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Die Landessynode 2007 in Bad Neuenahr: Wahlen, Beschlüsse und Finanzbericht im Überblick

Veränderung der presbyterial-synodalen Ordnung: Kirchenkreis-Ebene wird gestärkt
Beim Themenbereich Prioritätendiskussion hat die Landessynode 2007 der Evangelischen Kirche im Rheinland (EKiR) auch Beschlüsse zur Veränderung der presbyterial-synodalen Ordnung gefasst. Die Kirchenkreis-Ebene wird gegenüber den Gemeinden gestärkt, nicht nur bei der Personalplanung. Weitere Einzelheiten darüber hier, die Beschlussvorlage dazu kann hier ausgedruckt werden



EKiR ordnet Dienst- und Arbeitsrecht neu
Einen fast einstimmigen Beschluss dafür hat die Landessynode nach einem Prozess der Prioritätendiskussion beschlossen: Ein umfangreiches Maßnahmepaket zur mittel- und langfristigen Sicherstellung des pfarramtlichen Dienstes. Es geht darum, angesichts des Rückgangs der Gemeindemitgliederzahlen und der zu erwartenden Minderung der Finanzkraft in den nächsten 25 Jahren eine erhebliche Reduzierung der Zahl der Pfarrstellen vorzunehmen und dabei neue Steuerungs- und Planungselemente einzusetzen. Auch soll sichergestellt werden, dass neben den – zurückgehenden – Gemeindepfarrstellen zusätzliche Beschäftigungsverhältnisse für Theologinnen und Theologen entstehen. Verhindert werden soll außerdem, dass aus Mangel an Gemeindepfarrstellen eine ganze Generation von angehenden Pfarrerinnen und Pfarrern unbeschäftigt bleibt. Die aufeinander aufbauenden Einzelmaßnahmen sind hier kurz beschrieben nachzulesen, das komplette Papier hier.

Der Finanzbericht: 2007 beginnt mit einer positiven Hypothek
Eine leichte Verbesserung verzeichnet die Landeskirche bei den Kirchensteuereinnahmen. Der Grund: Die Arbeitsmarktsituation im Gebiet der rheinischen Kirche hat sich verbessert, allerdings deutlich unterdurchschnittlich im Vergleich zur gesamtdeutschen Lage. Nach den negativen Prognosen der letzten Jahre, bedingt durch die schlechte Arbeitsmarktsituation und Stellenabbau, fehlendes Wirtschaftswachstum und Steuerreformen sowie den demografisch begründeten Rückgang an Mitgliedern, konnte die Schätzung des Kirchensteueraufkommens von 2005 für das Jahr 2006 von 500 Millionen Euro auf 503,3 Millionen Euro korrigiert werden. Für das Jahr 2007 werden 511,3 Millionen Euro erwartet, die nach der Abrechnung des Jahres 2002 im Kirchenlohnsteuer-Verrechnungsverfahren auf voraussichtlich 524,2 Millionen Euro steigen werden und damit um fast 21 Millionen Euro über dem Aufkommen des Jahres 2006 liegen. „Das Jahr 2007 beginnt mit einer Hypothek, wenn auch einer positiven“, kommentierte Finanzdezernent Georg Immel in seinem Bericht. Im Jahr 2009 könne die Kirchensteuer jedoch deutlich abnehmen, je nach Auswirkung der Einführung der Abgeltungssteuer auf Kapitalerträge. Darüber hinaus werde bis 2030 die Zahl der Mitglieder in der rheinischen Kirche von derzeit 2,94 Millionen auf rund zwei Millionen Mitglieder und die Finanzkraft auf ungefähr die Hälfte sinken. Hinzu komme die Notwendigkeit der Nachfinanzierung in kirchliche Versorgungskasse, aus der die Pensionen für die Pfarrerinnen/Pfarrer sowie die Kirchenbeamtinnen/Kirchenbeamten gezahlt werden. In den nächsten Jahrzehnten seien jährlich rund 20 Prozent des – zurückgehenden – Kirchensteueraufkommens der Kasse zuzuführen, um „einen vollständigen Kapitalverzehr mit der Folge der Komplettfinanzierung der Versorgung aus den laufenden Haushalten“ zu vermeiden. Zur Sicherung der Versorgungsverpflichtungen hat die Synode die Einführung einer „Versorgungssicherungsumlage“ beschlossen.

Änderung des Wahlgesetzes: Presbyterien können auch per Briefwahl gewählt werden
Die Mitglieder der rheinischen Kirche können ihre Presbyterinnen und Presbyter jetzt auch per Briefwahl wählen. Die Synode beschloss eine generelle Öffnung. Wer am Wahltag verhindert war, konnte bereits bisher sein Wahlrecht per Briefwahl ausüben – auf Antrag. Jetzt aber kann das Presbyterium beschließen, allen Wahlberechtigten die Briefwahlunterlagen zusammen mit der Wahlbenachrichtigung zuzustellen. Von der neuen Regelung verspricht sich die Synode eine höhere Wahlbeteiligung. Die nächsten Presbyteriumswahlen in der Evangelischen Kirche im Rheinland werden 2008 durchgeführt.

Massiver Arbeitsplatzabbau ist unverantwortlich
Geschäftspolitische Entscheidungen, die zum massiven Arbeitsplatzabbau führen, hat die Landesynode deutlich kritisiert. Das sei „unverantwortlich den Menschen gegenüber, die dadurch ihre berufliche Existenz verlieren“, heißt es in dem Beschlusstext. Zugleich unterstrich die Synode, sie sei sich bewusst, dass auch die Kirche in das wirtschaftliche System eingebunden sei. Zur Vorbereitung auf die Landessynode 2008 mit dem Schwerpunktthema „Globalisierung“ wird die Kirchenleitung beauftragt, die Geschäftsbeziehungen der landeskirchlichen Ebene darzustellen.

Neuer Leiter der Abteilung „Erziehung & Bildung“: Klaus Eberl
Der Jülicher Superintendent Klaus Eberl wird neuer Leiter der Abteilung IV „Erziehung und Bildung“ im Landeskirchenamt. Mit 124 von 233 abgegebenen Stimmen wählte ihn die Landessynode der Evangelischen Kirche im Rheinland damit auch zum hauptamtlichen Mitglied der 16-köpfigen Kirchenleitung. Der 51-jährige, künftige Oberkirchenrat wird am 4. März 2007 mit einem Gottesdienst in der Düsseldorfer Johanneskirche in sein Amt eingeführt und tritt damit die Nachfolge von Oberkirchenrat Harald Bewersdorff an, der Anfang März in den Ruhestand tritt. Die Abteilung „Erziehung und Bildung“ trägt unter anderem die Verantwortung für zehn landeskirchliche Schulen mit insgesamt rund 8.000 Schülerinnen und Schülern, sowie für die politischen Rahmenbedingungen für die Arbeit der evangelischen Kindertageseinrichtungen im rheinischen Kirchengebiet. Eberl ist seit 1984 Pfarrer der Evangelischen Kirchengemeinde zu Wassenberg, seit 1994 Superintendenten des Kirchenkreises Jülich, seit 2001 nebenamtliches theologisches Mitglied der Kirchenleitung.

Wülfrather Pfarrer Rolf Breitbarth wird Mitglied der Kirchenleitung
Die Landessynode der EKiR hat Rolf Breitbarth zum nebenamtlichen theologischen Mitglied der Kirchenleitung gewählt. Der Wülfrather Pfarrer, der seit dem Jahr 2003 Superintendent des Kirchenkreises ist, erhielt 118 von 223 abgegebenen Stimmen. Der 57-Jährige tritt in dieser Funktion die Nachfolge des Jülicher Superintendenten Klaus Eberl an, der zum hauptamtlichen Kirchenleitungsmitglied gewählt worden war. Breitbarth wird am 4. März in einem Gottesdienst in der Düsseldorfer Johanneskirche in sein Amt eingeführt.

Neues Mitglied der Kirchenleitung: Eckart Wüster
Eckart Wüster, Superintendent des Kirchenkreises Bonn, wird neues Mitglied der 16-köpfigen Kirchenleitung der EkIR. Mit 138 von 229 abgegebenen Stimmen wählte ihn die Landessynode zum nebenamtlichen theologischen Mitglied. Der 52-jährige Pfarrer der Evangelischen Kirchengemeinde Hersel (Bornheim) tritt die Nachfolge des Wuppertaler Superintendenten Manfred Rekowski an, der aus der Leitung der zweitgrößten Landeskirche in Deutschland ausscheidet. Wüster wird am 4. März 2007 in einem Gottesdienst in der Düsseldorfer Johanneskirche in sein neues Amt eingeführt.

Landessynode verurteilt jegliche Folter
„Folter ist eine besonders bedrückende Form der Gewalt. Am Verbot der Folter und Folterandrohung darf nicht gerüttelt werden“, heißt es in dem 13-seitigen Beschlusspapier, das die Landessynode verabschiedete. Aus rechtlichen und prinzipiellen ethischen Gründen müsse das Verbot „absolut“ gelten, heißt es weiter. Folter und Folterandrohung griffen in die von Gott geschenkte Unantastbarkeit der menschlichen Würde und damit in das Recht Gottes auf sein Geschöpf ein. Der Beschluss macht sich eine Formulierung aus dem Bericht des Präses an die Landessynode im vergangenen Jahr zu eigen, die lautete: „Gegenüber der Folter ist eine absolute Grenzziehung notwendig. Diese Grenzziehung darf nicht überschritten werden. Der Barbarei darf die Tür nicht geöffnet werden – auch nicht der kleinste Spalt.“ Die Kirchenleitung wird beauftragt, das Beschlusspapier in die öffentliche Diskussion einzubringen und in der politischen Debatte geltend zu machen.

Beschluss von 2004 überarbeitet – aber es bleibt dabei: Zum Abendmahl sind alle Getauften eingeladen
Trotz Kritik hält die Evangelische Kirche im Rheinland (EKiR) grundsätzlich an ihrer Position zum Thema Abendmahl und Kirchenzucht fest. Allerdings wird sie einige Feststellungen überarbeiten. „Eingeladen sind alle“ – das soll korrigiert werden. Die Überschrift des Beschlusses 34 der Landessynode 2004 soll künftig heißen: „Eingeladen sind alle Getauften“. Bekräftigt hat die Landessynode 2007, dass Kirchenzucht notwendig bleibt. Ein Ausschluss vom Abendmahl sei aber kein zulässiges Mittel der Kirchenzucht. Stattdessen solle geprüft werden, ob Kirchenzucht beispielsweise über Mitgliedschaftsrechte ausgeübt werden kann. Die Landessynode 2004 war im Beschluss 34 zu dem Ergebnis gekommen: Die Taufe vorausgesetzt, darf niemand vom Abendmahl ausgeschlossen werden, da nicht die Kirche, sondern Christus selbst der Gastgeber und Herr des Tisches ist. Seine Einladung ist offen und bedingungslos, weil es beim Abendmahl um Vergebung geht. Wird die Stelle des unsichtbaren auferstandenen Gastgebers durch Menschen vertreten, so handelt es sich nicht um Instanzen, Ämter oder Priester, die das Heilige verwalten, sondern um Gäste, die den eigentlichen Gastgeber vertreten – und diese können andere Gäste nicht vom Mahl des Herrn ausschließen. Also kann der Ausschluss vom Abendmahl auch kein Mittel der Kirchenzucht sein.
Nach dem Abendmahls-Beschluss von 2004 gab es umfangreiche Lehrgespräche mit Vertreterinnen und Vertretern aller Gliedkirchen der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) und anderen Kirchenbünden sowie mit anderen Kirchen der Ökumene. Außerdem gab es Rückmeldungen aus den Gemeinden und Kirchenkreisen, von der Theologischen Kammer der EKD und Einzelpersonen. Der Landessynode 2008 soll nun unter Einbeziehung dieser Voten eine Antwort auf die Ausgangsfrage vorgelegt werden: Darf ein Gemeindeglied vom Abendmahl ausgeschlossen werden? Und falls ja: Aus welchen Gründen?

Kirchenzucht
bezeichnet der Beschlussvorlage zufolge ein geordnetes Verfahren, in dem die Gemeinde auf Mitglieder reagiert, die ethische oder theologische Normen der Gemeinde verletzt haben. Das Verfahren orientiere sich an dem Ziel, ein Gemeindemitglied, das schuldig geworden ist, nicht abzuschreiben. Am Anfang gehe es um „das gewinnende seelsorgliche Gespräch“. Als spürbare Sanktion spiele in der Praxis wohl nur die Verweigerung von Amtshandlungen eine Rolle.
Bei der Ausarbeitung der Vorlage für die Landessynode 2008 sei zu berücksichtigen, dass weitere Rechtsregelungen zur Kirchenzucht überprüft und gegebenenfalls Änderungen der bisherigen Praxis vorbereitet werden. Außerdem wird die Kirchenleitung beauftragt, eine vorliegende Stellungnahme mit dem Titel „Verantwortlich zum Abendmahl einladen“ als Praxishilfe in den Gemeinden, Kirchenkreisen und kirchlichen Einrichtungen zu verbreiten.

Die Stellungnahme empfiehlt:
„Unmittelbar vor der Abendmahlsfeier oder in ihrem Verlauf wird nicht kontrolliert, wer getauft und Kirchenmitglied ist und wer nicht. Jede und jeder muss und darf selbst entscheiden, ob sie oder er an den Tisch des Herrn kommt. Deshalb kommt der Abendmahlsverkündigung der Einladung zum Abendmahl und der Gestaltung und dem Verhalten bei der Mahlfeier eine besondere Bedeutung zu.“

Weitere Beschlüsse und Beratungen der 57. ordentliche Landessynode in Bad Neuenahr hier.

Text: EKiR
Foto(s): EKiR