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Dorothee Schaper als Frauenbeauftragte des Evangelischen Kirchenverbandes Köln und Region eingeführt

„Alles hat seine Zeit“, sagte die Superintendendentin des Kirchenkreises Köln-Rechtsrheinisch Andrea Vogel bei der Begrüßung im Gottesdienst in der Kartäuserkirche zur Einführung der neuen Frauenbeauftragten des Evangelischen Kirchenverbandes Köln und Region (EKV), Dorothee Schaper. Mit einer 25 Prozent-Stelle bekleidet die Pfarrerin ihr neues Amt bereits seit Januar diesen Jahres. Schaper arbeitet neben ihrer neuen Tätigkeit als Frauenbeauftragte bereits seit 2000 als Studienleiterin und Beauftragte für das christlich-muslimische Gespräch mit halber Stelle in der Melanchthon-Akademie. Sie unterrichtet außerdem Religion an der Offenen Schule Köln.

Mit Fehlerfreundlichkeit und Vergebungsbereitschaft
„Alles hat seine Zeit“ könne man auf den geringen Stundenumfang der Stelle beziehen, so Vogel – aber auch mit Blick auf die Aufgaben, die vor der neuen Beauftragten liegen. Und die Superintendentin mahnte sie, klug zu organisieren, Schwerpunkte zu setzen – mit „Fehlerfreundlichkeit und Vergebungsbereitschaft“ – und immer zu bedenken, dass man nicht alles schaffen könne. Manchmal bedeute dies auch: „Jetzt dieses nicht!“. In Anbetracht des Aufgabenkatalogs, den Vogel aus der Dienstanweisung Schapers zitierte – unter anderem Vernetzung und Kontaktpflege von Frauengremien in Köln und auf landeskirchlichen Ebenen, Unterstützung von ehrenamtlichen Multiplikatorinnen, Vermittlung feministischer Impulse in der theologischen Arbeit, Ermutigung zu frauengemäßen Wegen und frauengerechter Sprache – eine echte Herausforderung! Schaper sei aber nicht allein, sagte Vogel weiter. Unterstützung habe sie vom Arbeitskreis für Frauenfragen im EKV, der sich schon lange in kirchlichen Frauenthemen engagiert.

„Wie wollen wir in Zukunft in Verschiedenheit zusammenleben?“
„Ich schreibe Dir später zurück. Jetzt werde ich erst mal predigen so wie Du vor 500 Jahren auch, ich melde mich dann wieder und erkläre Dir was eine Frauenbeauftragte ist…“ Mit diesen Worten aus einem Brief an die Reformatorin Katharina Zell aus Straßburg (*1497) begann Schaper ihre Predigt über den Brief des Paulus an die Galater, in der sie sich mit der zentralen Frage „Wie wollen wir in Zukunft in Verschiedenheit zusammenleben?“ auseinandersetzte – „Eine Frage, die meines Erachtens für Köln, für Europa, für diese Welt schon lange von entscheidender Bedeutung ist“, so die neue Frauenbeauftragte. Zusammenleben in Verschiedenheit auf Augenhöhe falle in der Regel nicht vom Himmel, sondern brauche Training, Erinnerung, Mut und Zuversicht für Menschen verschiedenen Geschlechts, verschiedener Herkunft, verschiedener Religionszugehörigkeit, verschiedener sexueller Orientierung und für Menschen, die mit verschiedenen Begabungen ausgestattet seien, erklärte sie.

Übungsfelder, um Vielfalt einzuüben
Die Worte von Paulus aus Galater 3, 28 „Es gibt nicht Juden und Griechen, nicht Sklaven und Freie, nicht männlich und weiblich; denn ihr alle seid einer in Christus Jesus“, würden zeigen, dass ihn die Frage nach dem Zusammenleben in Verschiedenheit auch schon umgetrieben habe, erklärte die Pfarrerin und ergänzte – beeindruckend gelesen vom Südstadtchor, der den Gottesdienst auch musikalisch begleitete – eine feministische Auslegung der Bibelstelle von Katharina Zell, die diese vor 500 Jahren geschrieben hatte. „Wir brauchen in einer sich weiter differenzierenden und sich verändernden Gesellschaft Übungsfelder, um Vielfalt einzuüben“, stellte Schaper fest. In diesem Zusammenhang sei die Ehe für alle eine echte Errungenschaft, und das ganz aktuelle Urteil des Verfassungsgerichtes zu Intersexualität sei ihres Erachtens ebenso eine Lern- und Übungsgelegenheit „auf dem Weg uns alle in großer Verschiedenheit wahr- und anzunehmen.“

Anerkennung der Anderen muss nicht bedrohlich sein
„In Christus, der den Juden ein Jude, den Muslimen ein wichtiger Prophet, den Atheisten und Agnostikern nicht so wichtig ist, ist weder Sklave noch Freier, weder männlich noch weiblich… und so braucht uns die Anerkennung der Anderen nicht bedrohlich sein. So deutet sich die Perspektive auf das Reich Gottes an“, so Schaper. Aktuell heiße dies „Wir müssen nicht ein Heteropaar sein, um Kinder groß zu ziehen. Wir müssen uns nicht mehr entscheiden, ob wir Mann oder Frau sein wollen. Wir müssen nicht Christin sein, um im sogenannten christlichen Abendland dazuzugehören. Wir müssen nicht Wohnung und/oder Arbeit vorweisen, um dazuzugehören. Wir müssen nicht über einen verfestigten Aufenthaltsstatus, geschweige denn einen deutschen Pass verfügen, um dazuzugehören. Und auch diejenigen, die heute auf ihrem Fluchtweg in Libyen zu Sklavinnen und Sklaven gemacht werden und gegen harte Währung verkauft werden, gehören dazu!“

Reformatorinnen waren wichtige Entdeckung
Am Ende ihrer Predigt richtete die Frauenbeauftragte sich wieder in ihrem Brief an Katharina Zell. Darin erzählte sie, welche wichtige Entdeckung die Reformatorinnen für sie und ihre Kolleginnen gewesen sei. Schaper erzählte weiter, was sich seit der Reformation für Frauen alles getan hat: „Heute gibt es ordinierte Pfarrerinnen, Rabbinerinnen und nun auch eine erste Imamin in Köln. Es gibt Superintendentinnen, Pröbstinnen und Bischöfinnen… auf dem Papier haben wir mittlerweile die gleichen Rechte und Pflichten wie unsere männlichen Kollegen und auch an den Universitäten gibt es Professorinnen, die feministisch und gendersensibel denken.“ Und gleichzeitig beklagte Schaper den zurzeit stattfindenden massiven Abbau von feministischen Einrichtungen und Frauenprojekten auf allen Ebenen, wobei sie auch ihre eigene Stelle als Beispiel anführte. Sie fragte: „Kann unsere Kirche es sich tatsächlich leisten, auf aktive Feministinnen zu verzichten?“

Tischgespräch über starke Frauen der Reformation jetzt auf CD
Schaper berichtete von Projekten über Reformatorinnen – zum Beispiel die Lesung „Hier stehen wir und wollen es anders“ – ein szenisches Tischgespräch über starke Frauen der Reformation, bei dem christliche, jüdische, muslimische und säkulare Frauen aus verschiedenen Jahrhunderten zu Wort kommen. Diese Veranstaltung ist am Mittwoch, 29. November um 19 Uhr in der Kartäuserkirche, Kartäusergasse 7 nochmals zu hören. Die Tischgespräche sind gegen eine Spende auch als Audio-CD in der Melanchthon-Akademie erhältlich.

Ausstellung „Reformatorinnen. Seit 1517" eröffnet
Im Anschluss lud die neue Frauenbeauftragte des Evangelischen Kirchenverbandes Köln und Region zur Eröffnung der Ausstellung "Reformatorinnen. Seit 1517" ins Haus der Evangelischen Kirche in Köln ein. Die Ausstellung präsentiert bedeutende Frauen der Reformation wie zum Beispiel Argula von Grumbach, Elisabeth von Calenberg-Göttingen, und auch modere Theologinnen wie Ilse Härter und Dorothee Sölle. Mit einem Empfang feierten die Besucher so die Einführung von Dorothee Schaper in ihr neues Amt und die Eröffnung der Ausstellung, die noch bis 1. Dezember im Haus der Evangelischen Kirche in der Kartäusergasse 9-11 in Köln zu sehen ist. Der Eintritt ist frei.

Text: Susanne Hermanns
Foto(s): Susanne Hermanns