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Die Trierer Heilig Rock-Wallfahrt – auch für Protestanten!

Vom 13. April bis zum 13. Mai 2012 findet in Trier die Heilig-Rock-Wallfahrt statt und evangelische Christinnen und Christen sind zum Mitfeiern ausdrücklich eingeladen! Eine ökumenische Herausforderung? Ist doch der „Heilige Rock“, die angebliche Tunika Christi, die wichtigste Reliquie im Trierer Dom. Muten sich die Protestanten etwa zuviel zu, wenn sie mit dabei sind? Und ist diese Zumutung etwas, das die Ökumene voranbringt? Diese Frage wird derzeit kontrovers diskutiert.

Antworten gibt es in Brühl
Am Mittwoch, 18. April, von 19.30 Uhr bis 21.30 Uhr, wird Professor Dr. Andreas Mühling, Leiter des Ökumenischen Instituts für Interreligiösen Dialog an der Uni Trier und Professor für Evangelische Kirchengeschichte, im evangelischen Gemeindezentrum Brühl, Mayersweg 5-7, dazu Stellung beziehen. Mühling hat von Anfang an die Debatte um die Wallfahrt mitverfolgt, zahlreiche kritische Stimmen gehört und sich dennoch für eine evangelische Teilnahme eingesetzt. Nach seinem Vortrag gibt es Gelegenheit zum ausführlichen Austausch untereinander. Dazu laden der Kirchenkreis Köln-Süd und die Melanchthon-Akademie herzlich ein. Der Eintritt ist frei.

Präses Schneider ermutigt zum Mitmachen
Präses Nikolaus Schneider und die Ökumene-Chefin der Evangelischen Kirche im Rheinland (EKiR) haben die Einladung des Bischofs des Bistums Trier, Dr. Stephan Ackermann, zur Mitwirkung an der Wallfahrt angenommen. „Gern angenommen“, wie der Präses sagt, „zumal das Leitwort ,…und führe zusammen, was getrennt ist‘ explizit und sehr bewusst ökumenisch formuliert ist“. Die Wallfahrt, fünf Jahre vor dem 500. Reformationsjubiläum gelegen, möge neue ökumenische Impulse setzen, so die Hoffnung von Präses Dr. h.c. Nikolaus Schneider. Und ermutigt: „Die Heilig-Rock-Wallfahrt bleibt uns ‚Evangelischen‘ eine fremde Form. Aber auch in fremden Formen – vielleicht sogar gerade in fremden Formen – können wir neue Schätze entdecken, oder einen altenSchatz neu entdecken“.

Anfragen an die Sinnhaftigkeit
Es beteiligen sich nicht alle in der Evangelischen Kirche im Rheinland an der Heilig Rock-Wallfahrt. Die biblischen und theologischen Gründe gegen die Heiligen- und Reliquienverehrung haben „nichts von ihrer Plausibilität verloren, im Gegenteil“, so Superintendentin Marion Obitz (Wied). Das vom Kreissynodalvorstand des Kirchenkreises Wuppertal angenommene Papier von Pfarrer Dr. Jochen Denker stellt „kritische Anfragen“ an die rheinische Kirche und an die ökumenische Sinnhaftigkeit der Beteiligung. Gemeinsame Bibelarbeiten, gemeinsame Gottesdienste, gemeinsames Abendmahl seien geeignete Zeichen für die Ökumene, nicht die Wallfahrt zu einer Reliquie, heißt es unter anderem in dem Papier.

„Gemeinsame Suche nach dem, was im Herzen ist“
Auf eine Wallfahrt, bei der sich Christinnen und Christen „gemeinsam auf Jesus Christus, den Herrn der Kirche, ausrichten“, freut sich dagegen der Trierer Superintendent Christoph Pistorius. Und Horst Hörpel, Superintendent des Kirchenkreises Simmern-Trarbach, sieht die Chance der „gemeinsamen Suche nach dem, was uns im Herzen verbindet“. Die vorige Wallfahrt sei einer der herausragenden Höhepunkte seiner Dienstjahrzehnte auf dem Hunsrück gewesen. Auf den Dörfern über Generationen getrennt nebeneinander lebende evangelische und katholische Nachbarn hätten sich erstmals gemeinsam auf den Weg gemacht.

Auch jede kritische Stimme ist erwünscht
„Durch den Filter der biblischen Texte und der ökumenischen Gemeinschaft ‚auf dem Weg‘ wird es auch für protestantische Christinnen und Christen eine Fülle von Denkanstößen geben“, ist sich auch Dr. Martin Bock, Leiter der Kölner Melanchthon-Akademie, sicher. „Denn was tun Christen nach Ostern anderes, als ‚auf dem Weg zu Christus‘ zu sein?“, fragt Bock. „Dass Jesus Christus uns und unseren Kirchen dabei immer und in jeder Beziehung voraus-geht, lernen wir gerade aus den Evangelien.“ Als Mit-Veranstalter des Vortrags- und Diskussionsabends in Brühl (18. April) freut er sich auch „auf jede kritische Stimme“.

Gezeigt wird ein Gewand aus dem vierten Jahrhundert
Gezeigt wird bei der Heilig-Rock-Wallfahrt, deren alleinige Veranstalterin das Bistum ist, die Tunika Jesu Christi. Der Legende nach hatte Kaiserin Helena das Gewand im vierten Jahrhundert von einer Reise ins Heilige Land nach Trier mitgebracht. Zeugnisse darüber gibt es nicht, so Wallfahrtsleiter Dr. Georg Bätzing. „Niemand kann mit Sicherheit sagen, dass die Reliquie, die im Trierer Dom seit alters her verehrt wird, wirklich das Gewand ist, das Jesus zu Lebzeiten getragen hat.“ Und so ist auch seitens der katholischen Kirche niemand verpflichtet, an die Echtheit der Reliquie zu glauben.

Präses Peter Beier nahm die erste Einladung an
„Du setzt das Maß für Tritt und Schritt“: So heißt die Orientierungshilfe der rheinischen Kirche zur Heilig-Rock-Wallfahrt 2012. Dieser Titel stammt aus dem Pilgerlied des verstorbenen rheinischen Präses Peter Beier (1934-1996), der bei der Wallfahrt 1996 die erste Einladung zu ökumenischer Beteiligung wahrgenommen hatte.

Infos zum Vortrag in der Melanchthon-Akademie
Weitere Informationen zu dem Vortrags- und Diskussionsabend am Mittwoch, 18. April, im evangelischen Gemeindezentrum Brühl – zu dem alle Interessierten herzlich eingeladen sind – gibt es in der Melanchthon-Akademie unter der Rufnummer 0221/93 18 03-0. Die Veranstaltungsnummer lautet: 1048B.

Text: EKiR/knap
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