„Die Zeit ist reif – wofür?“ Zeitmanagement beim Ehrenamtstag

Günter A. Menne denkt die Sache konsequent vom Ende her durch. Zumindest vom Ende des mühseligen und beladenen Erdenlebens her: „Verfassen Sie doch einfach mal Ihre eigene Grabrede““, rät der zertifizierte Coach und Leiter des Amts für Presse und Kommunikation des Evangelischen Kirchenverbands Köln und Region den Teilnehmerinnen und Teilnehmern an seinem Workshop. Verblüfftes Schweigen, Menne legt einige Sekunden Kunstpause ein, in der sich Spannung aufbauen kann. Dann fährt er fort: „Wenn Sie darüber nachdenken, was Ihre Familie und Ihre Freunde alles über Sie bei Ihrer Trauerfeier erfahren sollten, dann kommen Sie ganz von selbst darauf, was Ihnen im Leben jetzt wichtig ist.“

Ein Tag rund um die Zeit
Und dann, so spinnt der Coach den Gedankengang weiter, werde man auch einiges über seine innersten Werte und Haltungen erfahren und diese künftig als Zielvorstellung stärker bei allem Handeln und Tun berücksichtigen, mithin erfüllter und zufriedener leben. „Die Zeit ist reif – wofür?“ hatte Menne seine Veranstaltung im Rahmen des Ehrenamtstags des Evangelischen Kirchenkreises Köln-Nord unter der Überschrift „Ein Tag rund um die Zeit“ in der Erlöserkirche genannt. Parallel fanden zwei weitere Workshops statt: „Alles hat seine Zeit“ mit der Diplom-Sportlehrerin Sabine Steininger-Bollmann von der Evangelischen Familienbildungsstätte, wo es um Techniken zur Entspannungs- und zum Stressabbau ging, sowie „Meine Zeit steht in Gottes Händen“ mit dem Pfarrerehepaar Eva und Jürgen Manderla aus der Evangelischen Kirchengemeinde Quadrath-Ichendorf: Darin konnte erkundet werden, wie sich Spiritualität im Alltag leben lässt.

Wie findet man in den Zwängen des Alltags noch Zeit für Glauben und Frömmigkeit?
In jedem zweiten Jahr – abwechselnd mit dem Frauentag – bietet der Evangelische Kirchenkreis Köln-Nord seinen ehrenamtlich Mitarbeitenden einen Tag an, an dem sie sich intensiv mit einem Thema auseinandersetzen können. Diesmal also ging es um die „Zeit“: „Das soll jetzt aber keineswegs so verstanden werden, als ginge es bloß um effizientes Zeitmanagement, wie es vielleicht unter rein ökonomischen Gesichtspunkten sinnvoll erscheint“, stellte Susanne Zimmermann, Pfarrerin in der evangelischen Kirchengemeinde Mauenheim-Weidenpesch und Synodalbeauftragte für das Ehrenamt im Kirchenkreis-Nord, klar. „Es geht eher darum, wie man in den Zwängen des Alltags noch Zeit für Glauben und Frömmigkeit, für Muße findet.“
Daher, so Sybille Noack-Mündemann, Pfarrerin in Ossendorf und ebenfalls Synodalbeauftragte für das Ehrenamt, sei es eben wichtig, dass man „auf die richtige Spur“ kommt, was die eigenen Werte angeht, und nicht falschen Versprechungen von effektivem Zeitmanagement Glauben schenkt: „Moderne Technologien wie das Internet oder das Handy erweisen sich sogar häufig als regelrechte ,Zeitfresser'“.

Was will ich erreichen?
Das bestätigte Günter A. Menne, der bei seinem Vortrag gleich auf den „Power-Point“ verzichtete und stattdessen mit einem Flipchart arbeitete: „Man hat herausgefunden, dass sich die Arbeit seit der Einführung des Internets um rund 35 Prozent ,verdichtet‘ hat, dass man also durchschnittlich 35 Prozent mehr an Anforderungsvolumen bewältigen muss.“ Er ermunterte seine Zuhörerinnen und Zuhörer, lieber langfristig zu denken: „Stellen Sie sich die Frage: ,Was will ich erreichen, wo will ich sein in fünf, zehn oder 15 Jahren‘, und überprüfen Sie regelmäßig, wie weit Sie gekommen sind.“

Beim Zeitmanagement geht es auch darum, Zeit für Muße und "stille Stunden" einzuplanen, machte der Referent Günter A. Menne klar.


Die Balance zwischen „ja“ und „nein“
Ziele hat nun auch Jessica Golitz. Sie gehörte zu den rund 50 Ehrenamtlern aus dem Kirchenkreis Köln-Nord, die an diesem Tag in der Erlöserkirche teilnahmen. „Wichtig fand ich den Gedanken, dass man seine Balance finden muss, auch psychisch“, meinte sie. „Man muss auch mal ,nein‘ sagen können, wenn die Zeit einfach nicht reicht. Das gilt leider manchmal auch für die ehrenamtliche Arbeit.“

Text: Hans-Willi Hermans
Foto(s): Hermans