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Andreas Meisner tritt nach 40 Jahren als Domorganist und -kantor in den Ruhestand.

Ein Allrounder tritt nach 40 Jahren ab: Andreas Meisner verabschiedet sich mit zwei Konzerten vom Altenberger Dom

Für die Kirchenmusik am Altenberger Dom geht im Mai eine Epoche zu Ende. Andreas Meisner tritt nach 40 Jahren als Domorganist und -kantor in den Ruhestand. Vier Jahrzehnte sind eine beinahe biblische Zeit, in der Meisner die Kirchenmusik nicht nur in Altenberg, sondern in der Großregion rund um Köln nachhaltig geprägt hat.

„Herr der 6.000 Pfeifen“

Vom Kölner Stadtanzeiger wurde Meisner vor kurzem als „Herr der 6.000 Pfeifen“ bezeichnet. Gemeint ist damit „seine“ Domorgel – ein bemerkenswertes Instrument mit 6.000 Pfeifen, welches er seit seiner Erbauung im Jahr 1980 fast täglich gespielt hat und in- und auswendig kennt. Gefragt, wie er denn 1985 an diese hochattraktive Position gekommen sei, antwortet Andreas Meisner in der ihm eigenen, bescheidenen Art:

„Es gab keine wirkliche Bewerbung. Mein Vorgänger Volker Hempfling wurde zum Professor für Chorleitung berufen. Ich war zu dem Zeitpunkt Assistenzorganist, hatte mich profiliert und ich ,rutschte‘ da so einfach rein.“ Rückblickend lässt sich ohne Übertreibung festhalten: Hier war der richtige Mann zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Gefragt, was denn das Besondere an der Kirchenmusikerstelle in Altenberg für ihn ist, antwortet Meisner:

„Vieles ist besonders: die wunderschöne Kirche, die fantastische Orgel, die Lage der Kathedrale im ,Wald‘ und dennoch gut an Köln, Düsseldorf und Wuppertal angebunden. Und eine sehr große, verlässliche Zuhörerschar, die diese Vielzahl an Veranstaltungen, die wir anbieten, ermöglicht. Und natürlich auch die gute Zusammenarbeit mit der katholischen Domgemeinde und ihrem Domorganisten, Rolf Müller.“

Internationale Konzerttätigkeit

Auch wenn die Altenberger Domorgel ein herausragendes und weit über Deutschland hinaus bekanntes Instrument ist, ließ sich Andreas Meisner als Orgelsolist nicht nur in Altenberg hören. „Die Zahl aller gespielten Konzerte liegt über 1.000“, sagt Meisner mit Blick auf seine internationale Konzerttätigkeit, die ihn in fast jedes europäische Land, aber auch nach Asien, Australien, Neuseeland, Canada und in die USA führte. Und er verrät: „Ich würde gerne noch Konzerte in Afrika und Südamerika geben.“

Gefragt, welche besonderen Highlights in seiner 40-jährigen Dienstzeit waren, antwortet Meisner: „Der Umbau und Erweiterung der Domorgel (Tuba und Contrabombarde 32), besondere Chorkonzerte wie das Requiem von Berlioz, das War Requiem von Britten, die zweite Mahler, der 100. Psalm von Reger und vieles mehr. Aber auch der ökumenische Gottesdienst zum 500-jährigen Reformationsjubiläum. So voll war der Dom noch nie!“

Neben diesen Meilensteinen sind es aber auch mehr als 1.500 Geistliche Musiken gewesen, die er als Domorganist veranstaltet und organisiert hat. Dieses konzertante Format mit sparsamer liturgischer Rahmung sonntags um 14.30 Uhr hat über Jahrzehnte eine große Zuhörerschaft gefunden und ist für viele Musikfreundinnen und Musikfreunde zu einem festen Termin sonntags geworden.

Kirchenmusiker spielen nicht nur Orgel. Auch die Chorleitung gehört fest zum Berufsbild. Auch auf diesem Arbeitsfeld war Andreas Meisner in 40 Jahren besonders umtriebig und erfolgreich: „Den Oratorienchor Köln habe ich von 1986 bis 2018 geleitet, den Kleinen Chor Köln von 1987 bis 2013 und die Domkantorei Altenberg von 1998 bis heute“, berichtet der scheidende Domkantor und Chorleiter.

Viele „Lieblings“-Komponisten

Gefragt nach seinen „Lieblings“-Komponisten antwortet Meisner: „Natürlich Bach und dazu die Spätromantiker, Dvorak, Verdi, Mahler und an der Orgel Vierne, Karg-Elert und viele andere mehr.“ In vierzig Jahren hat Andreas Meisner auch verschiedene Veränderungen und Entwicklungen miterlebt und mitgestaltet. Etwas nachdenklich sagt er: „Das musikalisch-theologische ,Wissen‘ hat stark abgenommen. Man kann immer weniger voraussetzen. Gleichwohl lassen sich die Menschen fast stärker als früher von der Kirchenmusik berühren und begeistern. Die flächendeckende Form der Kirchenmusik wird stark zurückgehen, aber in Zentren, in Leuchttürmen wird die Kirchenmusik weiterhin eine gute Zeit haben.“

Für die Zukunft seines „Unruhestandes“ hat er sehr konkrete Pläne: „Ich möchte gerne noch weiter Orgelkonzerte geben. Dazu hoffentlich noch weitere private Interessen wie Politik und Gesellschaft.“

Spannend bleibt es auch, wie es nun mit der Kirchenmusik am und rund um den Altenberger Dom weitergehen wird. Aktuell läuft es, wie Andreas Meisner weiß, auf eine vorläufige Zwischenlösung hinaus: „Da meine Stelle aus verschiedensten Gründen nicht direkt wiederbesetzt werden kann, gibt es für zwei Jahre eine Interimslösung. Dort werden meine Aufgaben auf fünf Kirchenmusiker aufgeteilt, die die Arbeit im Nebenamt durchführen. Ein leitender Kirchenmusiker, eine Dirigentin für die Domkantorei und zwei Organisten für die Gottesdienste. Ich selber werde in vorwiegend beratender Tätigkeit mit ganz wenigen Stunden weiterarbeiten. Ich bin zuversichtlich, dass wir so alles im Niveau und Umfang halten können und das gerade auch in Zusammenarbeit mit der katholischen Dommusik alles vollumfänglich weiter angeboten wird. Wichtig ist nur, dass das wirklich eine ,Interimslösung‘ ist und die Zeit dafür genutzt wird um eine gute Lösung für die Wiederbesetzung der Stelle (in anderem ,Setting‘) zu finden.“

Abschied mit zwei großen Konzerten im Altenberger Dom

Den Abschied nach vier Jahrzehnten wird Andreas Meisner mit zwei großen Konzerten im Altenberger Dom begehen. Am Samstag, 17. Mai, wird er ab 14 Uhr die „Messa da Requiem“ von Giuseppe Verdi dirigieren. Die Domkantorei Altenberg wird dabei von der Neuen Philharmonie Westfalen begleitet und als Solisten wirken Jessica Muirhead (Sopran), Ann-Beth Solvang (Mezzosopran), Gerard Schneider (Tenor) und Simon Bailey (Bass) mit. Die Eintrittskarten kosten zwischen 35 und 20 Euro und sind unter anderem im Altenberger Dom-Laden erhältlich. Aufgrund der großen Nachfrage ist bereits eine zusätzliche Aufführung in Altenberg am Donnerstag, 15. Mai, um 20 Uhr angesetzt.

Für den Abschied als Organist wird es am Freitag, 23. Mai, eine „große Musiknacht“ im Altenberger Dom geben. „Andreas Meisner and Friends“ lautet ab 19 Uhr das Motto. Dabei wirken neben dem Orgelduo Andreas Meisner und Rolf Müller auch die Bläser-Ensembles Harmonic Brass München und das Trompetenconsort Thibaud Robinne mit. Außerdem musizieren als Solisten Hanna Schlubeck (Panflöte), Susanne Ehrhard (Blockflöte), Stephan Fellhauer (Horn, Gudrun Höbold (Violine), Eva Morsbach (Traversflöte), Ina Stock (Oboe) und Martin Burkhard (Cello).

Text: Wolf-Rüdiger Spieler
Foto(s): Wolf-Rüdiger Spieler