„Es ist mir ganz wichtig, sagen zu können: EDELGARD wirkt! Sie zieht ihre Bahnen durch die Stadt – und nicht nur kleine Kreise“, freute sich Mitinitiatorin Frauke Mahr von der LOBBY FÜR MÄDCHEN e.V. auf der EDELGARD-Geburtstagsfeier am vergangenen Mittwoch. EDELGARD ist als Präventionskampagne einzigartig in Deutschland und bricht eine Lanze für Frauen im öffentlichen Raum. Um ihre Sicherheit zu gewährleisten, wird gesellschaftliches Umdenken statt weiblicher Verhaltensänderung gefordert. Im Haus der Evangelischen Kirche feierte EDELGARD mit Kooperationspartnern und Unterstützern ihren ersten Geburtstag.
Mit EDELGARD Haltung zeigen
Um zu helfen, muss man kein Experte sein. Sätze wie „Sie sind hier sicher“, „Hier haben Sie Ruhe“ und „Erzählen Sie, wenn Sie möchten“ können von jedem Mitmenschen kommen. Im Falle der EDELGARD-Schutzstellen stammen sie aktuell von Apothekern, Restaurant- oder Ladenbesitzern, Kirchengemeinden, Ämtern, Agenturen und anderen Institutionen aller Art. Jeder, der – nach einer Einweisung in seine Aufgaben – das EDELGARD-Signet erworben und nach außen hin sichtbar platziert hat, wird zu einer potenziellen Rettungsinsel. Frauke Mahr, die 1976 schon das erste Frauenhaus (West-)Deutschlands mitbegründete, ist begeistert über die positive Resonanz, die das Projekt bekommt. „Wir stoßen fast immer auf offene Türen“, erzählt sie. „Gerade von vielen, Männern, mit denen wir sprechen, bin ich begeistert. Eine große Anzahl ist gut vorinformiert und hat viel Verständnis für die Problematik. Überhaupt zeigt ein Großteil unserer Multiplikatoren eine klare, einwandfreie Haltung und ist schon lange im Thema.“
Helfen mit einfachen Mitteln
Sexualisierte Gewalt, gerade im öffentlichen Raum, hat viele Facetten. Fast alle Frauen wachsen in dem Bewusstsein auf, Strategien dagegen entwickeln zu müssen, in Bus und Bahn oder auf der Straße auf unangenehme Weise angestarrt oder angesprochen zu werden, ohne ihr Einverständnis berührt und bedrängt zu werden, mal mehr, mal weniger vehement. In manchen Fällen sind Grenzverletzungen auch gewalttätig. Ein Übergriff ist es dann, wenn ein „Nein“ oder ablehnendes Verhalten ignoriert werden. „Frauen sind in ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkt“, fasste Bettina Mötting die Problematik konkret zusammen. Seit Anfang Januar leitet sie das Amt für Gleichstellung von Frauen und Männern der Stadt Köln. Sie weiß, wovon sie spricht und lobte das Projekt: „Liebe EDELGARD-Mütter, Sie leisten wertvolle Arbeit. Danke dafür!“
EDELGARD ist einzigartig in Deutschland
Als Superintendent des Kirchenkreises Köln-Nord – und einziger männlicher Gast – gratulierte auch Markus Zimmermann den EDELGARD-Frauen zu ihrem „sich hervorragend entwickelnden Einjährigen“ und versprach, „dafür zu werben, dass unsere Gemeinden Schutzräume werden: Überall, auch in den Außenbezirken, wo die öffentlichen Räume oft besonders gruselig für Frauen sind, braucht es sie.“ Seit Mittwochabend hat EDELGARD sieben neue Kooperationspartner und damit aktuell über 50 Anlaufstellen für Frauen, die sich bedroht fühlen. Dort bekommen sie Unterstützung und werden ernstgenommen, was auch für den weiteren Ablauf ausschlaggebend sein kann. „Zum einen machen sich die zuständigen Ansprechpartner dort eine anonyme Notiz, die im Falle einer späteren Anzeige hilfreich sein kann. Zum anderen werden entsprechende Erlebnisse nachweisbar besser verarbeitet, wenn die Opfer direkte Hilfe erfahren und ihre Glaubwürdigkeit nicht angezweifelt wird“, erklärte Frauke Mahr. Die magische Zahl von 111 Schutzräumen soll im laufenden Jahr erreicht werden. „Dann starten wir eine zweite Öffentlichkeitskampagne“, plant Frauke Mahr. Ziel ist es, EDELGARD schützt flächendeckend in Köln zu verbreiten. „Übergriffe können überall geschehen“, ergänzt sie. „Und sie geschehen überall. Da muss noch eine Menge passieren – es ist aber auch schon viel in Bewegung.“
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EDELGARD: die Schützende (edel = aufrecht, gard = der Zaun, der Schutz) wurde als Präventionskampagne der „Kölner Initiative gegen sexualisierte Gewalt“ in Folge der Silvesternacht 2015/16 ins Leben gerufen.
EDELGARDs Anspruch: Die Würde von Frauen und Mädchen ist unantastbar. In Köln und überall.
EDELGARDs Botschaft: Nicht Frauen müssen sich anpassen, um sicher zu sein. Die Gesellschaft muss lernen, sexualisierte Gewalt nicht hinzunehmen und konkrete Hilfe anbieten.
Das Projekt „EDELGARD“ besteht aus den drei Bausteinen „EDELGARD mobil“, „EDELGARD schützt“ und „EDELGARD informiert“. Mit dem mobilen Einsatzfahrzeug des Projekts kann bei Bedarf und generell bei Veranstaltungen ein Anlaufpunkt geboten werden. Die Evangelische Kirche ist seit Beginn Unterstützer von „EDELGARD schützt“. Mehrere Kirchengemeinden sind bereits Kooperationspartner und damit als Schutzräume gelistet.
Mehr dazu unter www.edelgard.koeln und auf den Seiten www.koelner-initiative-gegen-sexualisierte-gewalt.de
Foto(s): Claudia Keller