„Ich wurde während HöVi-Land geboren, war mit sechs Jahren HöVi-Land-Kind, mit 15 Jahren das erste Mal ‚Schnupper-Leiterin‘ und in diesem Jahr zum vierten Mal ‚Kontinent-Leiterin’“, erzählt Rebekka Kempe. Zusammen mit sechs anderen Kontinent-Leiterinnen und -Leitern wurde sie von der Stadt Köln mit dem Ehrenamtspreis in der Sparte „Sonderpreis Jung und engagiert“ ausgezeichnet. „Stellvertretend für alle Leiterinnen und Leiter“, wie sie ausdrücklich betont. Insgesamt engagierten sich in diesem Jahr 117 ehrenamtliche junge Männer und Frauen als Gruppenleitungen im HöVi-Land in Köln-Vingst.
Die Kontinent-Leitungen bringen bereits Erfahrungen in der Gruppenleitung mit. Sie sind das Bindeglied zwischen dem hauptamtlichen Organisationsteam und den ehrenamtlichen Gruppenleiterinnen und -leitern. Sie planen das Programm der Ferienspiele, bereiten Schulungen vor und führen Reflexionsrunden durch. Insgesamt gibt es im HöVi-Land drei „Kontinente“, basierend auf drei verschiedenen Altersstufen: Das sind die Sechs- bis Neunjährigen, die Neun- bis Elfjährigen und die Zwölf- bis 14-Jährigen.
Petra Kempe und Ansgar Puff gründeten HöVi-Land
Rebekka Kempe ist die Tochter von Petra Kempe, eine der Gründerinnen von HöVi-Land. 1993 hat diese ihre Arbeit als Jugendleiterin in der Evangelischen Kirchengemeinde Vingst-Neubrück-Höhenberg aufgenommen. Ein Jahr später, 1994, entstand HöVi-Land. „Zusammen mit dem damaligen Kaplan Ansgar Puff, dem heutigen Weihbischof in Köln“, so Petra Kempe. Gemeinsam wollten sie „etwas tun für Kinder, die nicht in die Ferien fahren können“. 80 Kinder waren es 1994, in diesem Jahr kamen 620 Kinder zusammen, die drei Wochen lang ein kreatives Ferienprogramm vor Ort erlebten. Alle stammen aus Höhenberg oder Vingst. „Das ist die einzige Bedingung“, sagt Petra Kempe, die von der Gründungsidee berichtet: „Wir wollten immer eine bunte Mischung von Kindern, kein Ghetto. HöVi-Land soll für alle attraktiv sein“.
Jedes Kind zahlt pro Woche 15 Euro. „Das kann jeder zahlen“, meint die Diplom-Sozialpädagogin, die am liebsten noch viel mehr Kindern die Chance auf HöVi-Land bieten würde. „Wir würden gern alle Anfragen beantworten, aber das geht leider nicht“, sagt die Initiatorin der Zeltstadt. Die Nachfrage nach einem Platz im HöVi-Land ist groß. Ebenso bei denen, die etwas Ähnliches auf die Beine stellen möchten. „Letztens waren Menschen aus der Eifel da“, berichtet Petra Kempe. Sie wurden durch HöVi-Land geführt und erfuhren, wie die Kinderstadt funktioniert. „Davon profitieren wir beide“, so Kempe. „In solchen Gesprächen reflektieren wir noch einmal, warum wir manches so machen, und warum wir manches geändert haben.“
Die Zeltstadt hat einen eigenen „HöVi-Dom“
Auch in diesem Jahr errichteten die HöVi-Land-Organisatoren wieder auf einem Freigelände im Kölner Stadtteil Vingst eine große Stadt für Kinder von sechs bis 14 Jahren. Vom 16. Juli bis zum 3. August wurden Workshops, Gruppenstunden, Technik, eine Bühne, Spiel- und Bastelfreizeiten und vieles mehr geboten. Küche, Café, Kindergarten, eine eigene Technik, eigene Post, eigene Briefkäsen, ein eigener Kindergarten, eine Erste-Hilfe-Station sowie ein Entspannungszelt und verschiedene Entspannungsbereiche gehören auch dazu. Sogar ein „HöVi-Dom“, eine eigene kleine Mini-Kirche, gibt es in dem Kinderland, das von evangelischer und katholischer Kirche betrieben wird.
„Der letzte Tag nach HöVi-Land ist der erste Tag vom nächsten HöVi-Land“, so Petra Kempe. Dann werden die ersten Planungen gestartet und die ersten Termine verabredet. „Manche verstehen nicht, dass ich für HöVi-Land so viel Zeit aufwende“, sagt ihre Tochter, Kontinent-Leiterin Rebekka Kempe. Ihr macht die ehrenamtliche Arbeit „unglaublich viel Spaß“. Sie sagt: „Es bringt einem auf jeden Fall was. Man lernt Methoden anzuwenden, man lernt, vor einer Gruppe zu sprechen. Das gibt einem viel zurück.“ Den Respekt vor der verantwortlichen Aufgabe wird sie sicher behalten, schließlich sind ihnen alle Gruppenleiter anvertraut. Die Kontinent-Leitungen sorgen auch dafür, dass eine gute Stimmung auf dem Platz herrscht und dafür, „dass wir gute Lösungswege finden, wenn es einen Konflikt gibt“, erklärt Rebekka Kempe. Von diesem Ehrenamt ist auch Mutter Petra begeistert: „In den drei Wochen verbringen die Kontinent-Leiterinnen und -Leiter Höchstleistungen. Sie arbeiten mit Kindern aus ganz unterschiedlichen Familien. Und sie machen das mit einer solchen Hingabe und Geduld, dass das wirklich Anerkennung verdient.“
____________________________________
Aus 144 Vorschlägen hat eine unabhängige Jury die Preisträgerinnen und Preisträger von „KölnEngagiert 2018“, dem Ehrenamtspreis der Stadt Köln, ausgewählt. Ausgezeichnet wurde auch der Förderverein Kölner Runde Tisch für Integration, in dem sich die Mitglieder für ein sozial gerechtes Köln und für ein friedliches Zusammenleben einsetzen. Für den Evangelischen Kirchenverband Köln und Region ist Reinhild Widdig, Pfarrerin der Evangelischen Nathanael-Kirchengemeinde Köln-Bilderstöckchen, in den Förderverein entsandt. Der Runde Tisch hat die „Arsch huh – Zäng ussenander“-Konzerte mit angestoßen und ist immer wieder bei Demos aktiv. Zuletzt bei der Demonstration gegen das Sterben im Mittelmeer mit 4000 Menschen auf dem Kölner Bahnhofsvorplatz. „Eine Nachfolge-Demo ist für den September geplant“, sagt Reinhild Widdig. „Wir wollen Kräfte sammeln und bündeln und nicht nachlassen in diesem Thema.“
Foto(s): Pascal Nordmann