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David Schnell auf der Leiter in den renommierten Derix Glasstudios. Sehr leuchtendes, warmes Rosa und Rot werden den Grundton der neuen Fenster bestimmen.

Ein weiteres Glanzlicht für Köln: Die Kölner Christuskirche bekommt neue Kirchenfenster nach einem Entwurf des Künstlers David Schnell

Eine besondere Stimmung herrscht in den Derix Glasstudios im Taunusstein. In einem faszinierenden Mit- und Nebeneinander begegnen sich Spezialisten in den vielfältigen Arbeitsbereichen der ausgedehnten Werkstatt. In dieser einnehmenden Atmosphäre und mit entspannter Beflissenheit wird derzeit das neue Rosettenfenster für den neogotischen Turm der Christuskirche ausgeführt.

2016 stellte die Evangelische Gemeinde Köln das Architektur-Ensemble aus denkmalgeschütztem Turm, neuem Kirchenschiff, modernen Gemeinderäumen, Mietwohnungen und Büroflächen am Dorothee-Sölle-Platz fertig. Die künstlerische Gestaltung der historischen Turmrosette sowie von vier großflächigen, hochformatigen Fenstern zu beiden Seiten des Turms und des Altarbereichs, insgesamt 100 Quadratmeter Fläche, erfolgt nach einem Entwurf des in Leipzig lebenden Malers und Grafikers David Schnell.

Erwartete Fern- und Nahwirkung der Fenster
Schnells Konzept, formulierte das Preisgericht 2016 in seinem einstimmigen Votum, „zeichne sich durch einen starken künstlerischen Ausdruck aus“. Dieser stelle in Formensprache, Bildkomposition und Farbigkeit einen klaren Bezug zur vorhandenen Architektur her, „sowohl zum historischen Kirchturm mit der Orgelempore im Innenraum, wie zum modernen Kirchenschiff des Neubaus. Das Wechselspiel  von räumlicher Tiefe, sich andeutenden Perspektiven und deren Auflösung nach oben hin, erzielt die gewünschte Fern- und Nahwirkung der Kirchenfenster.“

Als erstes Objekt des Ensembles wird aktuell das Fenster der Rosette umgesetzt. Dabei übernimmt Schnell selbst die malerischen Arbeiten. 2009 hatte der Absolvent der Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig sowie Meisterschüler (2000 – 2002) bei Arno Rink mit dem „Friedensfenster“ in der Leipziger Thomaskirche künstlerisches Neuland betreten. Drei Glasbilder für die Johanneskapelle des Domfriedhofs in Naumburg folgten.

Leuchtendes, warmes Rosa und Rot
Nun steht der gebürtige Bergisch Gladbacher, Jahrgang 1971, an einem imposanten Leuchttisch in den international angesehenen Derix Glasstudios. Auf diesem liegen noch nicht abgeschlossene Scheiben des Rundfensters. Aber sie verdeutlichen bereits die angestrebte leicht pastellige, lichte Farbigkeit. Sehr leuchtendes, warmes Rosa und Rot – inspiriert auch vom am Turm verarbeiteten Porphyr – werden den Grundton bestimmen. Helles Grün und Blau das Spektrum erweitern.

„Ich beschäftige mich auch in meiner Malerei sehr viel mit Raum, Perspektive, architektonischen Elementen“, so Schnell. Der Umgang mit dem Raum Christuskirche, die Integration von räumlichen Gegebenheiten in die Gestaltung, sei „quasi eine Fortführung meiner Arbeit im Atelier“. Hier wie dort ist ebenso Schnells „Wanderung“ auf dem Grat zwischen Gegenständlichkeit und Abstraktion nachzuvollziehen. Er habe sich von den Gegebenheiten inspirieren lassen, sagt der Maler. Er wolle das Fenster als Fenster belassen, eine Art von Ausblick kreieren, außen und innen verzahnen. Überhaupt sollen seine Fenster ihre beleuchtende Funktion erhalten. Eine Symbolik habe er nicht beabsichtigt.

Ein „Denk-Raum“ zum Verweilen und Innehalten
„Es ist ein Fenster für die Öffentlichkeit“, betont Künstler der „Neuen Leipziger Schule“. Diesem liege weniger ein Konzept, vielmehr ein Bauchgefühl zugrunde. Er versuche einen freien Raum zu schaffen, mit dem er das Gefühl habe, „für die Besuchenden der Christuskirche genügend Assoziationen festmachen zu können, ohne zu viel vorzugeben.“ Blau und Grün würden eine Anmutung von Natur erregen. Zudem weise das runde Fenster eine sich auf die neugotische Baukunst beziehende vertikal bestimmte Struktur auf, die entfernt an Wald, Regen oder Säulenarchitektur erinnern könne. „Zum einen deute ich Perspektive und räumliche Tiefe an, zum anderen spielt die nach oben strebende Bewegung eine zentrale Rolle. So versuche ich eine Art Brücke zwischen Realität und Transzendenz zu schaffen“, erläutert Schnell, der zugleich auf das mystische Element Licht hinweist. Schnell will mit seinen insgesamt fünf Fenstern keine Bilder, sondern eine Art Licht- und Reflektionsraum schaffen. Einen „Denk-Raum“, der auch aufgrund der visuellen Eindrücke zum Verweilen und Verinnerlichen einlade.

Bereicherung der vielfältigen Landschaft Kölner Kirchenfenster
In den Derix Glasstudios versuche man durch stetes Über- und Neudenken das beste Resultat zu erreichen, stellt Projektleiter Erik Pfeiffer fest. Eine solche Art des Arbeitens empfinde er am Schönsten. Auch emotional. Man erkenne, dass der ursprüngliche Plan in Ordnung sei, es aber häufig noch besser gehe. So habe man auch innerhalb der Entwicklung von Schnells Fenster viele kleine Entscheidungen im Sinne des Ergebnisses getroffen. Tatsächlich, so der Künstler, habe er sich vor Ort vom Entwurf etwas entfernt, etwa freiere Flächen mit mehr malerischen Elementen versehen.

Nach Komplettierung des Ensembles verfügt Köln dann über ein weiteres Glanzlicht der zeitgenössischen künstlerischen Kirchenfenstergestaltung. Sie stellt, wie das damalige Preisgericht prognostizierte, „eine Bereicherung der vielfältigen Landschaft der Kölner Kirchenfenster mit überregionaler Bedeutung“ dar.

Neue Rosettenfenster für die Christuskirche:

  • Entwurf durch den Künstler David Schnell
  • Realisierung in den Derix Glasstudios im Taunusstein
  • Die fünf Fenster kosten 460.000 Euro
  • Einweihung: Sonntag, 9. Dezember 2018
  • Unterstützung von Sponsoren und Stiftern erwünscht
Text: Engelbert Broich
Foto(s): Engelbert Broich