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Ehrenamtspreis der Stadt Köln für Gerda Kiesewalter, Mitarbeiterin der Begegnungsstätte Lindweiler

Am liebsten kocht sie Kartoffeln mit Fleisch und Gemüse, dazu gibt es Salat und Nachtisch – Hausmannskost eben. Der Püree von Gerda Kiesewalter, ihre Kohlrouladen, Frikadellen und Klöße, Pfann- und Reibekuchen, ihre Gerichte mit verschiedenen Gemüsen und natürlich ihre je nach Jahreszeit bestückten Eintöpfe werden von den Gästen der Evangelischen Begegnungsstätte Lindweiler beziehungsweise des angeschlossenen Cafés Linternet innig geliebt. Ehrenamtlich bereitet und serviert Gerda Kieswalter in der sozialdiakonischen Einrichtung der Evangelischen Kirchengemeinde Köln-Pesch jeden Montag und Donnerstag ein Mittagsmahl. Freitags gibt es dort Frühstück, dienstags, oft mit frisch gebackenem Kuchen, Nachmittagskaffee.

„Ich bekomme noch jetzt eine Gänsehaut.“
Für ihren wöchentlich vielstündigen Einsatz, der weit über die Essenszubereitung hinausgeht, hat die 75-jährige Mutter von sechs Kindern aus den Händen von Oberbürgermeister Fritz Schramma und dem Ehrenamtspaten Henry Maske den Kölner Ehrenamtspreis „KölnEngagiert 2006“ erhalten. Die Verleihung von Ehrennadel und Urkunde, die Übergabe eines Schecks und der Eintrag ins Goldene Buch fanden statt am 7. Ehrenamtstag der Stadt Köln im Tanzbrunnen. Dorthin hatten Gerda Kiesewalter rund20 Mitarbeitende der Begegnungsstätte begleitet. Auch von diesen wurde sie lautstark begrüßt und zudem mit einem großen Transparent überrascht. „Es war wahnsinnig“, schildert die Geehrte den herzlichen Empfang durch das Publikum. „Ich bekomme noch jetzt eine Gänsehaut.“ In ihre Worte des Dankes hatte Gerda Kiesewalter auf der Bühne eine dringliche Bitte an die Verantwortlichen in Rat und Verwaltung eingeflochten: „Bitte vergessen Sie unseren Stadtteil Lindweiler nicht.“ Danach hatte die Preisträgerin „zumindest den Eindruck, dass unser Anliegen auf offene Ohren gestoßen ist“.

Computer- ind Internetkurse für Kinder und Erwachsene
Die derzeit circa 3600 Bewohner des Stadtteils im Kölner Norden würde es freuen. Um die dortigen sozialen Probleme wie Armut und Arbeitslosigkeit aufzufangen, richtete die Evangelische Kirchengemeinde Köln-Pesch bereits 1977 im Marienberger Weg 17b ihre Evangelische Begegnungsstätte ein. Seit 1986 leitet eine hauptamtliche Mitarbeiterin die sozialdiakonische Arbeit. Sie umfasst praktische Lebenshilfe mit offenen Treffen, Sozialberatung, Nachhilfe, Kleiderkeller und Lebensmittelausgabe. Sie bietet Begegnung und Integration, etwa mit einem Arbeitslosenfrühstück, Seniorenclub und medienpädagogischen Angebot für Kinder und Jugendliche, einer Eltern-Kind-Gruppe und Frauengruppe. Zudem erhalten dort arbeitslose Menschen etwa Beratung, Begleitung und Hilfe bei der Jobsuche über das Internet. Der Erhalt der Einrichtung, die sich aufgrund der mangelhaften sozialen Infrastruktur des Stadtteils zur ersten Anlaufstelle für alle Probleme und Anliegen entwickelt hat, wird seit 1994 von dem Förderverein Lindweiler Netz e.V. gesichert. Er ist aus der Gemeinde heraus entstanden. Zudem wurde 2000 in einem dem „Mutterhaus“ schräg gegenüber liegenden Ladenlokal das angeschlossene Café Linternet eröffnet. Es offeriert Kindern, Erwachsenen und Senioren Computer- und Internet-Kurse. Auch finden hier das Bewerbungstraining und die Arbeitssuche im Netz statt. Schließlich werden im Café dienstags ab 14 Uhr Kaffe und Kuchen angeboten sowie montags und donnerstags um 12 Uhr der ebenso preiswerte Mittagstisch. Diesen nehmen regelmäßig zehn bis 15 Personen wahr, überwiegend Senioren bis 95 Jahre, Alleinstehende und Arbeitslose.

Hier bringt man mir viel Gutes entgegen
Aktuell sind in der Begegnungsstätte, in der 14-tägig sonntags Gottesdienste stattfinden, vier hauptamtliche und 35 ehrenamtliche Mitarbeitende tätig. Gerda Kiesewalter, die nur hundert Meter entfernt wohnt, ist seit sechs Jahren dabei. „Das Besondere an meiner Tätigkeit ist, dass ich unter Menschen sein, dass ich ihnen eine Freude machen kann“, sagt Gerda Kiesewalter, deren Mann aufgrund einer Erkrankung im Pflegeheim lebt. Ihn besucht sie täglich. „Ich kann mir meine Arbeit selbst einteilen, kann schalten und walten und selbständig hantieren. Ich bin immer aktiv gewesen, habe mein Leben lang gearbeitet. Ich bin richtig glücklich hier, auch weil man mir hier so viel Gutes entgegenbringt.“

Liebevolle Athmosphäre für die Gäste
„Sie ist eigentlich die ganze Woche hier“, überschlägt Sozialarbeiterin Sabine Kistner-Bahr. Die Leiterin der Begegnungsstätte ist dankbar für das „großartige, unverzichtbare“ Engagement von Gerda Kiesewalter. Neben dem Kochen und Servieren geht die 75-Jährige mittwochs einkaufen. „Ich hole alles frisch, suche die günstigsten Angebote heraus.“ Doch ihre Unterstützung „erschöpft“ sich nicht in der Vor- und Zubereitung schmackhafter Kost. Nach der Devise, „es muss auch was fürs Auge sein“, schmückt Kieswalter die Tische. Deren Dekoration wechselt wöchentlich. „Ich mache mir Gedanken, sammle im Wald passende Blätter, besorge Blumen und Kerzen.“ Auch das Schaufenster des Cafés wird regelmäßig von ihr gestaltet. Dabei orientiert sie sich an den Jahreszeiten und -festen. Ebenso an sonstigen Ereignissen wie etwa Schulanfang, Weinlese oder zuletzt die Fußball-Weltmeisterschaft. Momentan blicken Passanten und Besuchende auf stilvolles, blau-weißes Porzellan. „Das ist wunderbar“, so Kistner-Bahr. „Sie schafft für unsere Gäste eine liebevolle Atmosphäre, um ihnen zu zeigen, das sie willkommen sind und unsere Wertschätzung genießen.“

Zwei weiteren ehrenamtlich Mitarbeitenden gedankt
Bereits vor dem Kölner Ehrenamtstag hatte die Stadt Köln zwei weiteren ehrenamtlichen Mitarbeitenden der Begegnungstätte Lindweiler in Form einer Urkunde für ihr langjähriges bürgerschaftliches Engagement gedankt. Zum einen handelt es sich um Renate Steinhäuser, seit 20 Jahren in der Einrichtung tätig. „Sie führt eigenverantwortlich die Kellerboutique in unserer Begegnungsstätte und sorgt dafür, dass gut erhaltene Kleidung, Wäsche und Schuhe an Bedürftige weitergegeben werden können“, erklärt Kistner-Bahr. „Sie geht auf Menschen zu und hilft, Not zu lindern. Sie nutzt ihre soziale Kompetenz, um Kontakte herzustellen, wenn sie selbst nicht helfen kann.“ Zum anderen handelt es sich um Wolfgang Kleinjans. Der 42-Jährige betreut umfassend das Café Linternet. „Er sorgt für das Funktionieren und die Ausstattung mit Hardware und Software, leitet die Computer- und Internet-Kursen des Cafés.“

Text: Engelbert Broich
Foto(s): Engelbert Broich