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Die Kölner Kantorei: Vor 40 Jahren von Volker Hempfling gegründet, entwickelte sie sich von der „Eintagsfliege“ zum überaus erfolgreichen „Dauerbrenner“

Aus einer Notsituation heraus entstand vor 40 Jahren ein Chor, der mittlerweile zu den Hochkarätern der Musikszene zählt: die Kölner Kantorei. Mit zwei mitreißenden Konzerten vor insgesamt 1.200 Zuhörern in der Kölner Kirche St. Pantaleon und im Altenberger Dom feierten die Sängerinnen und Sänger den runden Geburtstag des Ensembles.

Improvisierter Projektchor
Am Beginn der Erfolgsgeschichte stand eine Absage. Volker Hempfling, Gründer der Kölner Kantorei, hatte gerade seine erste hauptamtliche Stelle als Kirchenmusiker bei der Evangelischen Kirchengemeinde Köln-Kalk-Humboldt angetreten und verfügte über gute Kontakte nach Altenberg zum damaligen Dom-Organisten Otfried Miller. Mehrmals hatte er schon Chöre für Konzerte im Altenberger Dom vermittelt, so auch für den 18. August 1968. Doch diesmal kam alles anders. „Vier Wochen vor dem Auftritt hat der Chor abgesagt“, erinnert sich Hempfling. Improvisation war gefragt, und so telefonierte der Kirchenmusiker mit zahlreichen Kolleginnen und Kollegen, bis er 24 sangesfreudige Freiwillige zusammen hatte. Mit denen studierte er auf die Schnelle ein 40-minütiges Programm ein, das erfolgreich am vereinbarten Termin aufgeführt wurde. „Die Beteiligten hatten so viel Spaß dabei, dass sie weiter machen wollten“, erzählt Hempfling. Die Kölner Kantorei entwickelte sich von der Eintagsfliege zum Dauerbrenner.

Hobby zum Kraft tanken
Dass die Erfolgsgeschichte bis heute andauern könnte, daran hat Hempfling damals nicht gedacht. Heute ist er der Einzige, der noch aus der Anfangszeit dabei ist. Eines aber hat sich bis heute nicht geändert: „Es sind alles Laien, also Menschen, die ihr Geld nicht mit Gesang verdienen“, betonte der Chorleiter. Mit drei Schul- und Kirchenmusikern sowie dem Leiter einer Musikschule hat er zwar einige Sänger, die über eine musikalische Vorbildung verfügen, die restlichen der rund 40 Mitwirkenden aber kommen aus ganz anderen Bereichen. „Es war und ist für uns alle ein Hobby, das Spaß macht, das Abwechslung vom Alltag bietet und bei dem wir Kraft tanken können“, so Hempfling.

Intensive Stimmbildung
Anspruchsvolle Chorliteratur – vornehmlich A-cappella-Stücke der Romantik und des 20./21. Jahrhunderts beziehungsweise Werke für Chor und Orchester vom Barock bis in die Gegenwart gehörten von Anfang an zum Repertoire des Chores. Hempfling bewegte sich bei der Musikauswahl bewusst abseits der gängigen Literatur für Chöre. „Wir wollten nicht das machen, was viele andere Chöre gut und teilweise auch besser machen. Es gibt viel zu viel gute alte und auch neuere Musik, die nicht so oft von Chören vorgetragen wird“, beschreibt er ein Prinzip der Kantorei. „Die ,Carmina Burana‘ jedenfalls haben wir nie gesungen“, lacht er. Intensive Stimmbildung, Atem- und Bewegungsübungen sorgen dafür, dass der Klang des Laienensembles sehr professionell klingt. In den vergangenen Jahren hat sich der Chor auf die Interpretation inhaltlich verknüpfter Werke konzentriert. So entstanden A-cappella-Programme wie „Das Buch der Psalmen“, „Lux aeterna – das Himmlische in der Musik des 20. Jahrhunderts“, „Mit Menschen- und mit Engelszungen“, „FarbWechsel“ – anlässlich der gleichnamigen Ausstellung – oder das aktuelle Programm „Du höchstes Licht“.

Konzertreisen im In- und Ausland
Von ihrer Klasse überzeugte die Kölner Kantorei nicht nur Zuhörerinnen und Zuhörer im rheinischen Raum. Zahlreiche Konzertreisen führten den Chor durch ganz Deutschland, nach Russland, Israel und in die USA. Acht- bis zehn Proben- und Konzertwochenenden kommen da im Laufe eines Jahres schon zusammen. „Jeder Einzelne investiert eine Menge Zeit und Geld in dieses Hobby“, betont Hempfling das Engagement der Sängerinnen und Sänger. Das bringt neben Spaß und Abwechslung auch greifbare Erfolge: 1982 erhielt die Kölner Kantorei beim ersten Deutschen Chorwettbewerb in der Kategorie „Gemischte Chöre“ den ersten Preis, 1998, gewann sie den ersten Preis in der Kategorie „Polyphonie“ beim Internationalen Chorwettbewerb im spanischen Tolosa. Zahlreiche Schallplatten- und CD-Aufnahmen sowie verschiedene Radioproduktionen kamen in den vergangenen 40 Jahren ebenfalls hinzu.

Erstes Volkslied-Chorbuch für gemischten Chor
Viele Jahre lang leitete Hempfling nicht nur die Kölner Kantorei, sondern auch die Domkantorei Altenberg, den Gürzenich-Chor und verschiedene Hochschulchöre im Rahmen seiner Tätigkeit als Dozent. Nach seiner Emeritierung 2003 hatte er dann die Zeit, um sich einem schon lange geplantem Projekt zu widmen: dem deutschen Volkslied. „Ohne Volks- und Kinderlieder, die ich von meiner Großmutter gehört habe, wäre ich nicht Musiker geworden“, erläutert er seine besondere Beziehung zu diesem Genre. Die „musikalischen Wurzeln“ verkümmern seiner Ansicht nach in Deutschland aber mehr und mehr. „Die Entwicklung, was das Singen betrifft, ist fürchterlich und mies“, kritisiert er. Abhilfe an diesem Zustand wollte er mit dem Projekt „Lore-Ley“ ändern. Anfang 2007 stellte er das Buch mit 124 Volksliedern in 147 Sätzen für gemischten Chor vor. „Das erste seiner Art“, betont Hempfling. Auch der Chor habe viel Spaß bei der Umsetzung und Aufführung gehabt.

Interne Feier an der Mosel
Spaß und Freude gab es für die Sängerinnen und Sänger auch im Jubiläumsjahr, obgleich es schon eine Menge Stress war. „Im nächsten Jahr lassen wir die Kugel etwas ruhiger rollen“, kündigt der Chorleiter an. An der Mosel werde dann das 40-jährige Bestehen im internen Kreis gefeiert. Mit dabei sind dann auch rund 30 Kinder von den Sängerinnen und Sänger, mit denen Hempfling Kinderlieder einstudieren will. Überhaupt gibt es auch privater Ebene enge Verknüpfungen zwischen den Mitgliedern der Kölner Kantorei. „Fünf Ehen sind so entstanden“, schmunzelt Hempfling, der weiß wovon er spricht: 1969 kam seine spätere Ehefrau Brigitte in den Chor, 1971 haben die beiden geheiratet.

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Foto(s): Suzy Coppens