„Ich bin ein Geschenk für zwei Jahre“, sagt Kathinka Brunotte, die als „Pfarrerin im Probedienst“ für die nächsten zwei Jahre zu jeweils 50 Prozent in den Kirchengemeinden Rodenkirchen und Sürth-Weiß arbeiten wird. Schon ihr Vikariat absolvierte sie in beiden Gemeinden und im Januar dieses Jahres wurde sie in einem festlichen Gottesdienst von Dr. Bernhard Seiger, Superintendent des Kirchenkreises Köln-Süd, ordiniert. Mit der Ordination hat sie nun die Rechte erhalten, zu taufen, zu trauen und zu beerdigen.
Die Arbeit in den beiden südlichen Gemeinden empfindet Brunotte ebenfalls als Geschenk: „Ich lerne hier zwei Gemeinden kennen, die zwar dicht beieinander liegen und ein ähnliches Klientel haben, aber dennoch sehr unterschiedlich sind, da hier mit verschiedenen Schwerpunkten gearbeitet wird.“ Es sei eine Bereicherung und auch Chance, zwei unterschiedliche Gemeindestrukturen kennenzulernen und sie als Grundlage für ein eigenes Profil als Pfarrerin nutzen zu können. Sich selbst erlebe sie dabei „als Pendlerin zwischen zwei Welten“.
Grünes Licht für neue Ideen
Brunotte berichtet, dass sie in den Gemeinden eine große Offenheit erfahre, sich mit ihren Ideen einbringen zu dürfen. „Ich fühle mich wahnsinnig wohl hier“, betont sie. „Ich kann hier neue Gottesdienstformate ausprobieren, meine Ideen in unterschiedlichen Altersbereichen einbringen, und meistens erhalte ich grünes Licht!“. Die Bereitschaft, sich für Neues zu öffnen, erlebe sie sowohl bei den älteren als auch bei den jungen Gemeindegliedern. Wichtig sei es, die Menschen in ihren besonderen Lebenssituationen zu erreichen, dafür entwickele sie jeweils eigene Projekte. So bietet sie zum Beispiel Gesprächsabende für Konfirmandeneltern an – die Themen haben diese selbst ausgewählt. „Man muss die Eltern wahrnehmen und mitnehmen. Sie vertrauen uns ihre Kinder an und haben vielleicht selbst auch viele Fragen“, meint sie.
„Da ist soviel Potenzial in den Gemeinden“
„Da ist so viel Potenzial in unseren Gemeinden, das muss man doch nutzen!“, bemerkt Brunotte mit Begeisterung, Man müsse sich vernetzen und voneinander profitieren. Nur so könne man voneinander lernen und sich in den Gemeinden gegenseitig bereichern, sagt die Pfarrerin und stellt fest: „Es gibt so tolle Angebote. Da muss man ja nicht alles selbst erfinden.“
Kirche soll Heimat für Jugendliche werden
Die 33-Jährige ist auf Umwegen zum Studium der Evangelischen Theologie gekommen. Zunächst machte die gebürtige Düsseldorferin eine Ausbildung als Erzieherin, anschließend studierte sie auf Lehramt. „Im Unterrichtsfach Religion stieß ich auf die Frage, ob ich nicht Theologie studieren will“, blickt Brunotte zurück auf ihre Erfahrungen mit Theologie und Kirche. Erste Kontakte entstanden über den Konfirmandenunterricht und die Jugendarbeit, zunächst in einer katholischen Gemeinde. Als sie dann ihr Theologiestudium begann, orientierte sie sich wieder in ihre evangelische Gemeinde zurück. Dort baute sie mit Jugendlichen die „Church Factory“ auf, eine Gottesdienstform, die bereits auf den Kirchentagen in Hannover und Köln umgesetzt wurde. „Kirche kann für die Jugendlichen eine Heimat werden, wenn sie das zu ihrem Ding machen!“, weiß Brunotte, denn das habe sie selbst so während ihrer Jugendzeit erlebt. In der Arbeit mit den Jugendlichen ist es ihr deshalb wichtig, zu erspüren, was die junge Generation von Kirche erwartet.
Neuzugezogene willkommen heißen
Ein weiteres wesentliches Anliegen ist ihr die Willkommenskultur in den beiden Nachbargemeinden Sürth-Weiß und Rodenkirchen, die durch das „Sürther Feld“, ein großes Neubaugebiet, miteinander verbunden sind. „Hier entsteht ein ganz neues Quartier und es werden viele neue Gemeindeglieder dazu kommen, vor allem junge Familien. Da müssen wir uns fragen, wie wir die Neuzugezogenen in der Gemeinde begrüßen, und was wir ihnen anbieten“, erklärt sie.
Ehrenamtliche fördern und begleiten
Brunotte möchte die zwei Jahre nutzen, um viele Gemeindegruppen stark zu machen, „so dass sie von meiner Zeit profitieren und auch ohne mich weitermachen können“. Als Pfarrerin und Erzieherin könne sie sicher manches bieten. So besucht sie regelmäßig die Kindergärten beider Gemeinden und erzählt dort biblische Geschichten. Im Angebot seien auch ein Mini-Gottesdienst und ein Kindergottesdienst. „Das organisieren alles Ehrenamtliche. Als Pfarrerin muss ich ja nicht immer mit dabei sein, denn es gibt ja noch den frechen Raben Jakob (eine Handpuppe mit Pfarrerbeffchen), der mich vertritt“, erläutert sie.
Die Arbeit mit den Ehrenamtlichen liegt Brunotte besonders am Herzen. Diese dürften auf keinen Fall das Gefühl bekommen, „ins kalte Wasser zu springen“, sondern müssten, gerade zu Anfang, immer gut begleitet werden. Denn ohne die Ehrenamtlichen funktioniere vieles nicht so gut. Langfristig müsse man sich aufgrund des zu erwartenden Pfarrermangels sowieso daran gewöhnen, dass Gemeindeprojekte „auch ohne Pfarrerbeteiligung laufen müssen“.
Ein unglaublich kreativer Beruf
Als Brunotte, die in Bonn, Wien und Wuppertal Theologie studierte, 2014 ihr Examen im Landeskirchenamt in Düsseldorf ablegte, gab es außer ihr nur noch sieben Absolventen. Das bedauert die tatkräftige Pfarrerin und hofft darauf, dass sich diese Zahlen wieder ändern werden. „Das ist ein unglaublich kreativer Beruf, in dem man Menschen in besonderen Situationen nahekommt. Man hat Gestaltungsfreiraum und man kann den Menschen so viel mitgeben – eben die frohe Botschaft vermitteln in ganz unterschiedlichen Formaten!“, macht sie Mut, sich für diesen Beruf zu entscheiden. Dass es sich lohnt, davon ist sie überzeugt.
Foto(s): Susanne Hermanns