Die Weltmeisterschaft in Südafrika ist im vollen Gange, aber Stadtführer Günter Leitner zeigte sich bei seiner Führung in der Trinitatiskirche erfreut, dass so viele Menschen sich für das „Alternativprogramm“ zum Fußball entschieden haben: „Spiritualität statt Spirituosen“, nannte das Leitner angesichts der Freude über die überstandene Vorrunde, die bei manchem Fan mit Alkoholgenuss gefeiert wurde. Auch Stadtsuperintendent Rolf Domning zeigte sich erfreut, beim sechsten Orgelkonzert im Jubiläumsjahr „150 Jahre Trinitatiskirche zu Köln“ so viele neue Gesichter zu sehen. An diesem Abend begrüßte er nach Leitners einleitender Führung zur „Trinitatiskirche vor 150 Jahren“ Professor Stefan Schmidt an der Klais-Orgel in der Jubiläumskirche..
Der Organist und die Orgel
Aus zweierlei Gründen sei er besonders glücklich, in der Trinitatiskirche ein Orgelkonzert geben zu dürfen, betonte der Schmidt bei seinem Gastspiel in der Reihe „Trinitatis 2010“. „Ich bin katholisch“, gab er vorweg im Gespräch mit Leitner zu, was allerdings angesichts dessen, dass Schmidt Domorganist von Würzburg ist, kaum überraschen konnte. Außerdem jedoch kommt Schmidt gebürtig aus, wie Leitner es ausdrückte, der „verbotenen Stadt“, also Düsseldorf, wo er immer noch Honorarprofessor an der Robert Schumann Hochschule ist.
Obwohl die Klais-Orgel zum Jubiläumsjahr 2010, neu in das von Stüler entworfene Gotteshaus kam, kannte Schmidt die Orgel bereits. Sie war 1987 für die Dreifaltigkeitskirche Aachen konzipiert worden, bevor sie an den Evangelischen Kirchenverband Köln verkauft wurde und 2010 in die Trinitatiskirche umzog. „Ich habe die Orgel bereits in Aachen gehört, als sie gerade neu war. Außerdem besitze ich eine Schallplatte, auf der die Klais-Orgel in Aachen gespielt wird.“ In die neue Umgebung passe das Instrument aber wie angegossen: „Wenn man es nicht wüsste, würde man nicht merken, dass die Orgel eigentlich nicht für die Trinitatiskirche konzipiert worden ist.“
Die Orgel und ihre Klangfarben
Das musikalische Programm des Abends, das von Bach über Mendelssohn bis hin zu eigenen Improvisationen reichte, hatte Schmidt im Hinblick auf die neu eingebaute Klais-Orgel ausgewählt. „Der Orgelbau ist modischen Schwankungen unterworfen“, erläuterte der Musik-Professor: „Die Klais-Orgel in der Trinitatiskirche stammt aus einer Zeit, in der man versuchte, einen klanglichen Kompromiss zu schaffen zwischen der Barock-Zeit und der Romantik. Es ist der Versuch, ein möglichst vielseitiges Instrument zu machen. Das spiegelt sich im Programm wieder, das ich ausgewählt habe“.
Sein Programm begann Schmidt mit Johann Sebastian Bachs Partita „Sei gegrüßet, Jesu gütig“. Bei diesem Werk mit seinen diversen Variationen könne man, sagte Schmidt im einführenden Gespräch mit Leitner, die verschiedenen barocken Klangfarben der Orgel schön demonstrieren.
In den vier Sätzen der Sonate Nr. 4 in B-Dur von Felix Mendelssohn Bartholdy brachte Schmidt dann die romantischen Klangfarben des Instruments zum Vorschein, bevor er zu moderneren Stücken weniger bekannter Künstler überging, mit denen er Klangspektren abdecken wollte, die bei Bach und Mendelssohn noch nicht genutzt wurden. Zunächst spielte Schmidt zwei Werke des französischen Organisten und Komponisten Maurice Duruflé: die erst posthum veröffentlichte „Méditation und „Fugue sur le carillon des heures de la Cathédrale de Soissons“. Anschließend „Les jardins suspendu“ von Jehan Alain, bevor er den Abend mit einer klanggewaltigen Improvisationen über das Kirchenlied 140 des Evangelischen Gesangbuchs abschloss: Gerhard Tersteegens „Brunn alles Heils, dich ehren wir“, das sich mit der Trinität auseinandersetzt.
Die Kirche und die Jubiläumsschrift
Superintendent Rolf Domning zeigte sich erfreut über den Erfolg sowohl des Festprogramms als auch der Festschrift, jenes „Bestsellers, der seit nun sechs Monaten über den Ladentisch geht“. Das Buch „Toccata. 150 Jahre evangelische Trinitatiskirche zu Köln. Einweihung der Klais-Orgel op. 1643“ erzählt die Geschichte der Trinitatiskirche und ihrer Orgeln und wartet mit zahlreichen Fotos der Kirche aus allen Zeitepochen auf, unter anderem auch mit beklemmenden Aufnahmen nach den Bombentreffern der Jahre 1942/43 im Zweiten Weltkrieg.
Das komplette Festprogramm „Trinitatis 2010“, in dem auch in der zweiten Hälfte des Jahres 2010 eine Vielzahl meist kostenfreier Konzerte, Stadtführungen, Vorträge, Lesungen, Gottesdienste und öffentlicher Interviews zu finden sind, ist zum Herunterladen und Ausdrucken im Internet zu finden: www.trinitatis-2010.de
Foto(s): Weyer