„Einmal im Leben“, begann Pfarrer Gerd Maeggi seine Predigt zum Auftaktgottesdienst der Frühjahrssynode des Ev. Kirchenkreises Köln-Mitte. „Einmal im Leben predigt man vor einer Synode in dem Stadtteil, in dem ich aufgewachsen bin, und dann noch in der Paul-Gerhardt-Kirche, in der ich Pfarrer bin.“ Maeggi legte Verse aus Nehemia 8 aus. Der Pfarrer hat mit einem jungen Mann gesprochen, der mit einem Kirchraum Ruhe, Stille und ein Klavier verbindet. „Man spürt die Sonne, obwohl man in der Kirche ist. Und dann lächelt man, weil man weiß, dass Gott da ist“, habe der Mann gesagt. „Seid nicht bekümmert, denn das Vertrauen in Gott ist unsere Stärke“, ermutigte Gerd Maeggi die Synodengemeinde.
Oberkirchenrätin Wibke Janssen berichtete in ihrem Grußwort von der Sondersynode der Landeskirche. Diese habe einen Prüfauftrag in Sachen Kirchliche Hochschule in Wuppertal beschlossen. Es soll begutachtet werden, ob durch die Transformation zu einem ein Bildungscampus, auf dem vielfältige kirchliche Ausbildungen zum Beispiel von Prädikanten und Prädikantinnen gebündelt werden, Synergien erreicht und notwendige Einsparungen erzielt werden können.
Superintendentin Susanne Beuth informierte die Synode über den Stand der Kirchenkreisfusion der linksrheinischen Kölner Kirchenkreise. Diese ist für den 1. Januar 2026 mit dem Ziel geplant, gute ressourcensparende Strukturen zu schaffen und die „Schätze“ aller drei Kirchenkreise zu bewahren. Die formalen Beschlussfassungen werden zurzeit für die Herbstsynoden der beteiligten Kirchenkreise in Abstimmung mit der Landeskirche vorbereitet.
Ein wichtiges Thema der Synode war die ForuM-Studie zur Aufarbeitung sexualisierter Gewalt in der Evangelischen Kirche und die daraus folgenden Schritte für die verschiedenen Ebenen der Kirche. Die Superintendentin informierte, dass es Veranstaltungen für Haupt- und Ehrenamtliche zum Thema sowohl im Pfarrkonvent als auch im Jugendreferat und der Melanchthon-Akademie gegeben habe, bei denen auch Betroffene beteiligt waren. Auch bei diesem Thema sei Zusammenarbeit hilfreich. So sei nun eine sogenannte Steuerungsgruppe des Evangelischen Kirchenkreises in Köln und Region und der vier Kirchenkreise gegründet worden, die abgestimmt alle sich stellenden Fragen zu Prävention, Schulungen, Intervention und Aufarbeitung bearbeite. „Die Aufarbeitung fängt jetzt erst flächendeckend an“, sagte die Superintendentin, denn die Personalverantwortung für liege ja vor Ort in den Gemeinden und Kirchenkreisen. Man erwarte Standards, die die Landeskirche vorgeben müsse, bevor alte Akten gesichtet werden. In kritischen Fällen gebe es Staatsanwälte, die in Nebentätigkeit Akten der Gemeinden prüfen würden.
Pfarrer Christoph Rollbühler von der Christuskirche berichtete von einem Fall in der Gemeinde Köln. In Bezug auf einen Pfarrer, der in den 80er und 90er Jahren dort tätig war, haben sich Hinweise auf sexualisierte Gewalt ergeben. Die Gemeinde hat bereits vor vier Jahren einen Arbeitskreis gegründet, der sich mit der Aufarbeitung beschäftigt. „Unsere Kirche hat den Täter geschützt“, sagte Rollbühler. Landeskirche, Kirchenkreis und Gemeinde haben an der Bergischen Universität in Wuppertal eine Studie in Auftrag gegeben. Modellhaft soll die Gemeinde Köln bei ihrem Umgang mit dem Fall von sexualisierter Gewalt wissenschaftlich begleitet werden.
Synodalassessorin Miriam Haseleu zog theologische Folgerungen aus der ForuM-Studie. „Viel zu lange standen Schutz der Täter*innen und der Institution Kirche im Vordergrund.“ Es gelte, die Sicht der Betroffenen in den Mittelpunkt zu stellen. Die Rechtfertigungslehre rechtfertige eben gerade nicht, dass Betroffene den Täter*innen vergeben müssten. Weiter fragte sie: „Welche Gottesbilder haben wir?“ „Vater“ und „Herr“ seien verbreitete Begriffe, die für Menschen, die von überwiegend männlichen Tätern Gewalt erfahren haben, oft schwer in ein tragendes Gottesbild zu integrieren seien. Es brauche eine trauma-sensible Seelsorge und Sprache. Es gebe viele gewaltvolle Bibeltexte, weil Gewalt Teil des menschlichen Erlebens sei. Entscheidend sei der Umgang mit den Erzählungen. Ein klarer Widerspruch gegen die Legitimierung von Gewalt sei notwendig. „Gott ist auf der Seite der Betroffenen“, sagte Miriam Haseleu weiter. Es verbiete sich, dass Täter*innen den Betroffenen einreden wollten, erlebtes Leid mache Sinn. „Leid ist nicht heilsbringend. Heilsbringend ist die Solidarität, die sich nicht abschrecken lässt.“
Susanne Beuth, Miriam Haseleu, Dorit Felsch, Christoph Rollbühler und Mareike Maeggi stellten nach einer Pause die Ergebnisse der Arbeitsgruppe „Regio-lokal in Köln-Mitte“ vor. Mitgearbeitet haben auch Gerd Maeggi, Grit de Boer und Tim Lahr. Grundannahme der Arbeitsgruppe war die These, dass nicht jede Gemeinde in Zukunft im urbanen Raum alle kirchlichen Angebote vorhalten muss. Susanne Beuth skizzierte die Ausgangslage: „Menschen verlassen die Kirche, weil sie für ihr Leben irrelevant geworden ist. Die Kirchensteuern stehen für sie in keinem Verhältnis zum Ertrag.“ Diejenigen, die bleiben würden, erwarteten auch Veränderungen. Vernetzung sei hier das Stichwort. Gerade in einem so urbanen Kirchenkreis wie Köln-Mitte müsse man die Nähe nutzen. „Nur vom Mangel ausgehen, macht keinen Spaß. Weniger kann aber Spaß machen“, sagte Pfarrerin Mareike Maeggi und erinnerte an die Pop-up-Hochzeit im vergangenen Sommer an der Christuskirche und das Tauffest vor zwei Jahren im Rheinpark. Sie appellierte an den „Spaß am einfach machen“.
Pfarrer Christoph Rollbühler sagte, je kreativer man jetzt sei, umso weniger leide man in Zukunft unter dem Zahlendruck schwindender Kirchensteuern. Die Bildung von Regionen im Kirchenkreis sei sinnvoll. Außerdem sollten Institutionen wie Diakonie und Telefonseelsorge vor Ort eingebunden werden. „Keine Gemeinde arbeitet für sich alleine. Die Zusammenarbeit wächst allmählich, geschieht freiwillig und wird nicht verordnet.“ Synergien würde genutzt, etwa bei der Konfirmandenarbeit und dem Konfi-Camp. „Die Vielfalt von Profilen ist unsere Stärke. Was können wir gut? Was können die anderen besser? Der heimliche Wettbewerb zwischen Gemeinden muss aufhören. Es ist noch nichts verloren. Aber gewinnen können wir nur gemeinsam.“
Am 4. September wird es eine „Kick-off-Veranstaltung“ geben, bei der Ideen vorgestellt werden können, die bereits im kommenden Jahr umgesetzt werden sollen. Die Landeskirche fördert das Projekt des Kirchenkreises. Die Synode bedachte die Ergebnisse der Arbeitsgruppe mit großem Applaus und stimmte für eine Umsetzung des Konzeptes.
Weiter bestimmte die Kreissynode ihre Vertreterinnen und Vertreter auf der Landessynode. Markus Herzberg, Pfarrer an der Antoniterkirche, wurde zum theologischen Abgeordneten gewählt. Er wird vertreten von Mareike Maeggi. Annette de Fallois vom Fachdienst Migration des Diakonischen Werkes und Bernd Margraf sind die beiden nichttheologischen Abgeordneten des Kirchenkreises. Sie werden vertreten durch Diana Zulfoghari aus der Gemeinde Köln und Pio Fayner aus Nippes.
Der Evangelische Kirchenkreis Köln-Mitte setzt sich aus den sechs Gemeinden Köln, Niehl-Riehl, Nippes, Lindenthal, Klettenberg und Deutz/Poll zusammen. Geleitet wird der Kirchenkreis Köln-Mitte von Superintendentin Susanne Beuth gemeinsam mit dem Kreissynodalvorstand. Die nächste Synode des Kirchenkreises ist für den 16.11.2024 geplant.
Foto(s): Stefan Rahmann / APK