You are currently viewing Die Pfarrer-Georg-Fritze-Gedächtnisgabe 2002 geht an die ‚Rabbiner für Menschenrechte‘

Die Pfarrer-Georg-Fritze-Gedächtnisgabe 2002 geht an die ‚Rabbiner für Menschenrechte‘

„Rabbiner für Menschenrechte“ ist eine Organisation in Israel, in der sich Rabbiner verschiedener religiöser Richtungen und Rabbinats-Studenten zusammengetan haben, um im Sinne ihres jüdischen Selbstverständnisses für die Wahrung und Weiterentwicklung der Menschenrechte zu kämpfen. Ihr Anliegen ist es, die alten jüdischen Traditionen von Humanität und sozialer Gerechtigkeit innerhalb Israels und in der Weltöffentlichkeit aktiv zu vertreten.

In einer Zeit, in der die politische Situation In Israel und Palästina aufs äußerste angespannt ist, in der die Fronten auf allen Seiten verhärtet sind und in der einige daran interessiert zu sein scheinen, die religiösen Grundlagen des Denkens und Handelns eher antagonistisch als verbindend zu begreifen, verfolgen die „Rabbiner für Menschenrechte“ ein anderes Verständnis ihres religiösen Erbes. Und dabei haben sie auch keine Scheu, notwendige Kritik gegen die eigene Seite zu richten. So haben sie sich bereits während der ersten Intifada von 1988 zu Worte gemeldet, um gegen grobe Verletzungen der Menschenrechte durch das israelische Militär zu protestieren.

Ihr vorbildliches Engagement soll durch die Verleihung der Georg Fritze Gedächtnisgabe in diesem Jahr besonders hervorgehoben und gewürdigt werden. Wir freuen uns darüber, dass wir als Laudatorin die palästinensische Professorin Sumaya Farhat-Maser gewonnen haben. Frau Farhat-Naser hat lange Jahre in Deutschland studiert und kann aus ihrer Kenntnis aller Seiten eine besonders eindrucksvolle Zeugin und Kommentatorin für den diesjährigen Preisträger sein.

Der Rabbiner Jeremy Milgrom wird die Ehrung entgegennehmen. Jeremy Milgrom und Frau Farhat-Naser werden für Fragen und Gespräche im Anschluss an die Verleihung zur Verfügung stehen. Diese frontenübergreifende Kooperation verstehe ich mitten in der scheinbaren Aussichtslosigkeit als ein hoffnungsvolles Zeichen dafür, dass trotz allem noch Schritte hin zu einer Lösung des Konflikts in Israel und Palästina möglich sind und kommen werden, weil sie kommen müssen.

Die Pfarrer-Georg-Fritze-Gedächtnisgabe
Seit 1981 verleiht der evangelische Kirchenkreis Köln-Mitte im Gedenken an Pfarrer Georg Fritze jedes Jahr einen Ehrenpreis an Menschen und Organisationen, die sich dem Kampf gegen Diktatur und Gewalt und der Unterstützung der Opfer von Gewalt verschrieben haben. Die Liste aller bisherigen Preisträger finden Sie hier.

Zur Person: Jeremy Milgrom
Jeremy Milgrom wurde 1953 in den USA geboren und wuchs in einer Familie auf, die jüdische Religion und Bildung so hochhielt, dass zu Hause nur Hebräisch gesprochen wurde. Er machte seinen Schulabschluß in Jerusalem.
Als 15-Jähriger fühlte sich Milgrom sehr zum orthodoxen Judentum hingezogen, begann nach seiner 3-jährigen Militärzeit mit dem Studium des Judaismus und wurde Rabbiner. 1982, kurz nach der Geburt seiner ersten Tochter, verweigerte er den Dienst als Soldat im Libanon. Er baute seine Position der Gewaltfreiheit weiter aus, unter anderem mit der Beschäftigung der Schriften von Thomas Merton, trug zahlreiche christliche und jüdische Quellen über die Notwendigkeit zum Verzicht auf Gewalt zusammen.
Seit Mitte der 90-er Jahre engagiert sich Milgrom für die Rechte der Jahalin, eines kleinen arabischen Nomadenstammes, der einer neuen jüdischen Siedlung östlich von Jerusalem weichen soll. (zitiert nach: Hagen Berndt – Gewaltfreiheit in den Weltreligionen) Milgrom ist beigeordneter Direktor und Berater der „Rabbis for Human Rights“, dort verantwortlich für die Jahalin-Beduinen und die Beduinen der nicht anerkannten Dörfer im Negev. Außerdem ist er Koordinator der Arbeit mit den freiwilligen Hilfskräften der Organisation.
Die Ansichten, die Milgrom vertritt, sind nicht unumstritten. So beschreibt er in seinen zahlreichen Vorträgen beispielsweise immer wieder Visionen wie die von einem gemeinsamen Staat für Juden und Araber.

Text: Rolf Domning, Superintendent des Kirchenkreises Köln-Mitte
Foto(s):