Manchen mag die Gabe des selbstbewussten Sprechens in der Öffentlichkeit, der Stegreif-Rede und überzeugenden Argumentation in die Wiege gelegt worden sein. Doch hinter der bewunderten, von entsprechenden Gesten unterstützten Rhetorik verbirgt sich in den meisten Fällen hartnäckiges Stimm- und Kommunikationstraining. „Gut Sprechen, verständlich Vortragen und Lesen können: das sind Dauerthemen auch bei Ehrenamtlichen“, schickte Pfarrerin Susanne Zimmermann voraus. Gemeinsam mit Pfarrerin Sybille Noack-Mündemann und Presbyterin Margit Seimel ist sie Synodalbeauftragte für das Ehrenamt im Kirchenkreis Köln-Nord. Weil es eben von Ehrenamtlichen immer wieder Anfragen für Fortbildungen auf diesem Gebiet gibt, war das Thema des Ehrenamtstages im Kirchenkreis rasch gefunden: In der Erlöserkirche in Köln-Weidenpesch ging es „rund um die Stimme“.
Hohe Akzenptenz
Wie richtig die Themenwahl war, bestätigte die große Resonanz von siebzig Teilnehmerinnen und Teilnehmern. In ihren Kirchengemeinden fungieren sie etwa als Prebyterinnen und Presbyter, als Lektorinnen und Lektoren, als Leiterinnen von Senioren-, Frauen- oder Kindergruppen, MitautorInnen von Gemeindebriefen… „Wir haben sehr selbstbewusste, sprachfähige Ehrenamtliche. Sie wissen, was sie sagen wollen“, so Zimmermann. Gleichwohl wünschen sich viele eine Verbesserung der eigenen Sprachfähigkeit: Wie kann mein Sprechen wirksamer, überzeugender, selbstsicherer gestaltet, wie meine Stimme effektiver und schonender eingesetzt werden, wie kann ich jemanden besser erreichen, wie schlagfertiger auf verletzende Kritik reagieren? „Ein Wissen über entsprechende Techniken ist zweifellos vorhanden“, meinte Noack-Mündemann. Es bestehe aber eine Unsicherheit, wie sie einzubringen seien.
„Tipps und Tricks“ vermittelt
So dienten die drei zum Thema angebotenen Workshops nicht nur dem Kennenlernen, sondern auch dem Einüben von etlichen Methoden. Lutz Göhnemeier, Sprecher, Moderator und Medientrainer, vermittelte spielerisch „Tipps und Tricks“, wie man etwa mit der Angst vorm Auftritt umgehen oder seine Stimme, ohne laut zu werden, bis in die letzten Saal-Reihen schicken kann. Dabei, so Zimmermann, sei es für viele eine Erleichterung gewesen zu erfahren, dass auch Profis tagtäglich mit Tücken zu kämpfen haben. Aufregung vor einem Auftritt schade nicht, wenn sie zur Konzentration auf sich und die Situation beitrage, informierte Göhnermeier beispielsweise über Modelle zur Stressbewältigung. Er riet dazu, „mit geputzter Seele vorzutragen“, soll heißen, den Alltag und Sorgen hinter sich zu lassen und alles andere außer dem aktuellen Redegegenstand „weg zu atmen“.
Den eigenen Standpunkt verdeutlichen
Wie wichtig für die Wirkung einer/eines Vortragenden die Körperhaltung ist, wie sie verbessert und entsprechend eingesetzt werden kann, verdeutlichte nicht nur Göhnermeier. Auch Hannelore Gabor-Molitor, Dipom-Pädagogin und Kommunikationstrainerin, übte in ihrer Arbeitsgruppe „Gesprächsführung“ selbstbewusstes Stehen und Sitzen ein. Insbesondere vermittelte sie aber Methoden und Inhalte, wie man in verschiedenen Situationen seine Meinung vetrten, wie man in Diskussionen angstfrei Stellung zu einem Thema beziehen kann – sogar ohne Vorbereitung. Sie benutzte den Begriff „Sprechdenken“. Er beinhaltet, dass man sich klarer Formulierungen bedient, um den eigenen Standpunkt zu verdeutlichen. Statt „ich würde gerne ´mal etwas sagen“, sollten direkte Wendungen benutzt werden wie etwa: „meine Meinung ist“ oder „ich vertrete den Standpunkt“. Zum „Sprechdenken“ gehört auch, dass man aktiv mit Unterbrechungen und ähnlichen Situationen umgeht. Wenn man beispielsweise kurz verunsichert oder irritiert sei, solle man das sagen, anschließend am vorherigen Punkt neu ansetzen und im Konzept fortfahren.
Die eigene Stimme entdecken
Die Presbyterin Margit Seimel schwärmte vom Workshop „Singen“. Romano Giefer, A-Kirchenmusiker und Chorleiter, sowie Annette Giefer, Sprachtherapeutin und Musikerin, hätten die Teilnehmenden mitgenommen auf eine Tonreise. „Sie haben uns Körper- und Atemübungen nahe gebracht, unsere eigene Stimme im gemeinsamen Gesang entdecken lassen, insgesamt aus kleinen Häufchen Erde etwas geformt und zusammen gefügt“, wurde Seimel bildhaft.
„Wir sind Laien, wir brauchen Schulungen“
Es sei frappierend, in welch kurzer Zeit die Teilnehmenden deutlich erkennbare Fortschritte gemacht hätten, zeigten sich die drei Synodalbeauftragten für das Ehrenamt begeistert über die spielerischen Methoden sowie praxisnahen und problemorientierten Ratschläge der DozentInnen. Der Meinung schloss sich Renate Hense an. Die Leiterin des Besuchsdienstkreises in der Evangelischen Kirchengemeinde Köln-Neue-Stadt empfand es zunächst als wichtig und nützlich, dass das Thema „Stimme“ aufgegriffen wurde. Nach dem ersten von zwei Durchgängen freute sie sich besonders, dass sie sich trotz des „Gerüchts“, nicht singen zu können, „getraut“ habe am entsprechenden Workshop teilzunehmen – nach eigenem Bekunden mit Erfolg. „Vielleicht werden wir jetzt auch häufiger in unserem Kreis singen.“ Ebenso wenig bereute ein Presbyter der Evangelischen Kirchengemeinde Quadrath-Ichendorf seine Teilnahme. Er sieht sein Talent eher auf dem Gebiet der Visualisierung, und hält seine rhetorischen Fähigkeiten für verbesserungswürdig. „Nun habe ich hier einige Kenntnisse erhalten.“ Grundsätzlich findet er Fortbildungsangebote solcher Art vonnöten und „toll“. „Wir sind Laien, brauchen regelmäßig eine gewisse Schulung.“
Foto(s): Broich