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Ein Glaube mit verschiedenen Sprachen: Die Ökumenemonate bis zum Evangelischen Kirchentag in Köln – eine Nachlese

Manchmal ist es nur ein Nebeneinander, sehr oft ein Miteinander, hin und wieder gibt es störende Nebengeräusche, aber immer steht das eine Ziel im Mittelpunkt: die Vergewisserung des eigenen Glaubens und die Gestaltung eines fruchtbaren Zusammenwirkens mit anderen Glaubensrichtungen. Die Rede ist von der Ökumene. Zwischen Evangelischem Kirchentag und der dritten Europäischen Ökumenischen Versammlung (EÖV3) im rumänischen Sibiu/Hermannstadt Anfang September unternahmen Dr. Martin Bock, evangelischer Ökumenepfarrer, und sein katholischer Kollege Rainer Will vom Vorstand der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Köln (ACK) den Versuch einer Standortbestimmung.


Ökumenekreuz als Symbol
In Köln, da waren sich beide einig, hat die Ökumene eine lange Tradition. Schon in den 60er Jahren bildete sich ein Arbeitskreis aus Vertretern verschiedener christlicher Kirchen und kirchlicher Gemeinschaften, der 1989 in die ACK überging. Ihr gehören mittlerweile 16 verschiedene Gruppen an. Mit der Unterzeichnung der europäischen Charta oecumenica für die Stadt Köln im Januar 2006 begannen die Ökumenemonate, die gezielt auf den Evangelischen Kirchentag hingearbeitet haben. „Jeden Monat gab es in wechselnden Gemeinden Aktionen zum Thema Ökumene. Ziele waren die Glaubensvertiefung und die geistliche Erneuerung sowie die praktische pastorale Zusammenarbeit vor Ort“, erzählte Dr. Martin Bock. Mehr als 60 Gemeinden aus Köln und Umgebung haben daran teilgenommen. „Als Symbol und sichtbares Zeichen fungierte das Ökumenekreuz, das jeden Monat in die nächste Gemeinde weiterzog und teilweise in einer richtigen Zeremonie, einer Prozession, überreicht wurde“, ergänzte Rainer Will. Und: „Dieses Kreuz gehört keiner Gemeinde, es gehört allen Christen“, betonte Will. Zurzeit steht es im Domforum am Domkloster 3.

Taufbeckenweg betonte die Gemeinsamkeiten
Die Ökumenemonate haben zu einer enormen Vertiefung der Zusammenarbeit zwischen den christlichen Gemeinden geführt. „In Erftstadt beispielsweise haben im Mai 2007 alle 16 christlichen Gemeinden plus die kommunale Verwaltung teilgenommen“, berichtete Dr. Martin Bock. Und in Weiden haben die Gemeinden im Nachklang des Ökumenemonats eine weitere Zusammenarbeit sogar vertraglich geregelt. Gemeinsame Gesprächskreise, Gottesdienste, Prozessionen oder Exerzitien im Alltag haben aber in allen Gemeinden das Miteinander der christlichen Gemeinschaften verstärkt. In einigen Gemeinden wurde auch ein Taufbeckenweg initiiert, bei dem die Taufbecken der einzelnen Kirchen besucht und der Ritus der Taufe als spirituelle Gemeinsamkeit betont wurde.

Brücken zwischen den christlichen Gemeinschaften
Diese Gemeinsamkeit wurde dann beim Evangelischen Kirchentag in Köln besonders deutlich. „Gerade in Köln kann der Protestantismus nicht alleine funktionieren“, sagte Dr. Martin Bock. Zwar war der Kirchentag in erster Linie eine Standortbestimmung und Zeitansage der evangelischen Kirche, doch gab es auch verschiedene Zeichen eines gemeinsamen Aufbruchs. Im Ökumenischen Begegnungszentrum im Domforum wurde jeden Tag mit Gebeten, Gesprächen und Diskussionen dieser gemeinsame Aufbruch thematisiert. Als sichtbares Zeichen fungierte wieder ein Ökumenekreuz, das diesmal auf Glas mit Mosaiksteinchen die Vielfalt der christlichen Glaubensrichtungen symbolisierte. Beim ökumenischen Brückenweg zogen die Teilnehmer dann über mehrere Kölner Brücken zu Orten, die für alle Christen eine Bedeutung haben. „Die Brücken hatten bei dieser Veranstaltung natürlich auch eine symbolische Bedeutung. Es sollten Brücken zwischen den christlichen Gemeinschaften gebaut werden“, erklärte Rainer Will. Auf bis zu 1000 Teilnehmer wuchs diese ökumenische Prozession an.

Verpflichtung zum interreligiösen Dialog
Den Schwung des Kirchentages will die ökumenische Bewegung aufrechterhalten und fortführen. In Deutschland ist das Thema in vielen Gemeinden schon eine Selbstverständlichkeit, „wenn wir uns aber Osteuropa anschauen, stehen wir noch ganz am Anfang“, sagte Dr. Martin Bock. Viele der dortigen orthodoxen Kirchen betrachten die Ökumene mit Argwohn. Gerade diese Vorbehalte soll die dritte Europäische Ökumenische Versammlung vom 4. bis zum 9. September im rumänischen Sibiu/Hermannstadt entkräften und einen konstruktiven Dialog in Gang setzen (siehe unten). Ökumene soll aber nicht am Tellerrand des christlichen Glaubens enden, sie ist auch eine Verpflichtung für den interreligiösen Dialog. „Der geplante Moscheebau in Köln ist dafür die Nagelprobe“, so Dr. Martin Bock.

Starker Rückhalt für Ökumene in Köln
Bei allen Gemeinsamkeiten und dem Willen zum Miteinander – störende Nebengeräusche und Vorurteile gibt es auch innerhalb der christlichen Gemeinschaften. „Als Katholische Kirche müssen wir uns immer wieder mit dem Vorwurf auseinandersetzen, Bremser der Ökumene zu sein“, erzählte Rainer Will. Dr. Martin Bock dagegen bekommt oft zu hören, dass „die evangelische Kirche sehr trocken ist und nur aus Predigt und Wort besteht“. Dennoch werden Störungen der Ökumene in den betroffenen Gemeinden sehr sensibel registriert. „Und dann kommt auch postwendend Protest, wenn die Zusammenarbeit vor Ort reduziert werden soll“, freute sich Dr. Martin Bock. In Köln können beide auf den starken Rückhalt der jeweiligen Kirchenleitung bauen. „Das ist eindeutig so gewollt und wird entsprechend unterstützt“, betonten sie übereinstimmend.

Einladung zur Lichtfeier:.
Zur Einstimmung auf die dritte Europäische Ökumenische Versammlung im rumänischen Sibiu/Hermannstadt findet am Samstag, 2. September, eine Lichtfeier unter dem Motto „Das Licht Christi scheint auf alle!“ statt. Beginn ist um 18 Uhr in der griechisch-orthodoxen Kirche Alt St. Heribert in Deutz, Ecke Urbanstraße/Kennedyufer

Veranstaltung in der Melanchthon-Akademie:
Orthodoxie in der Mitte Europas – Studientag beschäftigt sich mit der Ökumenischen Versammlung

Vom 4. bis zum 9. September findet im rumänischen Sibiu/Hermannstadt die dritte Europäische Ökumenische Versammlung (EÖV3) statt. 2500 Delegierte der Kirchen und kirchlichen Gemeinschaften in Europa kommen dort unter dem Leitwort „Das Licht Christi scheint auf alle. Hoffnung und Erneuerung und Einheit in Europa“ zusammen. Zur Nachbetrachtung dieses Treffens veranstaltet die Melanchthon-Akademie, Kartäuserwall, am Freitag, 15. September, einen Studientag, der sich mit den Erfahrungen und Ergebnissen dieser Versammlung beschäftigt. Im Mittelpunkt steht dabei das Thema „Orthodoxie in der Mitte Europas“. Die Teilnahme ist kostenlos, Anmeldung und weitere Informationen unter der Telefonnummer 0221/931 80 30.


Text: Jörg Fleischer
Foto(s): Jörg Fleischer