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Drei Standorte, ein „Wendepunkt“: Die Vielfalt der Angebote in der Frauenberatung Kalk des Diakonie Michaelshoven e.V. drückt sich im neuen Namen aus

Die Frauenberatung Kalk des Diakonie Michaelshoven e.V. hat einen neuen Namen
„Die Vielfalt unserer Angebote lässt sich unter dem Namen `Frauenberatung´ nicht mehr zusammenfassen“ waren sich Marina Walch, Leiterin der Frauenberatungsstelle Kalk, und ihr Team einig. Der neue Name „Wendepunkt“ für die Beratungsstelle mit mittlerweile drei Standorten soll dem Angebot eher gerecht werden. Am Standort Mülheim fand die „Taufe“ statt.

Der neue Name als Programm
Ein „Wendepunkt“ sollen die drei Standorte der Beratungsstelle in doppelter Hinsicht für die Klientinnen (und Klienten) sein: Als geschützter Raum, in dem Menschen Unterstützung finden, aber auch als jener Zeitpunkt im Leben, zu dem die Beratungsstelle aufgesucht wird. „Der Wendepunkt soll der Ort sein, an dem sich ein Mensch in Not zu einer aktiven Veränderung entscheiden kann. Wir wollen mit den Frauen, Kindern und Männern in Krisensituationen Lösungen finden, durch die sie ihr Leben selbstbestimmter gestalten können“ definiert Walch die Aufgaben ihres Teams.
Das Spektrum der Angebote hat sich seit ihrer Eröffnung im Jahr 2000 gewaltig erweitert. Versteckt in der Kalker Hollweghstraße praktizierte die erste „Frauenberatungsstelle Kalk“, deren Haupt-Aufgabe die Hilfe bei häuslicher Gewalt war. Nach 180 Beratungen im Jahre 2001 zählt der „Wendepunkt“ mittlerweile 840 „Fälle“ im Jahr 2008. Beraten wird in sechs Sprachen, als Opfer von Gewalt oder Stalking steht das Angebot in Mülheim und Finkenberg mittlerweile auch Männern offen, während die Kalker Beratungsstelle ein geschützter Raum nur für Frauen bleiben soll .

Acht Jahre Wachstum
Anhand der Geschichte der fiktiven „Frau P.“ versuchte Marina Walch bei der Feier zur „Neutaufe“ den Zahlen Leben einzuhauchen. „Im November 2000 hätte Frau P. noch Schwierigkeiten gehabt, uns zu finden“ erinnerte sie in ihrer Rede an die Anfänge. Damals eröffnete die reine Frauenberatungsstelle in der Kalker Hollweghstraße mit einer Öffnungszeit von sechs Wochenstunden. Die Räume wurden auch von einer Mädchengruppe und einer Hausaufgabenbetreuung genutzt. Schon nach einem halben Jahr konnte die Frauenberatungsstelle Räume im Kalker Bezirksrathaus, direkt an der Kalker Hauptstraße, beziehen. „Jetzt konnte Frau P. schon beim Einkaufen über uns stolpern“.
Seit 2001 können auch Beratungen in türkischer Sprache stattfinden. 2002 sorgt eine Neuerung im NRW-Polizeigesetz für neue Arbeit: Seitdem hat die Polizei bei häuslicher Gewalt die Möglichkeit, den gewalttätigen Partner für zehn Tage aus der Wohnung zu weisen. Die Kontaktdaten der Opfer kann die Polizei auf Wunsch direkt an die Beratungsstelle faxen.
„2002 wird Frau P. von uns angerufen“ heisst es auch in Walchs Bericht. Die Zahl der Polizeifaxe steigt zwischen den Jahren 2002 – wo es cirka 120 Anfragen gab – und 2003 um mehr als das Doppelte an und klettert auf rund 560 im Jahr 2008. „Das ging langsam an den Rand unserer Kapazitäten“ erinnerte sich Walch im Rückblick. Die steigende Nachfrage ging einher mit einer Erweiterung des Angebots: Seit 2003 gehört eine entwicklungspsychologische Betreuung für Kinder dazu, 2004 eröffnet eine Außenstelle in Finkenberg.

Angebote auch für männliche Opfer. Weitere Sprachen: russisch und polnisch
„2005 bekommen wir wieder ein Fax, diesmal geht es um den Sohn von Frau P., der bei seinem Vater lebt und misshandelt wird“. Seitdem können auch Männer als Opfer häuslicher Gewalt die Beratungsstelle aufsuchen. 2006 eröffnen die neuen Beratungsräume in Mülheim, außerdem stößt eine Kollegin, die russisch und polnisch spricht, zum Team. Mit der Sprach- und Kulturkompetenz ihrer Mitarbeiterinnen trägt die Beratungsstelle der Zusammensetzung im rechtsrheinischen Einzugsgebiet Rechnung. 38,1 Prozent der Klienten haben die deutsche Staatsangehörigkeit, weitere 10 Prozent sind Deutsche mit „Migrationshintergrund“. 19,8 Prozent sind türkische Staatsbürger, zusammengerechnet 13,6 Prozent stammen aus Polen, Russland, dem übrigen Osteuropa und dem Balkan. 7,6 Prozent kommen aus afrikanischen Ländern. Seit 2008 kann auch eine psychologische Beratung auf Türkisch stattfinden, auch Gruppenangebote gibt es seitdem für türkische Frauen.

Beratung vor Ort
Nicht alle Hilfesuchenden finden den Weg zur Beratungsstelle. Seit dem Sommer 2009 kam die Beratungsstelle auf die Räder: Mit finanzieller Unterstützung durch eine Erbschaft und den American International Women´s Club of Cologne (AIWCC) konnte ein Kleinbus angeschafft werden, der auf Wochenmärkten und Veranstaltungen Infomaterial verteilt. Der Innenraum enthält ein mobiles Büro, in dem kurzfristig Gespräche stattfinden können. Die Themen, konnte Mitarbeiterin Bettina Wortmann feststellen, mit denen die Frauen den Bus aufsuchen, decken sich mit denen in der Beratungsstelle. Gleichzeitig kommt eine neue Klientel dazu: „Wir sehen in unseren Räumen relativ wenig Senioren, aber auf Märkten werden wir oft von älteren Frauen, die nicht so gut zu Fuß sind, angesprochen“ berichtet Wortmann. Auf Wochenmärkten wurden sie auch von Markthändlerinnen angesprochen und erhielten Kleider- und Möbelspenden. Die Schirmherrschaft über das innovative Projekt übernahm noch vor seiner Wahl OB Jürgen Roters.

Neues Angebot: Beratung für Stalking-Opfer
Seit 2009 gehört auch Beratung für Stalking-Opfer zum Angebot. Die Handlung ist älter als das Wort, die Lebensrealität brutaler als die Definition im Wissenschaftlerdeutsch: „Stalking“, definiert als „beabsichtigtes und wiederholtes Verfolgen, so dass Sicherheit und Lebensgestaltung beeinträchtigt werden“, gilt seit 2007 als Straftat. Was sich so nüchtern anhört, bedeutet im Alltag für die „Gestalkten“ Verfolgungen, Telefon- und E-Mail-Terror, Belästigungen und Bedrohungen bis hin zu körperlichen Attacken. Täter sind häufig Ex-Partner/innen oder abgewiesene Liebes-Kandidat/inn/en. Betroffene Frauen und Männer finden seit diesem Jahr Hilfe im „Wendepunkt“. Annika Sobek berät und informiert über das Phänomen „Stalking“ und Abwehrstrategien: „Wir vermitteln in der Verhaltensberatung klare Regeln zum Umgang mit Stalkern. Zum Beispiel wissen viele Betroffene nicht, dass ihre Lösungsversuche kontraproduktiv sind,etwa, wenn sie dem Täter ihre Zurückweisung „erklären“. Wir raten ihnen, auf Kontaktversuche des Stalkers überhaupt nicht zu reagieren.“ Dank der Unterstützung der Kölner Opferhilfe ist im Wendepunkt bis 2010 eine halbe Stelle für die Beratung bei Stalking gesichert.

Standorte
Der Wendepunkt – Frauen*Beratung und Gewaltschutzzentrum – Diakonie Michaelshoven e.V., Die Sozialen Hilfen Köln
Danzierstraße 142 a
51063 Köln
Telefon 0221/ 9956-4444
Fax 0221/ 9956-4943
Wendepunkt@diakonie-michaelshoven.de
Öffnungszeiten dienstags, donnerstags und freitags von 9 – 12 Uhr, montags, dienstags und donnerstags 15 – 18 Uhr

[Aktualisierung Oktober 2022: die Standorte in Kalk und Finkenberg wurden inzwischen geschlossen.]
Der Wendepunkt – Frauenberatungsstelle in Kalk

Der Wendepunkt Finkenberg

Text: Annette v. Czarnowski
Foto(s): v. Czarnowski