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Willibert Pauels in der Beatmessen-Bütt

„Die Wahl meines Lebens“ – Beatmesse in der Johanneskirche

Die 75 Plätze waren in Windeseile vergeben, endlich konnte man die traditionelle Beatmesse in der Johanneskirche in Köln-Klettenberg wieder live verfolgen, wenn auch mit sehr reduzierter Teilnehmerzahl. Wer trotzdem dabei sein wollte, konnte auf YouTube den Live-Stream der fast zweistündigen Veranstaltung verfolgen.

Ökumenische Beatmesse

Zweimal im Jahr gibt es die Beatmesse als ökumenischen Gottesdienst in der Johanneskirche. Pfarrer Ivo Masanek und sein Team bereiteten die Veranstaltung akribisch vor, vom Motto über die Texte und die Musik bis hin zum Gastprediger lieferten sie dann auch einen sehr gelungenen und fesselnden Gottesdienst ab. Seit 40 Jahren mit dabei ist Dominikanerpater Diethard Zils aus Mainz – und das ohne Unterbrechung. „Diethard hat seine Kroatien-Reise so gelegt, dass er auch dieses Mal wieder dabei sein kann“, erläuterte Pfarrer Masanek in seiner Begrüßung.

Auch schon lange dabei ist die Band Ruhama, bekannt für spirituelle und liturgische Rock- und Popmusik. Schließlich gibt es in jeder Beatmesse einen  Gastprediger, zu diesem Termin war zum dritten Mal Willibert Pauels dabei, dem es wieder gelungen ist, zwischen Humor und Tiefsinn gekonnt zu wechseln. „Beim ersten Mal war Willibert spontan eingesprungen, das hat so eingeschlagen, dass wir ihn gleich noch einmal und noch einmal angefragt haben.

„Das Ganze hat irgendwie Kirchentagsatmosphäre“, erläutert Pfarrer Masanek. Man steht nicht steif herum und beschallt das Publikum, es ist viel Leben in der Kirche, mitsingen ist angesagt. So startete die Beatmesse auch mit einigen Titeln von Ruhana.

„Toll, dass Ihr wieder hier seid!“

Pfarrer Masanek bereitete es sichtlich Freude, wieder vor echten Menschen zu sprechen und zu beten. „Toll, dass Ihr wieder hier seid“, so begrüßte er die Gäste in der Johanneskirche. „Im letzten Jahr wurde er Gottesdienst nur im Internet übertragen, heute stellt das ein Zusatzangebot dar.“ Immerhin wurden im Netz fast 2.000 Menschen erreicht, so viele würden niemals in die Kirche passen. „Heute ist Wahltag, das ist aber reiner Zufall. Trotzdem haben wir uns mit dem Motto der Beatmesse dem angepasst: die Wahl meines Lebens.“ Dabei gehe es um viel mehr, als eine politische Wahl, nämlich um eine Lebens- und Glaubensentscheidung.

Pater Zils zitierte in seinem ersten Gebet beeindruckende Worte eines Opfers des Nazi-Regimes, der diese Texte kurz vor seiner Hinrichtung in der Todeszelle aufgeschrieben hatte. „Aus den Einsichten und dem Bewusstsein muss man eine dauerhafte Haltung werden lassen. Dann wird das Leben frei.“

Nach dem Kyrie, musikalisch vorgetragen von Ruhana, gab es Texte zum Thema Wahl. „Was soll ich wählen? Soll ich was Neues wagen? Ich bin dankbar, ich habe die Freiheit, eine Entscheidung zu treffen. Es gibt Menschen, die haben keine Wahl, sie verkaufen die letzten Habseligkeiten, um  einen Schlepper zu bezahlen.“ Pater Ziels weist auf die Worte Jesu hin, mit denen er vor falschen Propheten warnt. „Nehmt Euch in Acht vor den falschen Propheten, an ihren Früchten werdet Ihr die richtigen Propheten erkennen.“

Willibert Pauels steigt in die Bütt

Dann stieg Willibert Pauels im wahrsten Sinne des Wortes in die Bütt. Einen Teil seiner Rede hielt er von der Kanzel, für den anderen Teil hatte er seine Pappnase mitgebracht und stellte sich frei vor die Beatmessenbesucherinnen und -besucher. Willibert Pauels zentrales Thema waren die Gegensätze. Über ihn als Diakon gab es viele Beschwerdebriefe an Kardinal Meißner, seinen damaligen Chef. Er solle sich entscheiden zwischen dem vermeintlichen Gegensatz Kirche und Karneval. Da kommt für ihn der Witz ins Spiel. „Der Witz ist befreiend, er schüttet Gegensätze auf selbstironische Weise zu.“

Das musste natürlich veranschaulicht werden, also schnell der Wechsel von der Kanzel zur Pappnase. „Fragt ein Reporter einen Betenden an der Klagemauer, wofür betest Du? Für den Frieden in der Welt. Und erfolgreich? Manchmal glaube ich, ich rede gegen eine Wand.“ Keine Witze über Woelki versprach Pauels. Nur diesen hier: „Ich wollte Woelki ein Fahrrad schenken, hat er nicht angenommen, das Rad hatte einen Rücktritt.“ Zurück zur Kanzel wurde es wieder ernster. „Gott ist der Zusammenfall aller Gegensätze, aller Spaltung. Das Christliche ist das Gegenteil von Spaltung, mit Spaltung beginnt jeder Krieg, ob im Sandkasten oder im großen Weltenbrand.“ Pauels hat seine Wahl getroffen und erinnert an Worte seine Mutter: „Nichts kann Deine Seele zerstören.“ Sein Fazit:  „Meine Wahl ist die unbedingte Ausrichtung an der Liebe.“

Kollektenzweck

Die Kollekte der Beatmesse wurde zugunsten von afghanischen Flüchtlingen gehalten, übergeben wird das Geld an den Kölner Flüchtlingsrat. Nach dem gemeinsamen Abendmahl gab es Fürbitten für alle Menschen, die keine Wahl haben. Mit einem gemeinsamen Segen von Pfarrer Masanek und Pater Zills endete der Gottesdienst. Den Ausklang lieferte Ruhama gleich mit vier Songs, die zum Mitsingen animierten. Wer sich die Beatmesse nachträglich anschauen möchte, kann das auf YouTube unter diesem Link.

Die nächsten Beatmessen gibt es in 2022 am 8. Mai und 25. September jeweils um 11 Uhr in der Johanneskirche Klettenberg.

Text: Dr. Klemens Surmann
Foto(s): Dr. Klemens Surmann