Gemeindezentrum "Magnet" in Heimersdorf. Als Wolfgang Knaup, der in der Gemeinde seit Jahrzehnten ehrenamtlich engagiert ist, ein paar Worte zum Abschied vom "Magnet" formulieren wollte, versagte ihm die Stimme.

Pfarrer Wilfried Seeger sprang ein: "Den Wolfgang kann ich morgens um vier Uhr anrufen. Der kommt sofort." Am Ende war es ein sehr leiser Abschied vom Gemeindezentrum. Pfarrer Wilfried Seeger ging zum Altar, löschte die Kerze, nahm die Altarbibel und schritt gemeinsam mit Superintendent Markus Zimmermann und den Pfarrern Ralf Neukirchen und Bernhard Ottinger-Kasper zum Ausgang: Das Gemeindezentrum „Magnet“ war entwidmet.

Vielen Gemeindegliedern fiel der Abschied schwer
Im Gottesdienst zuvor war der Raum bis auf den letzten Platz gefüllt. Vielen Heimersdorfern fiel der Abschied schwer. „Vieles, was uns jetzt bewegt, können wir nicht in Worte fassen. Aber wir können es in der Stille vor Gott bringen. Der Abschied von diesem Haus ist ja kein Abschied von Gott“, sagte Pfarrer Seegers zu Beginn des Abendmahls-Gottesdienstes. Küsterin Helga Scholz blickte mit Mut in die Zukunft: "Ohne die Menschen hätte dieses Gebäude nicht gelebt. Ein Gebäude geht allerdings schon mal weg. Aber die Menschen bleiben ja. Wir gehen in ein anderes Gebäude, aber die Menschen kommen doch mit. Was kann uns also passieren?"

Mit Gottvertrauen auf etwas Neues einlassen
Die Predigt im Entwidmungsgottesdienst hielt Pfarrer Markus Zimmermann, Superintendent des Evangelischen Kirchenkreises Köln-Nord. Er wies auf die Metallplastik „Gemeindeschiff“ hin, die hinter der Kanzel an der Wand hing. „Es stellt die Jünger dar, die mit Jesus über den See Genezareth segeln. Viele Jahre schauten sie auf das Segelboot. Das ist aber die falsche Perspektive. Wir fahren zusammen. Sie, die Gemeinde, der Kirchenkreis und auch die katholischen Schwestern und Brüder.“ Die Segeltour der Jünger nahm einen dramatischen Verlauf. Als plötzlich ein heftiger Sturm tobte, fürchteten die Anhänger Jesu zu ertrinken. Der war eingeschlafen und wurde von ihnen geweckt: „Meister, fragst Du nicht danach, dass wir umkommen?“ Er stand auf, erhob seine Hand drohend gegen den Sturm und rief laut über die Wellen: "Schweig und sei still!" Da wurde es auf einmal ganz still. Der Wind legte sich. Die Wellen wichen zurück. Das Schiff glitt wieder ruhig durch das Wasser. "Warum hattet ihr solche Angst?" fragte Jesus die Jünger. "Ich bin doch bei euch! Habt ihr denn kein Vertrauen zu mir?" Diese Geschichte aus dem Markus-Evangelium nahm Zimmermann zum Anlass, an die Gemeinde zu appellieren, sich mit Gottvertrauen auf Neues einzulassen.

Eine spannende Zeit für Abenteurer
Die Gemütlichkeit der vergangenen 50 Jahre im „Magnet“ sei leider Vergangenheit. „Glauben wir, dass wir umkommen, oder haben wir Vertrauen. Alle Gemeinden in der Landeskirche stehen im Sturm. Nichts ist mehr so selbstverständlich wie früher. Das ist eine spannende Zeit für die Abenteurer unter uns. Wir trotzen dem Sturm. Es kann sein, dass wir dabei nasse Füße bekommen. Es gibt keinen Stillstand. Wir bleiben ein wanderndes und ruderndes Gottesvolk, dem Gott den Weg zum Ziel weist.“ Der führt die evangelischen Heimersdorfer demnächst in die Stadtkirche am Pariser Platz in Chorweiler. „1300 Meter von unserem Gemeindezentrum entfernt“, sagt Guido Steffen, Presbyter der Gemeinde. Muss man denn ein Gemeindezentrum schließen, wenn es beim Entwidmungs-Gottesdienst keinen freien Stuhl mehr gibt? Das war in den vergangenen Jahren nur an Weihnachten so, berichtet Steffen: „Die Gemeinde ist in den vergangenen Jahren arg geschrumpft. Die Immobilie ist einfach zu groß für uns.“

Neuanfang: Ein sozial orientiertes Wohnbauprojekt
Das war mal ganz anders. Nachdem das Gemeindezentrum 1967 eingeweiht worden war, zählte die Gemeinde in manchen Jahren 90 Konfirmanden. „Damals zogen sehr viele Familien mit drei oder mehr Kindern nach Heimersdorf. Es gab 60 Gruppen in der Gemeinde“, wirft Steffen einen Blick in die Vergangenheit. In diesem Jahr wurde noch ein Dutzend Jugendlicher konfirmiert. Bis zum Herbst wird das Gemeindezentrum abgerissen. Das Jugendzentrum der Gemeinde wurde bereits umgesiedelt in ein ehemaliges Geschäft in der Heimersdorfer Ladenzeile. Betrieben wird es nun von dem Verein „Jugendcafé“, dessen Mitglied die Evangelische Gemeinde Neue Stadt ist, zu der die Heimersdorfer Protestanten gehören. Nach dem Abriss des „Magnet“ wird die Antoniter Siedlungsgesellschaft auf dem Grundstück Wohnungen bauen. „Geplant ist ein sozial orientiertes Wohnbauprojekt. Wir bleiben Grundeigentümer, bekommen einen Erbpachtzins und mieten einige Räume für gemeindliche Veranstaltungen“, weiß Presbyter Steffen. Dort wird man auch der Altar, das Ambo, das Taufbecken, die Kreuzwegbilder, Paramente und das Altarkreuz wieder zu finden sein. Auch die Metallplastik „Gemeindeschiff“ wird abgebaut und für eine spätere Verwendung eingelagert.

Text: Stefan Rahmann
Foto(s): Stefan Rahmann