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Dr. Julia Strecker wurde in der Kirchengemeinde Köln-Klettenberg verabschiedet

Mitte Januar wurde Pfarrerin Dr. Julia Strecker in einem Gottesdienst im Tersteegenhaus in Köln-Sülz herzlich verabschiedet. Sechs Jahre war sie in der Evangelischen Kirchengemeinde Köln-Klettenberg mit einer halben Stelle zur Entlastung für die kreissynodale Arbeit von Pfarrerin Susanne Beuth tätig gewesen.

Streckers beruflicher Weg ist gespickt mit Engagements in verschiedenen Stellen und Projekten. Ihre Kindheit verbrachte die gebürtige Bonnerin, Jahrgang 1959, im Rheinland. „Wir sind relativ oft umgezogen.“ Nach dem in Mülheim an der Ruhr abgelegten Abitur gönnte sich Strecker eine Auszeit und ging auf Reisen. 1978 nahm sie in Wuppertal ihr Theologie-Studium auf, bestand 1984 in Göttingen das Examen. „Doch ich fühlte mich viel zu jung für das Pastorinnenamt.“ Stattdessen zog es sie im Auftrag von Aktion Sühnezeichen Friedensdienste nach Philadelphia. In Übersee war sie drei Jahre in einem interreligiösen und -kulturellen Frauenprojekt tätig.

Vikariat an der Antoniterkirche
„Ich begleitete damals Frauen und ihre Kinder, überwiegend Töchter, die von Vätern, Stiefvätern, Großvätern, Nachbarn sexuelle Gewaltübergriffe erlitten hatten.“ Dabei habe sie auch zahlreiche seelsorgerische wie allgemein religiöse Gespräche geführt, die von einer großen Offenheit geprägt gewesen seien. „In dieser Zeit ist mir klar geworden, dass ich mit der pastoralen Rolle sehr gut anfreunden kann.“ So leistete sie von 1987 bis 1989 ihr Vikariat an der Antoniterkirche in der Kölner City. 1990 erfolgte in der Johanneskirche in Köln-Sülz die Ordination. Zu diesem Zeitpunkt war sie bereits innerhalb des Besuchsdienstprojektes des Evangelischen Kirchenkreises Köln-Mitte beschäftigt. Auch diese Erfahrung möchte sie nicht missen, die zahlreichen Gespräche mit unterschiedlichen Menschen über die Kirche, in denen auch Kritik und Wünsche an die Institution geäußert wurden.

„frauseits“ ins Leben
1990 ging sie für ein Jahr in die Schweiz, betreute eine kleine Berggemeinde in Graubünden. Anschließend folgte sie dem Ruf auf die im Kirchenkreis Köln-Mitte neu eingerichtete Pastorinnenstelle für Frauen- und Mädchenarbeit. Die Initiative kam vom synodalen Fachausschuss für Frauenfragen. Angesiedelt war diese Stelle zunächst an der Antoniterkirche, später an der Kreuzkirche. „Schwerpunkte bildeten Seelsorge und Beratung“, erinnert Strecker. Unter anderem habe sie regelmäßig Gesprächskreise angeboten. Und gemeinsam mit der damaligen Frauenbeauftragten Jutta Eggeling das Programm „frauseits“ ins Leben gerufen. Streckers nächste berufliche Station bildete die Evangelische Studierenden-Gemeinde (ESG) an der Uni Köln. In deren Gebäude in der Bachemer Straße initiierte sie etwa die Sandkapelle.

Von Freiburg nach Köln-Deutz
2001 verließ sie die ESG und wechselte an das Institut für Praktische Theologie der Uni Bonn. Dort arbeitete sie zum Thema Rituale, hielt Seminare und war auch als Beraterin der Studierenden sehr gefragt. „Mich hat interessiert, was ist die Verbindung, was sind die Unterschiede zwischen den Ritualen in der seelsorgerischen und therapeutischen Arbeit“, so die Pfarrerin. Bereits in den 90er Jahren hatte sie sich fortgebildet in Gewalttherapie. 2002 bis 2006 absolvierte sie eine Fortbildung in Systemischer Familientherapie. Innerhalb dieses Abschnitts ließ Strecker sich 2003 bis 2005 beurlauben, um in Freiburg ihre Dissertation zu schreiben: „Rituale in systemischer Therapie und Seelsorge unter besonderer Berücksichtigung der Geschlechterdifferenz“. Zudem arbeitete sie in der dortigen Evangelischen Ehe- und Lebensberatungsstelle. Nach ihrer Rückkehr nach Köln musste sie sich zunächst der von der rheinischen Landeskirche vorgeschriebenen Fähigkeitsprüfung für Theologinnen und Theologen unterziehen, die „eine Weile“ kein Pfarramt innehatten. Darauf folgte eine Pfarrstelle mit besonderem Auftrag in der Evangelischen Kirchengemeinde Köln-Deutz/Poll.

Zum Abschied eine Aufführung von all inclusive
Seit 2009 wirkte sie in der Evangelischen Kirchengemeinde Köln-Klettenberg. „Julia Strecker setzte Akzente. Sie engagierte sich auch in der Behindertenarbeit und erwärmte sich für das Theaterprojekt ´all inclusive´ für Menschen mit und ohne Behinderung“, wird die Pfarrerin anlässlich ihrer Verabschiedung im Gemeindebrief gewürdigt. Gemeinsam mit der Theologin und Theaterpädagogin Gundula Schmidt leitete sie eine inklusive Theatergruppe von rund zehn Teilnehmenden, die alle sechs Monate ein neues Stück aufführt. Zur Verabschiedung überraschte die „tolle Gruppe“ Strecker mit dem Stück „Von Liebe und Tod, alles andere ist Mumpitz“. Auch der von ihr begründete Meditationskreis und der Frauengesprächskreis sollen ohne sie weiter laufen. Das gilt ebenso für das ökumenische Projekt „Tandem“: jeweils ein evangelischer und katholischer Christ „erzählen sich etwas“, tauschen sich über Glaubens- und Lebensfragen aus.

„Beim Gehen entsteht der Weg“
Nun wird sich Strecker ganz ihrer 2008 in Köln eröffneten Praxis für systemische Paar- und Familienberatung und -therapie widmen. Ihr Angebot umfasst ebenso Einzel- und Teamsupervision, generell Krisenintervention. Außerdem setzt sie ihre „Referentinnentätigkeit in Akademien, Pastoralkollegs, Predigerseminaren und diversen Bildungseinrichtungen“ fort. Gleichwohl will sie nicht ausschließen, dass sie mit ihren vielfältigen Fähigkeiten noch einmal eine Pfarrstelle antreten wird. „Aber momentan bin ich ganz zufrieden, genieße die neu gewonnene Freiheit. Ich habe 'Ja' gesagt zu der Herausforderung und Chance, etwas Eigenes zu schaffen: Beim Gehen entsteht der Weg“, formuliert Strecker zuversichtlich.

Text: Engelbert Broich
Foto(s): Engelbert Broich