„Was wir damals erlebt haben, war für uns normal.“ – „Andere haben es viel schlimmer gehabt.“ -„Es hat uns nicht geschadet.“ Das sind Sätze, die man oft hört von Angehörigen der so genannten „vergessenen Generation“. Darunter versteht man den Kreis jener Menschen, die gegen Ende des Zweiten Weltkriegs geboren wurden, die also zweifelsfrei nicht mehr zu den Tätern zählen können, aber auch nicht als Opfer betrachtet wurden, obwohl sie eine tiefe emotionale Auseinandersetzung mit dem Krieg erlebt haben. Es spielt für ein kleines Kind keine Rolle, wer Schuld am Krieg ist, sondern es leidet einfach darunter, dass der Vater nicht da ist und die Mutter in Angst und Panik, dass es hungert und friert. Wie mag es sich auf seine Seele ausgewirkt haben, dass nach dem Krieg seine Erfahrungen nicht zählten, weil es nach Meinung der Erwachsenen Wichtigeres und Schlimmeres gab?

Die Bickendorfer Künstlerin Barbara Riege war am Kriegsende drei Jahre alt. Sie gehört zu dieser Generation, die sich als Kinder in einer unvorstellbaren Lebenssituation durchschlagen mussten. Sie erzählt ebenfalls, dass sie durch einen zufälligen Besuch im Ehrenfelder Bunker sich an dieses Kindheitserlebnis erinnert hat, und dass sie in ihrer Arbeit „Die vergessene Generation“ versucht hat, ihre traumatische Erfahrung aufzuarbeiten.

Die sieben grauen Figuren dieser Arbeit, gestaltet aus Draht, Papier und Leim, sind eine Darstellung der schrecklichen Erlebnisse, die ihre frühen Lebensjahre geprägt haben, als sie zusammen mit ihrer Familie vor den Bombenangriffen im Bunker Unterschlupf suchen musste. Ihre Figuren erleben Gefühle wie Verzweiflung, Angst, Panik, Hilflosigkeit, Resignation, Erschöpfung, Depression, Isolation, Hoffnungslosigkeit.
In der Emmauskirche in Vogelsang werden die eindrücklichen Skulpturen von Barbara Riege ausgestellt. Bewusst wurde dafür die Passionszeit ausgewählt, denn in der Passionszeit rücken Leiden und Schmerz der Menschen ganz besonders in den Blick.
Die Ausstellung wird durch mehrere Veranstaltungen begleitet, bei denen die Möglichkeit besteht, sich auf unterschiedlichste Weise diesem schwierigen und wichtigen Thema anzunähern. Die Ausstellung und alle Veranstaltungen sind kostenlos.

Termine
Passionsausstellung in der evangelischen Emmauskirche von Köln-Vogelsang(Birkhuhnweg 2b) „Die Vergessene Generation“, 17. März  bis 14. April 2006
Öffnungszeiten:
Di: 10.00 – 12.00 Uhr; 14.00 -16.00 Uhr
Mi: 10.00 – 12.00 Uhr; 14.00 -16.00 Uhr
Sa: 14.00 – 18.00 Uhr
So: 11.00 – 18.00 Uhr

Kirchenmusikalisches Konzert „Die verlorene Zeit“, in der Emmauskirche, Sonntag, 26. März, 17 Uhr. Zu hören sind Chormusik und Orgelmusik aus Romantik und Gegenwart
sowie Rezitationen, es singt der Corus Minor unter der Leitung von Ingrid Bonnat, an der
Orgel: Ingrid Bonnat

Lesung aus dem Buch „Die vergessene Generation. Kriegskinder brechen ihr Schweigen“ von und mit Sabine Bode
Am Donnerstag, den 30. März, liest die Autorin ab 19.30 Uhr in der Emmauskirche (Birkhuhnweg 2b)  aus ihrem Buch „Die vergessene Generation. Kriegskinder brechen ihr Schweigen“. Der  Eintritt ist frei. Sabine Bode, geboren 1947, war Redakteurin beim Kölner Stadt-Anzeiger. Seit 1977 lebt sie als freie Journalistin und Autorin in Köln und arbeitet überwiegend für die Kulturredaktionen des Hörfunks des WDR und NDR.
Über das Buch:
Sie haben den Bombenkrieg miterlebt oder die Vertreibung, ihre Väter waren im Feld, in Gefangenschaft oder sind gefallen. Doch diese Erinnerungen haben die Kriegskinder bislang in sich verschlossen gehalten. Statt dessen haben sie nach vorn geblickt, Deutschland wiederaufgebaut, eine Familie gegründet. Heute sind sie in Rente, die eigenen Kinder längst aus dem Haus, und zum ersten Mal im Leben schauen sie zurück. Sie fangen an zu begreifen, dass vieles in ihrem Leben auf ihre Kriegserlebnisse zurückzuführen ist. Auch die Kinder und Enkel der Kriegskinder beginnen, sich mit der vergessenen Generation zu beschäftigen. Sie wollen verstehen, warum ihre Eltern so sind, wie sie sind. Warum konnte man bestimmte Dinge einfach nicht mit ihnen besprechen? Ein wichtiges und notwendiges Buch.

Begegnung mit der Künstlerin Barbara Riege
Unter dem Motto „Das Unsagbare aussprechen“ bietet die Gemeinde der evangelischen Emmauskirche im Rahmen ihrer tehmatischen Ausstellung auch einen Begegnungs-Abend mit der Künstlerin Barbara Riege an: Am Mittwoch, den 5. April, ist sie ab 19 Uhr in der Kirche zu Gast.

Gottesdienste und Passionsandachten
Das Thema „Die vergessene Generation“ ist ungeheuer vielschichtig. Und veile Gespräche darüber beginnen erst jetzt. Auch in zwei Gottesdiensten der Passionszeit will Pfarrer Torsten Sommerfeld das Thema zur Sprache bringen: Am Sonntag, den 19. März um 10.45 Uhr und an Karfreitag, 14. April, um 10.45 Uhr in der evangelischen Emmauskirche, Birhuhnweg 2b, ergänzt durch zwei Passionsandachten am Freitag, den 25. März. , 19 Uhr, und Freitag, den 7. April, 19 Uhr.

Drucken