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„Ein Sonntagsfrühstück mit allem Drum und Dran“: Kölner Obdachlosenfrühstück neu in der Mülheimer „MüTZe“

Zwei Jahre lang fand das Kölner Obdachlosenfrühstück in Mülheim bei der Christlichen Sozialhilfe (CSH) an der Knauffstraße statt. Dort platzten die Räume aber aus allen Nähten. Mitarbeiter der CSH vermittelten den Kontakt zum Selbsthilfe-Zentrum „MüTZe“ an der Berliner Straße. In dessen „Café am Park“ fand jetzt erstmals ein Obdachlosen-Frühstück statt.

Sonntagsfrühstück mit allem Drum und Dran
Es ist angerichtet: Herzhafte Salami, frische Fleisch- und Leberwurst, saftiger Schinken, würziger Schnittkäse, gekochte Eier, dazu frisches Obst, Gemüse, Säfte sowie heißer Kaffee und aromatischer Tee. Die Servierplatten im „Café im Park“ in der „Mütze“ an der Berliner Straße sehen verführerisch aus, und den rund 80 Besuchern läuft das Wasser im Munde zusammen. „Man fühlt sich wie ein Krösus“, sagt Siegrid und lässt sich eine Tomate schmecken. Ein Sonntagsfrühstück mit allem Drum und Dran ist für sie und die übrigen Gäste an den zahlreichen Tischen alles andere als eine Selbstverständlichkeit. Es sind Obdachlose und andere Bedürftige, für die das leckere Essen gedacht ist.

80 Gäste in der „MüTZe“
Seit drei Jahren gibt es das Kölner Obdachlosen-Frühstück im „Vringstreff“ in der Südstadt. Vor zwei Jahren kam ein Ableger in Mülheim, bei der Christlichen Sozialhilfe, hinzu. Dort wurde es aber mittlerweile zu eng. „Da passen nur etwa 60 Leute rein“, erzählt Dr. Peter Deubner von der Peter-Deubner-Stiftung, der das Frühstück mit Hilfe zahlreicher ehrenamtlich mitarbeitender Menschen initiiert hat. Im neuen Domizil in der „MüTZe“ können gut 80 Menschen bewirtet werden, und die waren bei der Premiere auch anwesend.

Nicht nur Menschen satt machen
Siegrid lebt von Grundsicherung in einer kleinen Wohnung und muss an allen Ecken sparen. „Lebensmittel sind viel teurer geworden, da nimmt man nur das Billigste vom Billigen“, sagt sie mit Berliner Akzent. Ihr Tischnachbar Pitter, der sich den Kaffee schmecken lässt, hat kein Zuhause und kommt regelmäßig zum Obdachlosen-Frühstück. „Hier fühlt man sich willkommen“, erzählt er nachdenklich und nimmt einen weiteren Schluck. Für Peter Deubner ein verständlicher Grund. „Es geht nicht nur um das Frühstück und darum, Menschen satt zu machen. Es ist auch die Atmosphäre, betont er. Bedürftige, die sonst immer die Ellenbogen ausstrecken müssen, um zu überleben, können sich entspannt zurücklehnen, mit anderen Gästen plaudern, sich als Menschen fühlen. „Zwei Stunden Mensch sein“, nennt Pitter das Obdachlosen-Frühstück.

Vorurteile werden abgebaut
Die Besucher werden von Ehrenamtlern am Tisch bedient. „Das ist ein Zeichen der Wertschätzung“, betont Deubner. „Es erdet und baut Vorurteile ab“, ergänzt Tim
Hoffrichter. Der 24-jährige Hotelangestellte kam vor zwei Jahren durch einen Arbeitskollegen mit dem Projekt in Berührung. „Da hat mich die Lust gepackt“, erzählt er und ist seitdem regelmäßig als Helfer im Einsatz. 15 sind es, die in der „MüTZe“ hin und her eilen, leere Tassen nachfüllen und Aufschnitt und Brötchen nachlegen. Mehr als 60 Freiwillige sind es insgesamt, auf die Deubner zurückgreifen kann. „Da ist alles vertreten, Schuldirektoren, Bankmanager, aber auch einige der Besucher helfen ab und an mit.“ Elli Martin hat früher bei einer Hilfsorganisation gearbeitet, das Soziale liegt ihr also nicht fern. Gezögert hat die 65-Jährige aber keinen Moment, als sie in der Zeitung von dem Obdachlosen-Frühstück gelesen hat. „Ich habe nur gute Erfahrungen gemacht. Die Menschen sind freundlich und dankbar.“ Im Hintergrund greift Horst Möller zum Akkordeon und sorgt für Begleitmusik. Musik ist ebenfalls ein festes Element bei allen Terminen des Kölner Obdachlosen-Frühstück: Den Musikern, die hier auftreten, lilegt das Projekt ebenfalls am Herzen, ihr musikalischer Beitrag unterstreicht einmal mehr die gesellige Atmosphäre, egal, ob in der MüTZe oder Vringstreff.

Ehrenamtler sind unersetzlich
„Die Ehrenamtler sind unersetzlich“, sagt auch Elfi Scho-Antwerpes. Die Bürgermeisterin ist Schirmherrin der Aktion und serviert auch schon mal eigenhändig beim Kölner Obdachlosenfrühstück. „Es geht so schnell, dass man abrutscht, keine Arbeit mehr hat und die Wohnung verliert“, betont sie. Die Bedürftigen wenigstens hin und wieder menschenwürdig zu behandeln, das ist für sie besonders wichtig.
Finanziert wird das Projekt hauptsächlich über Spenden. Die „Kölner Tafel“ stiftet regelmäßig Lebensmittel, und bei verschiedenen Gelegenheiten wird Geld gesammelt – auch bei den Frühstücken selbst. Zur Premiere des Obdachlosen-Frühstücks in der „MüTZe“ hingen an den Wänden auch einige Fotos von Ingrid Bahß. Die hat Obdachlose porträtiert und die Fotos in der Ausstellung „. . . ich habe einen Namen!“ zusammengefasst. Im vergangenen November wurde sie in der evangelischen Trinitatiskirche in der Innenstadt gezeigt.

Termine
Das Obdachlosen-Frühstück findet immer am zweiten und vierten Sonntag im Monat im „Vringstreff“ in der Südstadt, Im Ferkulum 42, und an jedem dritten Sonntag in der „MüTZe“ in Mülheim, Berliner Straße 77, statt. Weitere Informationen gibt es unter der Telefonnummer 0221/430 39 83.

Text: Jörg Fleischer
Foto(s): Fleischer