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Pfarrer Markus Herzberg feierte einen der ersten Präsenz-Gottesdienste nach Beginn der Corona-Krise

Ein mit Abstand besonderer Gottesdienstbesuch – Ungewöhnliche Feier in der AntoniterCityKirche

Premiere auch für einen langjährigen Gottesdienstbesucher. Zum ersten Mal wurde ich vor Beginn eines Gottesdienstes am Kircheneingang nach meiner Telefonnummer gefragt. Um im schlimmsten Fall  Infektionswege nachverfolgen zu können.

Mehr Beinfreiheit als in einem Erste-Klasse-Abteil der Bahn

Und Markus Herzberg machte aus seiner Nervosität kein Geheimnis: „So schlecht geschlafen habe ich vor einem Gottesdienst das letzte Mal vor meiner allerersten Predigt“, gestand der Pfarrer der Kölner AntoniterCityKirche vor 30 Besucherinnen und Besuchern gleich zu Beginn des ersten Gottesdienstes nach Inkrafttreten der Einschränkungen wegen der Corona-Viren.

Es war natürlich vieles anders als sonst. Im Inneren der Kirche waren 40 Stühle mit drei bis vier Metern Abstand verteilt. „Hier haben Sie mehr Beinfreiheit als in einem Erste-Klasse-Abteil der Bahn“, stellte Herzberg fest. Die Besucherinnen und Besucher trugen Mund- und Nasenschutz. „Ich erkenne aber eigentlich alle an den Augenpaaren“, erklärte der langjährige Pfarrer der Kirche an der Einkaufsmeile Schildergasse.

Gottesdienst und Kirchenmusik

Herzberg selbst verzichtete auf die Maske. „Ich stehe hier oben mit soviel Abstand. So weit kann ich im Leben nicht spucken“, begründete er den Verzicht. Gesungen wurde nicht im Gottesdienst. Dann wären wohl doch zu viele möglicherweise virenbelastete Tröpfchen in die Kirchenluft gelangt. Kirchenmusikdirektor Johannes Quack, Kantor an der AntoniterCityKirche, begleitete den Gottesdienst mit ruhiger, meditativer Musik von Enjott Schneider und Johann Sebastian Bach.

Herzberg predigte über Johannes 15,1-8: „Ich bin der wahre Weinstock.“ Dort heißt es: „Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben. Wer in mir bleibt und ich in ihm, der bringt viel Frucht; denn ohne mich könnt ihr nichts tun.“ Viele Worte Jesu Christi begännen mit „Ich bin“ sagte der Pfarrer. „Ich bin das Licht der Welt, ich bin die Auferstehung und das Leben, ich bin die Auferstehung und das Leben, ich werde da sei, der ich immer da sein werde.“ Herzberg weiter: „Was ist das für eine Zusage. Die gibt uns Kraft, nicht in Lethargie zu verfallen.“

Schutz des Menschen, der Seelen und der Schöpfung g

Das Bild des Weinstocks und der Reben stehe für die Verbundenheit zwischen Gott und den Menschen. Und für den Gemeinschaftssinn, der gerade in diesen Tagen gefragt sei, die geprägt seien durch Kontaktsperren, Quarantänen und soziale Distanz. Vor allem die älteren Menschen litten unter den Besuchsverboten. „Es geht um den Schutz des Lebens, aber auch um den Schutz der Seelen“, so Herzberg. Aber die Menschen seien auch in Anspruch genommen, die Schöpfung zu schützen.

„Wie schnellt hat sich die Welt erholt. Die Menschen in Peking können den blauen Himmel wieder sehen. In den Kanälen von Venedig kann man durch klares Wasser den Grund sehen.“ Herzberg sprach sich gegen Kreuzfahrten aus. „Eine zweite Schöpfung, die Gott uns anvertraut, gibt es nicht.“

Optimistische Ausblicke

Zum Schluss warf der Pfarrer einen Blick in die Zukunft. Denn das Virus hat große Pläne der Gemeinde zumindest für den Moment zu Makulatur werden lassen. Denn das AntoniterQuartier neben der Kirche ist so gut wie fertig. Dort sind die Gemeinderäume untergebracht und zahlreiche Wohnungen. Das Quartier sollte mit einem großen Programm eröffnet werden. Das fällt jetzt aus. „Immerhin können wir jetzt in Ruhe alles sauber und ohne Hektik zu Ende bringen“, sagte Herzberg. Und wer weiß, was die nächsten Wochen bringen.

„Vielleicht können wir an Pfingsten und Christi Himmelfahrt ja Gottesdienste im Freien auf dem Quartiersplatz feiern“, warf er einen vorsichtig optimistischen Blick in die Zukunft. Und in die Vergangenheit. „Die Feier der Osternacht wollten wir ja im Internet streamen. Das hat leider nicht geklappt. Wir überlegen, ein festes Kamerasystem in der Kirche zu installieren, um die Gottesdienste und Veranstaltungen auch für die erlebbar zu machen, die nicht kommen können.“

Gottesdienstsicherheit

Herzberg erinnerte an Rainer Viebahn, ehemaliger Pfarrer an der AntoniterCityKirche. Dessen Predigten wurden auf Video-Kassetten gespeichert, die man dann den Gemeindegliedern nach Hause brachte. Heute ist die Technik weiter, aber das Prinzip ist das gleiche. In den Abkündigungen zeigte der Herzberg in Manier eines Flugbegleiters, „der ich so gerne mal sein wollte“, welche Nebenausgänge genutzt werden sollten. Denn am Eingang warteten 30 Menschen auf den nächsten Gottesdienst in der AntoniterCityKirche. Drei wurden an diesem Sonntag gefeiert.

Gottesdienstbesucherin Anne Meinberg zog ein durchwachsenes Fazit: „Es war ganz schön. Besser als nichts. Aber mir hat die Spiritualität gefehlt, das Singen, die Rituale und die Berührungen. Und wir waren im Gegensatz zu sonst so wenige Menschen.“ Pfarrer Herzberg fand den „Neustart“ gelungen: „Natürlich ist das nicht optimal. Aber ich bin froh, dass es wieder los geht.“ Und in einem ist er sich sicher: „Wenn ich sehe, wie eng die Leute in den Bahnen beieinander stehen, ist ein protestantischer Gottesdienst unter diesen Bedingungen das Sicherste, was man sich vorstellen kann.“

Text: Stefan Rahmann
Foto(s): Stefan Rahmann