„Kreuzen sie auf! Kreuzen sie an!“ hieß es in der Evangelischen Kirchengemeinde Weiden, Bezirk Lövenich, für rund 4.200 stimmberechtigte Gemeindeglieder. 9,2 Prozent oder 384 davon folgten dem Aufruf und gaben ihre Stimme ab.
Über den Kindergarten in die Gemeindearbeit
„Ich finde, wir haben ganz tolle Kandidaten“, freute sich Ina von Lom, nachdem sie ihre Stimme abgegeben hatte. „Größtenteils sind es Menschen, die mitten im Leben stehen. Ich finde es toll, wenn Menschen trotz Beruf für so eine Aufgabe zur Verfügung stehen.“ Zu ihnen gehört Dr. Kirsten Kolzter: Die 38-jährige Kinderärztin kommt ursprünglich aus Köln-Nippes und lebt seit 2007 in Weiden. „Ich bin über den Kindergarten in die Gemeindearbeit gerutscht“, erinnert sie sich. Im Falle einer Wahl würde sie sich gerne der Kinder- und Jugendarbeit widmen, vor allem den Belangen behinderter Kinder in der integrativen Kita der Gemeinde. „Im letzten Jahr gab es ein sehr schönes Musikprojekt in der Kita. So etwas würde ich gerne noch einmal unterstützen“.
Kontakt zur Gemeinde über die Ehefrau
Ihre Berufs- und Lebenserfahrung wollen auch Dr. Jan Leidel und Peter Wolfgang Klose der Gemeinde zur Verfügung stellen, die beide bereits im Ruhestand sind: „Ich habe in den 70er Jahre schon einmal hier kandidiert, wurde aber damals nicht gewählt. Ich hatte damals, als ich mit meiner mittlerweile verstorbenen ersten Frau von Hessen nach Köln zog, durch die Taufe unseres ersten Kindes einen Zugang zur Gemeinde. Die Bindung ist aus beruflichen Gründen loser geworden“, berichtet Leidel. Einen neuen Kontakt zur Gemeinde fand er, dessen Familie selbst mehrere evangelische Pfarrer hervorbrachte, als seine zweite Frau Kontakt zur Gemeinde aufnahm. Leidel will seine Erfahrungen als ehemaliger Leiter des Gesundheitsamtes in die Arbeit einbringen. Auch die soziale Arbeit, vor allem mit Kindern, und das Familienzentrum der Gemeinde würde er gerne unterstützen.
„Ich spreche sieben Sprachen“
Auf seine Berufs- und Lebenserfahrung verweist auch Peter Wolfgang Klose, der dem Stadtteil seit 1963 verbunden ist und seitdem viele Pfarrer kommen und gehen sah, aber auch die Veränderungen des Viertels mitbekam. In der Gemeinde liegt ihm die Arbeit an der Ökumene und mit sogenannten „Randgruppen“ am Herzen. „Ich habe, von der indianischen Schwägerin bis zur schottischen Großmutter, selber viel „Buntes“ in der Familie und spreche sieben Sprachen, da bietet sich das an.“ Der Zeitaufwand schreckt alle drei nicht: „Ich denke, für einen Pensionär hält sich das in Grenzen“, so Leidel.
„Ohne persönliche Ansprache geht es nicht“
Die Arbeit hatten erst einmal Jessica Goletz, Dagmar Diefenthaler und die übrigen Wahlhelferinnen. Direkt nach dem Gottesdienst bildete sich eine Schlange im Wahllokal, anschließend trafen sich viele Wählende noch einmal auf eine Tasse Kaffee im Foyer des Jochen-Klepper-Hauses. Während Goletz zum ersten Mal Wahlhelferin ist, ist Dora Diefenthaler bereits ein „alter Hase“: Sie war selber lange Presbyterin, bis sie beschloss, Jüngere nachrücken zu lassen und auch mehrmals als Wahlhelferin tätig. Goletz, die sich auch in den Jung-Alt-Gottesdiensten der Gemeinde und beim Adventsbasar engagiert, wurde persönlich angesprochen, ob sie die Wahlen als Helferin unterstützen würde, ein Weg, auf den die drei Pfarrer Wolfram Behmenburg, Monika Crohn und Pfarrer zur Anstellung, Lars Schütt, bei der Rekrutierung von Kandidaten setzten: „Ohne persönliche Ansprache geht es nicht“, konnte bereits Schütte, für den die diesjährige die erste Presbyteriumswahl in der Gemeinde ist, feststellen.
Auch die ganz junge Generation ist vertreten
Für die Wähler setzte man ebenfalls auf professionelle Vermittlung: „Alle Wahlberechtigten, also alle, die in der Gemeinde wohnen, konfirmiert oder mindestens 16 Jahre alt sind, erhielten eine Wahlbenachrichtigung“, berichtet Monika Crohn, für die diese Wahl bereits die fünfte ist. Auch sie freut sich über die große Bandbreite an Kandidaten, unter denen mit Nicole Brenner und Benjamin Müller, beide 22, auch die junge Generation vertreten ist. Zusätzlich wurden alle zehn Kandidatinnen und Kandidaten in einer Sonderausgabe des Gemeindebriefs vorgestellt.
Aktiver und selbstbewusster Bezirk
Die gute Vermittlung als Schlüssel zum Erfolg der Wahl – aber dass überhaupt gewählt werden konnte, weil mehr Kandidatinn und Kandidaten als Presbyteriumsplätze zur Verfügung standen, ist nicht mehr für alle Kirchenkreise und Gemeinden selbstverständlich. Die Gemeinde Weiden ist da eine der Ausnahmen: Seit er 1984 als Pfarrer in Weiden-Lövenich tätig ist, so erinnert sich Wolfram Behmenburg, wurde immer gewählt. Als ursächlich dafür sieht Behmenburg das Selbstbewusstsein der Gemeindeglieder: „Dies ist ein sehr aktiver und selbstbewusster Bezirk mit Gemeindegliedern, die Wert darauf legen, dass die Gemeinde von Leuten geleitet wird, die sie gewählt haben.“ Zumindest bei Ina von Lom rannte er damit offene Türen ein: „Ich sehe dies als eine Pflicht genau wie politische Wahlen. Ein Recht soll man auch wahrnehmen.“
Die im Text erwähnten Kandidatinnen und Kandidaten Dr. Kirsten Kolzter, Dr. Jan Leidel und Peter-Wolfgang Klose wurden alle gewählt. Weitere Gewählte sind Nicole Brenner, Dr. Dirk Horstmann, Karola Mischak-Struckmann, Dr. Axel Peuster und Benjamin Müller.
Foto(s): Annette von Czarnowski