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EKiR: Arbeitsgemeinschaft kritisiert die aktuelle Familien- und Sozialpolitik bei Umsetzung der Agenda 2010

Vieles, was innerhalb der traditionellen Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik geschieht, wie auch Hartz IV, hat unsoziale Auswirkungen auf Familien. Das kritisiert die Evangelische Aktionsgemeinschaft für Familienfragen (EAF) im Rheinland. Die Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe zum so genannten Arbeitslosengeld II sei „besonders gravierend“, heißt es im neuen Positionspapier zu den Sozialreformen und der Sparpolitik. Der Titel des Papiers zeigt, wohin die Reise in der Familienpolitik eigentlich gehen müsste: „Solidarität und Gerechtigkeit für Familien“.  Zwar litten die Familien nicht als solche unter der „Agenda 2010“, allerdings „ist die große Mehrheit der Familien betroffen“, heißt es kritisch im EAF-Papier. Das Arbeitslosengeld II beinhalte zahlreiche Leistungskürzungen, die zum Absturz auf Sozialhilfeniveau innerhalb nur eines Jahres führen könnten. Denn die Einkommensgrenzen für das Erziehungsgeld würden abgesenkt, der Kinderzuschlag sei zu niedrig und außerdem auf drei Jahre befristet. Außerdem würden die Kindererziehungszeiten nicht mehr auf das Arbeitslosengeld angerechnet. Als „Rückfall in die Familienpolitik der fünfziger Jahre“ bewertet die EAF Rheinland die Einordnung von Müttern – seien es Ehefrauen, seien es Lebenspartnerinnen – als bloße „Zuverdienerinnen“ zum „Haupternährer“.

Die Umsetzung von Hartz IV könnte weitreichende Verarmung zur Folge haben
Eine „dringende Korrektur“ sei auch deshalb erforderlich, weil die kleinen Änderungen große Wirkungen haben könnten: Schon heute wachsen 1,5 Millionen Kinder in Armut auf. Mit Hartz IV könnte die Zahl auf zwei Millionen hochschnellen. Kinder gerieten in eine „Abwärtsspirale, die sich immer schneller dreht“, so die EAF Rheinland. Sie betont, dass soziale Reformen und die Konsolidierung der öffentlichen Haushalte nötig seien – um der nächsten Generation Willen. Allerdings müssten die Reformen auf der Basis von Solidarität und Gerechtigkeit für Familien geschehen.

„Strukturelle Rücksichtslosigkeit gegenüber den Familien“
Aus Sicht von EAF-Geschäftsführerin Susanne von Hehl sind die Sozialreformen eine „strukturelle Rücksichtslosigkeit gegenüber den Familien“. Die EAF-Vorsitzende Doris Sandbrink hofft wenigstens auf Nachbesserungen, da sich „Hartz IV“ wohl nicht mehr aufhalten lasse. Grundsätzlich fordert die Vorsitzende, das Thema Familie vom Rand in die Mitte der Gesellschaft zu rücken und in allen zentralen Politikbereichen nachhaltig zu verankern, insbesondere in der Arbeitsmarkt-, der Bildungs- und der Sozialpolitik. Deutschland war und ist, so spitzt Sandbrink zu, sehr erfolgreich darin, mit möglichst viel Geld in der Familienpolitik möglichst wenig zu erreichen. Ihr Beispiel: Im Jahr 2001 wurden 180 Milliarden Euro für familienpolitische Maßnahmen ausgegeben, davon zwei Drittel in Transfers und ein Drittel in steuerliche Erleichterungen. „Trotzdem: Familienarmut wurde nicht beseitigt, die weltweit fast niedrigste Geburtenrate konnte nicht beseitigt werden und von der Gleichheit der Geschlechter ist Deutschland auch noch viel weiter entfernt als andere Länder“, so Sandbrink. Durch die massiven finanziellen Transfers werde die Ehe gefördert statt Familien und Kinder. Diese brauchten quantitativ ausreichende, qualitativ hochwertige und in ihren Strukturen möglichst flexible Bildungs- und Betreuungsmöglichkeiten.

Tipps
Rat und Unterstützung bei allen Fragen rund um die Arbeitslosigkeit bietet in Köln beispielsweise das Arbeitslosenzentrum KALZ an, unter anderem Gruppenberatung beim Ausfüllen der Fragebögen für „Hartz IV“: jeden Montag im August um 10 Uhr im „Cafe im KALZ“ in der Herbrandstrasse 7 in Köln Ehrenfeld. Außerdem  eine Vortragsreihe über das Arbeitslosengeld II und seine Folgen, weitere Infos hier.

Das landeskirchliche PositionspapierSolidarität und Gerechtigkeit für Familien„:

Auch Präses Nikolas Schneider hat die Reformen als „einseitig“ kritisiert. Die EKiR-Meldung hier.

Text: EKiR
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