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Eine musikalische (Neu-)Entdeckung: Johann Christian Heinrich Rinck

Köln und Pulheim feiern Johann Christian Heinrich Rinck, den „rheinischen Bach“ mit dem Rinck-Fest 2003″, vom 30. Mai bis 29. Juni 2003.

Das bedeutet:
– Die Wiederentdeckung von Johann Christian Heinrich Rinck, einem Zeitgenenossen von
   Schubert und Beethoven
– spannende, jahrhundertelang ungehörte Musik der deutschen Frühromantik
– eine Wander-Ausstellung und viel Musik in der Antoniterkirche
– eine ökumenische Messe in der Antoniterkirche und der Abtei Brauweiler
– Abendkonzerte im Foyer der Oper der Stadt Köln

Kurz: Es gilt, einen kaum bekannten Komponisten der deutschen Frühromantik und des bisher völlig unbeachteten musikalischen Biedermeier zu entdecken: Johann Christian Heinrich Rinck.


Wer war Rinck? (© Jens-Michael Thies/edition dohr)
Er wurde am 18. Februar 1770 in Elgersburg (Thüringen) als Sohn einer Lehrerfamilie geboren. Die erste musikalische Ausbildung erhielt er von den Kirchenmusikern der nahe gelegenen Orte. 1786 wurde er Schüler des in Erfurt wirkenden Johann Christian Kittel, der noch bei Johann Sebastian Bach studiert hatte. 1790 begann Johann Christian Heinrich Rinck seine berufliche Laufbahn als Stadtorganist in Gießen. 1803 wurde er zum Universitätsmusikdirektor von Gießen ernannt. Noch im selben Jahr siedelte er über in die Residenzstadt Darmstadt, wo er, zunächst als Kantor und Organist der Stadtkirche, später als Hoforganist und Kammermusiker von Großherzog Ludwig I. wirkte. Zu seinen Verpflichtungen kamen noch weitere Aufgaben als Geiger in der Hofkapelle, als Examinator und Orgelsachverständiger hinzu. Darüber hinaus war er als Musiklehrer an der Stadtschule und am Pädagog tätig. Kaum ein Tonkünstler konnte sich während seines Lebens so vieler aus tiefer Verehrung entsprungener Beweise von Hochachtung erfreuen, wie es bei Rinck der Fall war. 1840 wurde ihm der Ehrendoktor der Universität Gießen verliehen. Er starb am 7. August 1846 in Darmstadt.
Als Enkelschüler Johann Sebastian Bachs und als Zeitgenosse von Wolfgang Amadeus Mozart und Ludwig van Beethoven verband Johann Christian Heinrich Rinck die Einflüsse der barocken Kontrapunktik mit den neuen Klangvorstellungen von Klassik und Romantik. Durch Unterweisung im Orgelspiel und durch die Publikation zahlreicher Orgelkompositionen leistete er einen gewichtigen Beitrag für die Erneuerung und qualitative Verbesserung der protestantischen Orgelmusik zu Beginn des 19. Jahrhunderts. Die Bewahrung eines aus dem Instrument entwickelten Musikstils und die Abgrenzung gegenüber orgelfremden Kompositionen sind wesentliche Verdienste Rincks, die bis in unserer Zeit hinein wirksam blieben. Er förderte einen Orgeltyp, der sich seit dem 18. Jahrhundert kontinuierlich weiterentwickelt hatte, und gab einem zweimanualigen Instrument stets den Vorzug vor einem einmanualigen.

Und warum heißt Rinck der „rheinische Bach“?
Johann Christian Heinrich Rinck war vielgereister und berühmter Konzertorganist seiner Zeit, und mindestens im Jahre 1824 besuchte er neben Bonn und Trier auch Köln. Der Beiname „rheinischer“ Bach bezieht sich allerdings nicht auf den Niederrhein, sondern die Nähe seines Wirkungsortes Darmstadt zum Rhein. Der gebürtiger Thüringer war von 1805 bis zum seinem Tode 1846 führend und als wegweisende Autorität anerkannt in Darmstadt tätig. Der Beiname „rheinischer Bach“ sollte zum Ausdruck bringen, dass Rinck sowohl durch sein weithin bekanntes Orgelspiel, durch seine zahlreichen Schüler als auch durch seinen in der Bachschen Tradition stehenden, wenn auch mit Elementen des 19. Jahrhunderts angereicherten Kompositionsstil deutlich an sein Vorbild Johann Sebastian Bach gemahnte.

Wie kam es zu diesem „Rinck-Fest 2003“ und was bietet es?
Keimzelle des Festivals war das traditionelle Verlags-Konzert: Verleger Christoph Dohr lädt einmal im Jahr seine Komponisten, Autoren, Interpreten, Herausgeber und weiteren Mitarbeiter zu einem Treffen und einem (öffentlichen) Konzert ein, im Jahr 2003 in den Kaisersaal der Abtei Brauweiler. Christoph Dohr sprach eine weitere Einladung aus und lud die Christian-Heinrich-Rinck-Gesellschaft ein, ihre Jahrestagung 2003 ebenfalls in der Abtei Brauweiler zu veranstalten. So ergab sich ein Programm für das – nun das gesamte Festival abschließende – letzte Juni-Wochenende.
Dann machte sich Christoph Dohr auf Biiten der Rinck-Gesellschaft e.V. hin auf die Suche nach Räumlichkeiten für die Wanderausstellung Johann Christian Heinrich Rinck – der „rheinische Bach“, die bereits in Rincks Geburtsort Elgersburg und am Ort seines einflussreichen Wirkens, in Darmstadt, wiederholt gezeigt wurde. Nach wenigen Telefonaten landete Dohr bei Johannes Quack, dem Kantor der Antoniterkirche (Schildergasse), einen Volltreffer mit Konsequenzen: Quack erklärte sich bereit, sich für die Präsentation der Ausstellung in der Antoniterkirche einzusetzen, falls Dohr ein musikalisches Rahmenprogramm mitbrächte. Dohr schaffte Synergetisches und fand bei Musiker/inne/n, Veranstalter, Sponsoren und Zuschussgebern offene Ohren:




  1. Der (kath.) Kirchenmusiker der Brauweiler Abteikirche, Matthias Palandt (Orgel), studiert zusammen mit dem (ev.) Kantor Johannes Quack (Leitung) und der Kantorei der Antoniterkirche eine von Rinck sowohl lateinisch (katholisch) wie auch deutsch (evangelisch) betextete Messe ein, die in beiden Kirchen zur Aufführung gelangt.



  2. Johannes Quack macht den „Antoniterkirchen“-Anteil zum Musikfest für die Evangelische Gemeinde Köln.



  3. Die ebenfalls von Dohr mit der Rinck-Idee infizierte Capella Piccola unter Thomas Reuber stellt ein „Deutsches Requiem“ mit Vokal- und korrespondierender Orgelmusik (Johannes Quack) zusammen.



  4. Auf Anregung von Christoph Dohr studiert Pianist Oliver Drechsel  Rincks Klaviertrios  für das Festival-Eröffnungsprogramm mit seiner Duopartnerin Dagmar Spengler (Staatskapelle Dresden, Violoncello) und mit Sidsel Garm Nielsen (Hamburg, Violine) ein.



  5. Dekanatskantor Jens-Michael Thies,  Gründungsmitglied der Rinck-Gesellschaft Darmstadt e.V. 1996, führend tätig in der Recherche nach schwer erreichbaren Quellen zum Werk und zur Rezeption Rinck, heute tätig an einer original erhaltenen Orgel der Rinck-Zeit aus dem Jahre 1834 in der ev. Kirche in Biebesheim nahe Darmstadt, kommt zweimal nach Köln und spielt nicht nur beim Eröffnungskonzert, sondern auch ein vollständiges Orgel-Komponisten-Porträt „Rinck“ in der Antoniterkirche



  6. Die Noten zum Rinck-Festival erscheinen in der Edition Dohr , CDs mit der Klaviermusik im Label des Verlages Dohr, ein Buch ist in Vorbereitung.



  7. Als Letztes reift der Plan zu einer Reihe von Mittwochs-Konzerten im Foyer der Oper der Stadt Köln: Christoph Dohr regt Oliver Drechsel an, das im Vergleich zum Orgelwerk schmale, gedruckte Klavierwerk von Rinck in den Zusammenhang mit seinen Quellen, Wurzeln und Zeitgenossen zu stellen: Es entstehen vier Programme unter dem Thema „Rinck plus …“: Rinck als Bach-Enkel-Schüler (Rinck war Schüler des letzten Bach-Schülers Kittel); Rinck in der Nachfolge des von ihm geschätzten Mozart; Rinck als unmittelbarer Zeitgenosse von Beethoven (beide geboren im Jahre 1770) und Schubert, dessen 175. Todesjahr im Jahre 2003 begangen wird.



  8. Und noch eine kleine Sensation: Sammler Christoph Dohr ermöglicht dem Kölner Publikum im Rahmen des Rinck-Festes die seltene Gelegenheit, einen originalen Hammerflügel der Rinck-/Beethoven-/Schubert-Zeit im Konzert live zu erleben: Oliver Drechsel spielt in all seinen Konzerten den schonend restaurierten und bereits für die CD-Einspielungen zum Einsatz gebrachten sechsoktavigen Hammerflügel des bis dato völlig unbeachteten Klavierbauers Christian Erdmann Rancke, Riga 1820 – eine kleine Sensation, für Freunde historischer Aufführungspraxis und von Originalklängen.

    Los geht’s am Freitag, den 30. Mai, um 18.15 Uhr, in der Antoniterkirche mit dem Eröffnungs- und Vernissage-Konzert: Johann Christian Heinrich Rinck: Präludium und Doppelfuge Es-Dur op. 33,18 für Orgel; Klaviertrio Es-Dur o.op. (1803) und ein weiteres Klaviertrio aus op. 32 u. 34. Jens-Michael Thies, Orgel, Sidsel Garm Nielsen, Violine, Dagmar Spengler, Violoncello, Oliver Drechsel, Hammerflügel Christian Erdmann Rancke, Riga 1820.

    Alle weiteren Termine des Rinck-Fests bis 29. Juni finden Sie hier.



     

Text: Kopiert von: Verlag Dohr/Rinck-Fest
Foto(s): Verlag Dohr/Rinck-Fest