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„Die Würde eines jeden Menschen ohne Obdach muss im Mittelpunkt stehen“. Pfarrer Iffland träumt – nicht nur zu Weihnachten – von einem Hotel für Obdachlose

Obdachlose und Hotel? Nur scheinbar ein Widerspruch, sagt Karl-Heinz Iffland, Obdachlosenpfarrer des Evangelischen Kirchenverbandes Köln und Region, Pfarrer in Ehrenfeld, Diplom-Psychologe und Vorsitzender des Vereins Kölner Arbeitslosenzentrum (Kalz). Und in seiner letztgenannten beruflichen Eigenschaft hat Iffland eine verwegene Idee. Kurz gesagt: das „Hotel Gulliver“.

Das „Tagesangebot“ für Obdachlose ist durch „Gulliver“ gesichert. Doch: Was ist mit den Nächten?
Seit Jahren betreibt das Kalz in einem Bahnbogen an der Trankgasse unter dem Kölner Hauptbahnhof die Überlebensstation für Obdachlose „Gulliver„. Nun ist Iffland auf der Suche nach einer Immobilie in Bahnhofsnähe für das geplante „Hotel Gulliver“. Dort sollen 30 Übernachtungsplätze für Obdachlose eingerichtet werden. Denn: „Das ,Gulliver‘ hat ein Tagesangebot. Aber natürlich sind auch die Nächte ein Thema“, sagt Iffland und verweist auf die frostigen Temperaturen, die vor Weihnachten herrschten.

Hunde, Gruppen oder Paare haben in städtischen Einrichtungen keine Chance
Erschwerend kommt dazu: „Viele Obdachlose haben so genannte „Übernachtungshemmnisse'“, sagt der Pfarrer. Dazu zählten etwa Hunde, eine Lebenspartnerin oder ein -partner. Beides sei in den städtischen Einrichtungen für Obdachlose nicht gern gesehen. Auch Gruppen wie zum Beispiel Punker, die sich zusammengeschlossen haben, könnten dort gemeinsam nicht so übernachten, wie sie es wollten. „Es geht um ein möglichst niederschwelliges Angebot“, erklärt Iffland.
In den städtischen Einrichtungen könne man drei Nächte schlafen, dann gerate man zwangsläufig in die städtische Hilfeplanung. Das wollten viele Obdachlose aber nicht. Überhaupt gebe es auf Seiten der Obdachlosen jede Menge Vorbehalte gegen städtische Schlafstellen.
In den vergangenen, sehr kalten Nächten hatte das „Gulliver“ geöffnet. Rund 30 Berber haben dort übernachtet. „Das war total unkompliziert“, erinnert sich Iffland, der an der Entscheidung maßgeblich beteiligt war, die Notschlafstelle im Bahnbogen außerplanmäßig zu öffnen. In einem Hotel könne man das alles anders aufziehen. Gegen einen überschaubaren Obolus könnten Obdachlose dort in „netten Zimmern mit Nasszelle“ wunschgemäß die Nacht verbringen. „Wir haben es mit Menschen mit Wünschen und Bedürfnissen zu tun“, weiß Iffland. Die könne man nicht behandeln wie damals in der Kleiderkammer, als er ein junger Pfarrer war. „Da hieß es ,Hier, das passt, das kannste haben, fertig‘.“ Diese Zeiten seien lange vorbei. Die Würde eines jeden Menschen ohne Obdach müsse im Mittelpunkt stehen.

Nun gilt es, Verhandlungen mit der Stadt zu führen
Gesucht wird nun eine Immobilie in Bahnhofsnähe. Ein Bahnbogen neben dem „Gulliver!“ kommt aus verschiedenen Gründen nicht in Frage. „Ein Bahnbogen ist nie ganz dicht. Außerdem ist es dort wegen der Züge sehr laut, und man leidet auch unter einer großen Staubentwicklung.“
Für das „Gulliver“ habe man damals 850.000 Mark Anfangsinvestitionen gestemmt. Wollte man in einem Bahnbogen das „Hotel Gulliver“ einrichten, müsste man gleich zu Beginn mit Kosten von 500.000 Euro rechnen. Das sei nicht zu finanzieren. Natürlich ist sich Iffland darüber im Klaren, dass „Hotel“ im Zusammenhang mit Obdachlosen ein „sozialpolitischer Reizwort“ ist. Aber die „Überlebensstation“ und das „Lore-Restaurant“ seien mittlerweile genauso anerkannt wie das Diakoniehaus Salierring. Nun gelte es, Verhandlungen mit der Stadt zu führen, damit die Hotel-Idee im nächsten Jahr Fahrt aufnimmt. Iffland macht deutlich, wo er hin will: „Das Hotel soll sehr professionell werden. Da wollen wir keinen Schnickschnack.“

Text: Stefan Rahmann
Foto(s): Rahmann