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Die „Rheinische Bühne“ auf dem 34. Deutschen Evangelischen Kirchentag

"Ich weiß nicht, wie die Rheinländer das immer schaffen. Die haben auf jedem Kirchentag eine Bühne, und die ist immer auch noch proppenvoll." Konnte man aus dieser Aussage eines Hamburger Kirchentagsbesuchers an seinen Sitznachbarn Bewunderung heraushören? Man konnte!

Weite Wege auf dem Kirchentag
Aber nicht nur die "Rheinische Bühne" im Musikpavillon war außerdordentlich gut gefüllt, auch einige andere Veranstaltungen des 34. Deutschen Evangelischen Kirchentags (DEKT) hatten einen so großen Andrang, dass ab und zu in den Messehallen auf großen Papptafeln zu lesen war "Halle überfüllt". Und das bei hervorragendem hanseatischen Wetter. Weitere Veranstaltungsorte waren etwa die Garten-Oase "Planten un Blomen" (Standort der "Rheinischen Bühne"), die Hauptkirchen, der Stadtteil Hamburg-Harburg (Treffpunkt für evangelische Jugendliche), der Fischmarkt und die Reeperbahn. Da wurden manch einem die Füße wund und man sah das ein oder andere erschöpfte Gesicht. 119.440 Dauerteilnehmerinnen und -teilnehmer waren nach Hamburg zu dem Groß-Ereignis gereist. "Hamburg wird zur 'Tankstelle' des Glaubens, war im Hamburger Abendblatt zu lesen, "Halb Hamburg trägt derzeit einen blauen Schal", schrieb die Hamburger Morgenpost und erklärte, die blaue Farbe symbolisiere das "maritime Flair" von Hamburg. "Grüß Gott statt Moin Moin" war auf vielen Citylight-Postern zu lesen.

Das Hinweisschild für die Rheinische Bühne
Gute Laune spürbar

Auffallend war die Freundlichkeit der Besucherinnen und Besucher des Evangelischen Kirchentags, der in diesem Jahr auch "30 Jahre Kirchentag barrierefrei" feierte. Das Wort "Danke" hörte man häufiger als sonst, einige grüßten sogar jeden Entgegenkommenden. Man spürte, dass Viele gute Laune hatten und sich freuten, wenn sie bekannte Gesichter trafen. Gemeinsames Singen, Beten und der Glaube an Gott einte Alt und Jung. "Soviel du brauchst" lautete das Motto, das in vielen Variationen zu hören war, besonders, wenn es um gerechten Lohn und um gerechte Arbeitsbedingungen ging.

Ausgesprochen gut besucht war die Rheinische Bühne
Engagement auf der "Rheinischen Bühne"

Die Mitwirkenden der "Rheinischen Bühne" machten ebenfalls einen entspannten und gut gelaunten Eindruck. Ute Dornbach-Nensel, Geschäftsführerin des Landesausschusses Rheinland des DEKT, Pfarrer Volker Meiling aus Pulheim-Stommeln und Jugendreferentin Susanne Hermanns aus dem Kirchenkreis Köln-Nord gehörten zu den Hauptverantwortlichen. Außerdem in der Projektleitung: Pfarrer Christoph Urban aus Trier, Jens-Peter Iven, Pressesprecher der Evangelischen Kirche im Rheinland, und Pfarrer Axel Neudorf aus Wuppertal. Hermanns trat sogar mit einem eigenen Programm auf.

Fortsetzung der Prots-Sitzung gewünscht
"Wieviel Humor verträgt der Glaube?" hieß es bei einer Vormittags-Veranstaltung, die unter anderem von Pfarrer Volker Meiling moderierte wurde. Seine Frage, ob dem Humor angesichts religiöser Themen Grenzen gesetzt seien, beantwortete Didi Jünemann, Kölner Kabarettist und Mitbegründer der Stunksitzung mit einem deutlichen "Nein!". Dr Harald Schroeter-Wittke, Theologie-Professor in Paderborn meinte, es gebe durchaus Grenzen, aber „die können auch überschritten werden.“ Gemeinsam bedauerten Rheinländer und Westfale das Aussetzen der evangelischen „Prots-Sitzung“ und wünschten sich eine Fortsetzung der traditionsreichen protestantischen Karnevalssitzung.

Werner Tiki Küstenmacher (li.)  im Gespräch mit Pfarrer Christoph Urban, übersetzt in Gebärdensprache
40 Tage, 40 Schubladen

"Wieviel Schnickschnack braucht der Mensch" hieß eine Veranstaltung auf der "Rheinischen Bühne" in Anlehnung an das Motto des Kirchentags. Der Karikaturist und Autor Werner "Tiki" Küstenmacher erzählte seinem Publikum, wie bereichernd es sei, die eigene Wohnung zu entmüllen. "Das tut weh", erklärte er, "aber danach fühlen Sie sich frei". Die Teilnehmenden forderte er auf, ihre Ideen zum Entmüllen auf Zetteln festzuhalten. In der Fastenzeit an 40 Tagen 40 Schubladen zu leeren oder zu sortieren, schlug eine Teilnehmerin vor. Sich trennen zu können sei wichtig, betonte Küstenmacher: "Von meinem Vater habe ich seine Schulhefte geerbt." Die seien zum Teil noch aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs gewesen. Nach gemeinsamer familiärer Überlegung sei man zu dem Schluss gekommen, dass sich jedes seiner Kinder ein Schulheft aussuchen solle, und der Rest weggeschmissen werde. "Wir dürfen die Menschen nicht mit den Gegenständen verwechseln", so sein Appell. Während einer weiteren Veranstaltung wurde gefragt "Wieviel Humor braucht die Kirche?" Mitwirkende waren unter anderem das Kabarett-Duo Hermanns und Putzler, die zu bekannten Kirchenliedern eine eigene Choreographie entwickelt und damit die Bühne regelrecht gerockt hatten.

Das Kabarett-Duo Hermanns und Putzler in Aktion
Von Hirschhausen: "Fürs Essen braucht es Reflexion"
Kurzweilig und lehrreich war eine Bibelarbeit mir Dr. Eckart von Hirschhausen in der Messehalle, der vor rund 7.000 Zuhörerinnen und Zuhörern über die wunderbare Brotvermehrung sprach. "Warum hungern wir nur auf dieser Seite des Globus'?" fragte der Arzt und Humorist und erklärte, dass Stress dazu führe, mehr zu essen und übergewichtig zu werden. "Ich ertränke meine innerliche Leere mit kalorischen Dingen", schlussfolgerte er. Sein Tipp: Sich vor jedem Essen die Frage zu stellen: "Möchte ich darauf bestehen?" Dazu gab es eine Übung mit Rosinen mit dem Hinweis, dass es sich ausschließlich um Rosinen von Trauben handele, "die ihre Feuchtigkeit im eigenen Tempo abgegeben haben". Er forderte sein Publikum auf, sich Zeit zu nehmen, die Rosine nicht sofort hinunterzuchlucken, sondern etwa eine Minute im Mund zu behalten und darüber nachzudenken, wie sie sich auf der Zunge anfühle. "Das was ich esse, ist Lebenskraft für mich. Wir brauchen dafür Reflexion". Von Hirschhausen erinnerte an die Brotvermehrung und den Dank Jesu, bevor er die Brote weitergab. "Da, wo Menschen dankbar sind, sind sie weniger hungrig", erklärte er. Auch das Danken sei eine Form des Innehaltens. Schließlich outete er sich als Fan des Kirchentages, "weil man hier das Gefühl bekommt, nicht allein zu sein". Der anhaltende Applaus bestätigte das Gesagte.

Bibelarbeit mit Dr. Eckart von Hirschhausen

Weitere ausführliche Berichte über den 34. Deutschen Evangelischen Kirchentag gibt es auf den Seiten der Evangelischen Kirche im Rheinland des Evangelischen Kirchentags, und auf der Seite des Evangelischen Jugendpfarramtes.

Text: Angelika Knapic
Foto(s): Angelika Knapic