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Die „Zitronenpresse“ wird 50

„Zitronenpresse“ wird sie im Volksmund liebevoll genannt – die Markuskirche. Ein Festgottesdienst erinnerte an dieses Jubiläum.

„Am Freitag waren die Bauarbeiten beendet, aber in der Kirche lag noch der Dreck. Keiner glaubte daran, dass die Kirche zur Einweihung fertig werden würde“, erinnerte Pfarrer Andreas Daniels an die Einweihung der Markuskirche 1963. Aber die Hausfrauen der Gemeinde ließen sich nicht abschrecken, rückten mit Schrubber und Sofix an, und sorgten für eine saubere Kirche. „Die Menschen kamen, weil es ihre Kirche war“, erinnerte Daniels, dessen Onkel in der Kirche ordiniert wurde.

Kirche in Frauenhand

Wie verbunden sich die Porz-Eiler noch mit ihrer Kirche fühlen, zeigte auch ein Blick auf die Gästeliste: Neben Vertretern der Lokalpolitik wie Bezirksbürgermeister Willi Stadoll und Bürgeramtsleiter Norbert Becker war die ehemalige Gemeindeschwester Hedwig Claaßen aus Kassel angereist. In der bis auf den letzten Platz besetzten Kirche saßen auch der ehemalige Pfarrer Klaus Schartmann aus Sachsen-Anhalt sowie mit Erich Frehse und Karl Goebel zwei weitere ehemalige Seelsorger. Bekannt war die Porzer Gemeinde dafür, dass mit Sigrid Volkmann dort eine der ersten Kölner Pfarrerinnen tätig war. „Die Pastorin“, wie sie im Volksmund genannt wurde, konnte aus gesundheitlichen Gründen nicht anreisen, legte aber großen Wert darauf, eine Aufzeichnung des Gottesdienstes zu verfolgen. Im gleichen Jahr hatte mit Ursula Köhler auch Kölns erste Gemeindepfarrerin ihren Dienst in Nippes angetreten „Pfarrerinnen gab es damals nicht in der Selbstverständlichkeit, in der wir heute diesen Dienst gleichberechtigt tun“ erinnerte auch Andrea Vogel, Superintendentin des Kirchenkreises Köln-rechtsrheinisch, in ihrem Grußwort an die Gemeindegeschichte.

Kristall und Zitronenpresse

Als 1962 der Grundstein für die „Zitronenpresse“ gelegt wurde, boomte Porz, damals noch ein eigenständiger Vorort Kölns. Etwa ein Drittel der über 55.000 Einwohner, so Wolf-Dieter Raudsep in seinem Beitrag zur Festschrift, war evangelisch, wiederum etwa ein Drittel davon lebte in dem Neubaubezirk Neu-Porz/Eil/Urbach. Der Zuzug protestantischer Ostflüchtlinge ins katholische Rheinland hatte auch hier seine Spuren hinterlassen. Die Gemeinde war aufgeteilt auf drei Pfarrbezirke. Im Neubaugebiet Neu-Porz/Eil/Urbach hatte die Verwaltung bereits in den 50er Jahren ein Gelände für eine evangelische Kirche mit Gemeindehaus, Pfarrhaus, Küsterwohnung, Kindergarten und Jugendräumen eingeplant, 1960 erwarb die Gemeinde 5.842 Quadratmeter Baugrund für 16.578 Mark von der Stadt Porz, ein Preis, der, so Raudsep, „ein wöchentliches Halleluja verdient hätte, der aber auch zeigt, welchen Stellenwert die Stadt dem Bau zumaß“. Andere Porzer Gemeinden erhielten ihre Grundstücke von der Stadt sogar kostenlos. Im Architektenwettbewerb bekam Walter Meyer-Hermann aus Köln -Mülheim den Zuschlag. Ein Kristall soll Meyer-Hermann zur Dachkonstruktion inspiriert haben.

Sigrid Volkmann stemmte in diesen Jahren gleichzeitig, offiziell noch als Pfarrvikarin, die Gemeindearbeit, während das Verfahren zur Einrichtung einer weiteren Pfarrstelle lief. Dass sich die Gemeinde Volkmann für die neu geschaffene Pfarrstelle wünschte, war bereits deutlich. Ihre Ordination war Teil des Festgottesdienstes am 15. Dezember 1963. Gleichzeitig war sie die erste im Rheinland ordinierte Pfarrerin.

Musikalische Gemeinde

Wolfgang Amadeus Mozarts Messe in C-Dur, KV 317 erklang zum Jubiläumsgottesdienst, und damit wurde bereits ein Schwerpunkt der heutigen Gemeindearbeit, die Kirchenmusik, deutlich. Die Porzer Kantorei, das Porzer Kammerorchester, ein Posaunenchor, ein Gospelchor und ein Kinderchor sorgen für „klangvolle“ Gemeindearbeit.

Im Presbyterium sind viele „Altgediente“ wie Manguela Fokuhl, die schon seit 25 Jahren dabei ist.

„Verantwortung übernehmen ist meiner Meinung nach Bürgerpflicht, das gilt umso mehr für Christinnen und Christen“, betont Sie. Auch Pfarrer Martin Garschagen lobt den Einsatz der vielen Ehrenamtler, vor allem in der Lebensmittelausgabe.

Viele Herausforderungen musste die Gemeinde in ihrer fünfzigjährigen Geschichte meistern, die neueste ist die demographische Entwicklung: 19.000 Personen zählte die evangelische Kirchngemeinde Köln-Porz 1963, heute sind es 11.000. „Viele junge Familien ziehen ins Umland, weil Porz als Wohnort zu teuer wird“, konstatierte Garschagen. Für eine lebendige Gemeinde sorgen heute neben der Jugendarbeit eine gut besuchte Gemeindebücherei und ein Frauengesprächskreis.

5.185 Jugendliche wurden in der Markuskirche konfirmiert, 1.425 Ehepaare getraut, 4.450 Kinder getauft und 4.415 Verstorbene beerdigt. Die vergangenen Jahre waren geprägt von Umstrukturierungen und Einsparungen. Wenn Garschagen in den Ruhestand geht, muss die Gemeinde mit einer Pfarrerstelle auskommen. Zu den Zukunftsplänen gehört, die Nebengebäude der Kirche abzureißen und neu zu bauen.

Text: Annette von Czarnowski
Foto(s): Annette von Czarnowski