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Die Presbyteriumswahlen 2008: Wie war es denn…. zum Beispiel in der Evangelischen Kirchengemeinde Pulheim?

„Zeit für die Kirche – das gilt heute, weil es das einladende Wort zur Beteiligung an der Presbyteriumswahl ist, mit der unsere Germeinde über die Menschen entscheidet, die in den nächsten vier Jahren diese Gemeinde leiten sollen. In welche Richtung steuert dieses Schiff Gemeinde? Das ist keine abstrakte Frage, sondern auch eine Frage von konkreten Menschen, ihren Gaben, ihrer Ausstrahlung, ihres Talents zum Reden und zum Zuhören, ihrer Standfestigkeit und Teamfähigkeit.“ Vor allem mit dem letzten Satz hatte Pfarrer Martin Bock im Pulheimer Bezirk Sinnersdorf schon im morgendlichen Gottesdienst ganz klar umrissen, was eine Presbyterin, ein Presbyter, mitbringen muss, um dem Ehrenamt der evangelischen Demokratie oder im „Rat der Getauften“ – wie Bock augenzwinkernd auf eine „wunderbare Wortschöpfung“ des Kölner Stadtanzeigers Bezug nahm – gerecht zu werden.

„Etwas zur Demokratie der Gemeinde beitragen“
Reden und Zuhören können, standfest und teamfähig sein. Und: Zeit mitbringen. Die Anforderungen an die Kandidatinnen und Kandidaten im Amt des Presbyteriums, dieses basis-demokratischen Grundinstruments evangelischer Demokratie, sind nicht eben gering. Das mag ein Grund dafür sein, warum sich in zwei der drei Pulheimer Bezirke jeweils nur ein Kandidat/eine Kandatin mehr zur Wahl stellte, als Plätze zu vergeben waren: Die Bereitschaft von Gemeindegliedern zur Kandidatur war nicht überall so hoch wie im Bezirk Pulheim, wo immerhin zehn Menschen für acht Presbyteriumsstellen kandidierten. In den Bezirken Stommeln und Sinnersdorf galt: „vier aus fünf“. Was bedeutet, dass automatisch jeweils ein einziger Kandidat am Ende nicht Sieger sein kann. Eine zweischneidige Sache. Margrit Siebörger-Kossow, die sich in Sinnersdorf schon seit acht Jahren als Presbyterin engagiert, sah das für sich selbst am Vormittag mit großer Gelassenheit: „Wenn es mich treffen würde, wäre das nicht schlimm. Ich habe die Gabe, in allem am Ende doch noch das Positive zu sehen.“ In diesem Fall würde es bedeuten, einfach mehr Zeit zu haben, sagte die Grundschullehrerin. Aber sie hat auch Verständnis dafür, dass nicht gewählte Kandidatinnen und Kandidaten mit einem Gefühl von: „Ach, man mag mich also nicht“, reagieren könnten. Andererseits betonte sie, dass es eine „Aufwertung“ für das Selbstverständnis einer Gemeinde sei, wenn eine „echte“ Wahl sattfinden kann – schließlich gab und git es auch immer wieder evangelische Gemeinden, in denen die Anzahl der Presbyteriumsstellen und und Kandidatinnen/Kandidaten gleich sind – dann gelten alle Bewerberinnen und Bewerber automatisch als gewählt – ohne, dass es zu einer „echten Wahl“ gekommen ist. Genau das betonte Pfarrerin Sabine Petzke am Abend auch den Ausgeschiedenen gegenüber: „Sie haben etwas zur Demokratie unserer Gemeinde beigetragen“ – und bedankte sich ganz herzlich, gerade bei den nicht Gewählten.

„Ich sehe nur noch Strichlisten“
Doch bis es so weit war, dass der Pfarrer der Stommelner Kreuzkirche bei der dort stattfindenden Wahlparty, Volker Meiling, am Abend die Ergebnise verkünden konnte, dauerte es noch etwas. Man wartete. Erst einmal beim Kölsch. Auf die Pizza. Die war im Handumdrehen verspeist. „Ich sehe nur noch Strichlisten und Häkchen“, stöhnte eine Wahlhelferin, der nach einem langen Sonntag „der Magen in den Kniekehlen“ zu hängen schien. Das Ergebnis der Wahl-Arbeit konnte sich dann allerdings sehen lassen: Die Wahlbeteiligung lag in Stommeln bei 12,9 Prozent, im größten Bezirk, Pulheim, reichte die Zeit nicht für eine exakte Zahl, aber „12 Prozent schätze ich schon“, sagte Pfarrerin Friederike Kuhlmann-Fleck. Und der Bezirk Sinnersdorf kam auf stolze 19,9 Prozent. Und: In Sinnersdorf kamen zwei Kandidaten aus dem Stand heraus mit ihrer ersten Kandidatur ins Amt: Dr. Jochen Walter Ulrich Fries, der lange in Boston lebte und arbeitete und in seiner Vorstellung betonte „wenn es darauf ankommt: zupacken kann und will ich auch“. Und die 28-jährige Nicole Ludwigs, die sich, vor zwei Jahren erst nach Sinnersdorf gezogen, dort sofort in die „hübsche Friedenskirche verliebt“ hat. Beide freuten sich am Ende – wie alle gewählten Kandidatinnen und Kandidaten – sehr. Und wer nicht gewählt wurde, schien auch nicht über Gebühr traurig. Etwa Bärbel Schwan. Die 60-Jährige sagte, sie wolle sich „trotzdem weiter wie bisher in der Gemeinde engagieren“, im Nähkreis und beim Krankenhaus- und Geburtstagsbesuchsdienst.

„Ich werde sicherlich auch etwas vermissen“
Und was fühlt eine Presbyterin, die nach langjährigem Engagement aus privaten Gründen gar nicht mehr kandidiert hat, wie beispielsweise Marita Goebel, die nach 15-jährigem Engagement ausschied? „Wer dieses Amt so lange bekleidet hat, der hat es auch gern gemacht. Sonst täte man das ja nie und nimmer über so lange Zeit. Aber es ist an der Zeit, dass auch mal Jüngere dran kommen, mit unverstelltem Blick. Dass ausgetretene Pfade verlassen werden, Neues entsteht“, betonte Goebel. Und doch: „Ich werde sicherlich auch etwas vermissen“, sagte sie, ein wenig Wehmut im Blick, als Meiling die „neuen“ und wiedergewählten Presbyterinnen und Presbyter zum Gruppenfoto bat. Eine Gruppe, die sich zusammenfinden, kennenlernen muss und wird. Im Reden und Zuhören, als Team und in der jeweils eigenen Position.

Das neu gewählte Presbyterium der Evangelischen Kirchengemeinde Pulheim, 24. Februar 2008.

Mehr Infos
Landeskirchenweit stieg die Wahlbeteiligung 2008, die Ergebnisse aus der gesamten Rhenischen Landeskirche werden auf den Seiten http://www.ekir.de/ekir/ekir_6113.php aufbereitet – und laufend ergänzt.

Die Online-Redaktion hat außerdem aus der Evangelischen Kirchengemeinde Köln-Lindenthal berichtet: Mit einem kleinen Video, das hier zu sehen ist.

Text: Maria Al-Mana
Foto(s): AL