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Ein Abend in der blauen Märchenwelt

Wenn es draußen kalt und ungemütlich wird, macht man es sich doch am liebsten mit einer Tasse Tee auf dem Sofa so richtig gemütlich. Wer dazu noch Lust auf wunderschöne Geschichten hatte, der war beim Märchenabend der Heidkamper Kulturtage am vergangenen Mittwoch genau richtig: Rund ums diesjährige Motto „Blau – Schatten himmlischer Dinge“ gab es dort Musik und Märchen für Erwachsene.

Schon von Weitem grüßt der blau beleuchtete Kirchturm die nahenden Besucher, der für die diesjährigen 12. Heidkamper Kulturtage passend zum Festivalmotto illuminiert wird. Während oben an der Kirche „Zum Frieden Gottes“ noch die Kinder ihren etwas verregneten Laternenumzug ausklingen ließen, ist unten im Gemeindesaal schon ein blau-goldener Traumraum hergerichtet worden, im dem eine märchenhaft-magische Atmosphäre herrscht. „Mit blauen Räumen ist es ja so: Man muss etwas von sich abgeben und bekommt dann etwas geschenkt“, sagte Heide Heesen, die Organisatorin und Moderatorin des Märchenabends. Geschenkt gab es an diesem Abend zauberhafte Märchen voller Sehnsucht und Abenteuer, aber auch mit Witz und Humor, die die sechs Märchenerzählerinnen und ein Märchenerzähler darboten.

Schatten himmlischer Dinge
„Unser diesjähriges Thema 'BLAU – Schatten himmlischer Dinge' kommt aus dem Alten Testament – 2. Buch Mose, Kapitel 25 ff. mit den Anweisungen für den Bau der Stiftshütte. Hier finden wir den blauen Purpur. Der zweite Teil bezieht sich auf das Neue Testament, wo im Hebräerbrief, Kapitel 9, von der Stiftshütte als Abbild oder Schatten himmlischer Dinge gesprochen wird“, erklären die Veranstalter auf der Website der Heidkamper Kulturtage. Zum Märchenabend, der schon seit den zweiten Heidkamper Kulturtagen jedes Jahr wiederholt wird, lud ein Gedicht von Joseph von Eichendorff ein:

„Ich suche die blaue Blume.
Ich suche und finde sie nie,
Mir träumt, dass in der Blume
Mein gutes Glück mir blüh…“

Rundum wohlfühlen
Vor und nach den Märchen gab es Zwischenspiele von Birgit Bendfeld am Klavier sowie kleine Köstlichkeiten, Getränke und warmen Apfeltee, die die fleißigen Helferinnen vom Krea-Team an den Tischen verteilten. Für das Wohl der Gäste sorgten die Damen aus Bergisch Gladbach-Heidkamp mit großem Engagement. „Sind Sie auch alle gut versorgt? Sitzen Sie bequem, und haben Sie nette Nachbarn?“, fragte Heide Heesen in die Runde, bevor das erste Märchen erzählt wurde: Die Geschichte einer stolzen chinesischen Prinzessin, die nur den Mann heiraten wollte, der ihre eine blaue Rose brächte – und schließlich ihrem Volk und dem Kaiser die weiße Rose eines jungen Spielmanns als blau erklärte, weil sie sich verliebt hatte.

Melancholische und humorvolle Momente
Die Geschichten, die Maria Jansen, Gisela Werner, Inge Hallfeld, Ortrun Haupt, Harald Brand, Silvia Nitzsche-Mayr und Birgit Bendfeld zu Gehör brachten, waren alle durch einen „blauen Faden“ miteinander verbunden. Das Märchen vom blauen Stier nahm die Zuhörerinnen und Zuhörer mit nach Schweden und erklärte die Nationalfarben des Königreichs. Mit „Jorinde und Joringel“ sowie „Das blaue Licht“ erklangen zwei weniger bekannte Grimm’sche Märchen, während in „Blaukäppchen“ die Geschichte von Rotkäppchen und ihrer Enkelin im heutigen Paris fortgeführt wird. Mit einer romantisch-melancholischen Geschichte aus Litauen, „Die Bernsteinhexe“, wurde die blaue Welt der Wasserwesen geöffnet. Heide Heesen kommentierte: „Die Wesen aus der anderen, der blauen Sphäre, faszinieren die Menschen schon lange. Immer gibt es diese Sehnsucht, aber wir können nicht mit ihnen auf derselbe Ebene leben.“ Doch auch lustige Töne wurden angeschlagen: mit dem „blitzblauen, frechen und lustigen“ Gedicht „Das alizarinblaue Zwergenkind“ von Börries Freiherr von Münchhausen oder der Zugabe, einem Märchen von Wilhelm Busch, in dessen gewohnt humorvollen, augenzwinkernden Reimen.

Mit Herzblut bei der Sache
Die rund 50 Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Abends waren hellauf begeistert: „Die Märchen so auswendig und frei vorzutragen, das ist schon eine echte Gabe“, freute sich eine Besucherin. Viele waren nicht zum ersten Mal da und sehr angetan von dem Einsatz, den das Team der Heidkamper Kulturtage an den Tag gelegt hatte: Der Gemeindesaal im Keller ist sogar eigens blau gestrichen worden. „Davor schrecken die hier nicht zurück, mal eben die Wand blau zu streichen“, meinte eine andere Besucherin. Heide Heesen sagte dazu: „Es hat richtig Spaß gemacht! Eigentlich wollten wir nur eine Ecke streichen, aber dann konnten wir gar nicht mehr aufhören.“ Mit blau-goldenen Dekorationen und heimeliger Beleuchtung ist so ein kuscheliger Märchenraum entstanden, möbliert mit Sofas, Sesseln und kleinen Tischen. Als das Menü beim Dessert angekommen war, spielte Birgit Bendfeld noch „An der schönen blauen Donau“. Die Gäste ließen sich gern von der beschwingten Stimmung anstecken, summten mit und schunkelten im Walzertakt in ihren Sesseln. Nach zweieinhalb „blauen Stunden“ ging der Abend vergnügt und mit großem Applaus für die Erzählerinnen und Erzähler zu Ende.

Weitere „blaue“ Veranstaltungen
Die Heidkamper Kulturtage der Evangelischen Kirchengemeinde Bergisch Gladbach gehen in diesem Jahr vom 31. Oktober bis zum 20. November und bieten noch eine Reihe von Veranstaltungen an. „Dazu gibt es immer etwas zu trinken und die Gelegenheit zum Beisammensein, das ist das Wichtigste“, stellt Heide Heesen das Konzept vor. Zum Buß- und Bettag am Mittwoch, 16. November, gibt es einen Gottesdienst, der zusammen mit der römisch-katholischen Nachbargemeinde St. Joseph gefeiert wird. „Den Buß- und Bettag feiern wir ökumenisch, seit er auf protestantischer Seite abgeschafft worden ist“, erläutert die Organisatorin. Zur Finissage am Sonntag, 20. November, wird es einen Gottesdienst zum Thema „Zuversicht“ geben, in dem auch der Frauenchor der städtischen Max-Bruch-Musikschule „Silbertöne“ auftritt. „Und danach kommen wir noch einmal alle zusammen, essen die letzten Bütterchen auf und machen die Reste leer“, lädt Heesen alle ein.

Text: Kristina Pott
Foto(s): Kristina Pott