Der Media-Park war die erste Station des „Kölner Ökumenischen Brückenwegs“ unter dem Titel „Aufgebrochen – Brücken bauen“. Musikalisch begleitet wurde der Fußmarsch über den Rhein und zurück vom Projektchor Brückenweg und dem Bläserensemble „Spirit of brass“. Das Theaterprojekt „brANGELidge“ war während des Brückenweges mit bunten Tüchern an allen vier Stationen präsent. Rainer Fischer, stellvertretender Stadtdechant des katholischen Erzbistums Köln, begrüßte die 500 Pilgerinnen und Pilger vor dem Köln-Turm im Media-Park: „Wir wollen unsere Füße spüren und freuen uns auf das Ermüdende und Befreiende des Zueinanderkommens“, skizzierte Fischer zwei Pole des vor allen liegenden Weges.
Die Gefahr der Beliebigkeit
Pfarrer Marten Marquardt, Leiter der Melanchthon-Akademie, nahm die Architektur am Treffpunkt, dem Media-Park, ebenfalls zum Anlass, zu polarisieren „Wenn Sie mal in eines dieser Häuser hineingehen, werden Sie permanent geblockt. Überall haben die Architekten Wege versperrt, Sie müssen Umwege in Kauf nehmen. Hier findet wirklich ,Entschleunigung‘ statt“, sagte er und verglich diese Situation des postmodernen Gebäudeensembles mit dem Weg der Ökumene: Hier passe zwar auf den ersten Blick nichts zusammen, aber letztlich „gehöre es unterm Strich sehr wohl zusammen“. Die größte Gefahr für die Betrachtung von Architektur wie Ökumene sei es, zu einfache Antworten auf schwierige Fragen zu geben.
Der ökumenische Weg
Pfarrerin Barbara Rudolph nahm Marquardts Faden auf. „Wenn die Welt unübersichtlich wird, droht immer die Gefahr von Provinzialismus und Konfessionalismus.“ Mit Blick auf den G-8-Gipfel stellte sie die Frage nach einer christlich ökumenischen Identität angesichts „einer von Gott globalisierten Welt. Globalisierung heißt ja nicht Rückzug derer, denen es gut geht.“ Und auch vor Ort sei harte Arbeit nötig: „Die versöhnte Verschiedenheit muss die schweren Fragen aushalten. Der ökumenische Weg ist der Weg der Buße und Umkehr.“
„Grenzen überschreiten“
Dr. Martin Bock, Ökumenepfarrer des Evangelischen Kirchenverbandes Köln und Region, wies auf das Brückensymbol des ökumenischen Wegs hin: „Wir gehen über Brücken, verlassen Vertrautes und überschreiten Grenzen. Wir brechen auf und bauen Brücken wider die Leute, die von der ökumenischen Eiszeit sprechen.“
„Gebrochen“
Dann folgte die Pilgerschar dem Kölner Ökumenekreuz zum Edith-Stein-Denkmal an der Industrie- und Handelskammer. Diese Station war überschrieben mit „Gebrochen“. Dr. Claudia Mariele Wulf erinnerte daran, dass Edith Stein mit dem jüdischen Glauben ihrer Väter gebrochen habe. Sie sei Brückenbauerin gewesen zwischen den Religionen. So habe sie etwa bei ihrer katholischen Taufe sehr bewusst eine evangelische Taufpatin gewählt. Die Nonne wurde während der NS-Zeit von den Nazis umgebracht. Pfarrerin Barbara Rudolph berichtete von einem Gespräch mit einem jüdischen Überlebenden. „Wenn wir an die NS-Zeit erinnern, reden wir nicht von Jahren, sondern von Orten wie Auschwitz, Birkenau oder Buchenwald.“ Der Platz mit dem Edith-Stein-Denkmal sei ein solcher Ort des Erinnerns und Gedenkens. Der Umgang mit den Juden gehöre zu den Schattenseiten der kirchlichen Geschichte. „Durch alle Jahrhunderte haben Kirchen das erwählte Volk Gottes verfolgt, den älteren Bruder und die ältere Schwester, wie Papst Benedikt XVI. bei seinem Besuch in der Kölner Synagogengemeinde gesagt hat.“
Kontemplation und Aktion
Danach versammelte man sich auf dem Platz zwischen der Kirche St. Andreas und dem Gebäude der Deutschen Bank. Thomas Moeller, jüngstes Mitglied im Dominikaner-Orden Köln, berichtete über die Dominikaner Meister Eckhart, Thomas von Aquin und Albertus Magnus, der in St. Andreas beigesetzt ist. „Kontemplation und das daraus Gewonnene weitergeben“, sei das Motto der Dominikaner, sagte Moeller. Damals wie heute. Und von Albertus Magnus stamme die Aussage, die auch heute noch bindend für die Forschung sei: „Das Experiment allein gibt Gewissheit.“ Dominikaner lebten in dem Spannungsfeld zwischen Kontemplation und Aktion. Für die drei großen Lehrmeister des Mittelalters gelte ein Satz: „Die Welt bildet eine Einheit, die von Gott zusammengehalten wird.“ Das hörte sich schon sehr ökumenisch an. Professor Konrad Raiser, ehemaliger Generalsekretär des Ökumenischen Rates der Kirchen, verwies auf die Kontemplation, die nötig sei, um die Bruchstellen in der Welt zu sehen.
Einheit und ihre Grenzen
Mit Blick auf die Deutsche Bank verwies Raiser aber auch darauf, dass man weltweit den Menschen die Einheit des grenzenlosen Marktes aufgenötigt. „Die schließt aber alle aus, die keinen Zugang zum Markt haben.“ Er erinnerte an das Leitwort der 3. Ökumenischen Versammlung in Kürze im rumänischen Sibiu: „Das Licht Christi scheint auf alle. Hoffnung für Erneuerung und Einheit in Europa“ Das nötige die Protestanten zur Solidarität mit den Ausgestoßenen. Das Licht Christi sei beunruhigend: „Es deckt auf.“ Raiser forderte „Solidarität nicht für sondern mit denen, die Opfer der Globalisierung geworden sind. Und ich bin sicher, das Licht Christi weist uns den Weg“.
Baptisterium, Taufe und Wasser
Auf dem Bahnhofsvorplatz in der Nähe des frühchristlichen Baptisteriums erinnerte Pfarrer Bodo Laux von der evangelisch-methodistischen Kirche auf den Taufe, „den Kraftschluss des Lebens, das Gott geschaffen hat“. Das Baptisterium sei ein gutes Beispiel für die Ökumene, denn das Wasser der Taufe symbolisiere die Aufnahme des Getauften in die Gemeinschaft mit Gott durch Jesus Christus im Heiligen Geist. Nach der Station Bahnhofsvorplatz schenkten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Obdachlosen-Überlebensstation Gulliver Wasser aus. Dabei ging es zu wie beim Köln-Marathon, die Pilger griffen bei schwüler Hitze dankbar zu.
Begegnung östlicher und westlicher Kirche
Nach dem Besuch des Baptisteriums unterhalb des Doms ging es über die Hohenzollernbrücke zur letzten Station des Brückenweges – Alt-St.-Heribert im Schatten des Lufthansa-Gebäudes, eine ehemals katholische Kirche, die jetzt von der griechisch-orthodoxen Kirche genutzt wird. Erzpriester Constantin Radu Miron zeigte eine Ikone aus Sibiu, die er während des gesamten Brückenweges getragen hatte. Die symbolisiere die „Fülle und die Kraft des multireligiösen Siebenbürgens“. Raiser erklärte, dass sich die Trennung zwischen der östlichen und westlichen Kirche tief in die jeweiligen Gesellschaften und Kulturen eingegraben habe.
„Die Ökumene Gottes reicht viel weiter als unserer Blick“
„Die Zeit der bilateralen Ökumene ist vorbei“, stellte Miron fest. „Die Ökumene Gottes reicht viel weiter als unserer Blick.“ Die anderen Formen der Religiosität müsse jeder als Bereicherung empfinden. Zum Schluss spendeten Miron, Ernst Fey, Stadtsuperintendent des Evangelischen Kirchenverbandes Köln und Region, und Stadtdechant Johannes Bastgen den Pilgerinnen und Pilgern den Segen.
Foto(s): Rahmann