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„Die hatten noch einen Esel dabei“

Die Kinder schleppen Stühle heran und setzen sich unter Getuschel in einen Stuhlkreis. Dann wird es still. Die 27 Erst- und Zweitklässler gucken gespannt, weil Lehrerin Monika Worring in den Religionsunterricht eine Journalistin eingeladen hat – ein ungewöhnlicher Einstieg ins Thema Weihnachten. Das ist jetzt im Dezember dran, denn Kirchenfeste sind Teil des Lehrplans.

Was gehört für die Sechs- bis Siebenjährigen, die die Grundschule Refrath-Kippekausen in Bergisch Gladbach besuchen, überhaupt zu Weihnachten? Die Mädchen und Jungen brauchen nicht lange nachzudenken: Ein Tannenbaum. – Geschenke. – Schnee. – Schlitten. – Freude. – Frieden. – Der Weihnachtsmann.

Auch die Frage, warum wir jedes Jahr das Weihnachtsfest feiern, kann die Hälfte der Kinder prompt beantworten: Jesus Geburt!

Eine Ruheinsel inmitten der Hektik
Monika Worring, die nicht nur Klassenlehrerin, Fachlehrerin für Evangelische Religion und stellvertretende Schulleiterin ist, sondern jahrelang auch ehrenamtlich als Presbyterin in Bergisch Gladbach arbeitete, versucht alljährlich, der Vorweihnachtszeit auch in der Schule einen besonderen Charakter zu geben: „Ich nehme mir wirklich die Zeit, egal wie hektisch es ist, in der Adventszeit jeden Morgen eine Geschichte vorzulesen.“ Eine Ruheinsel, die ihre Schüler schätzen. „Wenn ich morgens ins Klassenzimmer komme, sitzen sie schon im Kreis und warten gespannt.“ Im Zentrum brennt dann die Adventskerze. Ein Kontrapunkt zur Hektik in vielen Elternhäusern. „Ich brauche auch selbst die Ruhe.“

Weihnachtliches Vorwissen
Im Religionsunterricht sollen die Kinder des ersten und zweiten Schuljahrs bei Monika Worring „die biblische Weihnachtsgeschichte kennenlernen und erkennen, warum wir überhaupt Weihnachten feiern“. Welches Vorwissen haben sie? Die Finger schnellen nach oben! Die meisten möchten sogleich erzählen, was ihnen spontan zu dem Fest einfällt. Die Details sprudeln in munterer Unordnung aus Kindermündern. Ob das ein oder andere Schulkind die komplette Weihnachtsgeschichte chronologisch erzählen könnte, bleibt an diesem Morgen unklar. Doch im Team ergibt sich aus den zusammengetragenen Erinnerungen – flugs geordnet – eine Basisform der Weihnachtsgeschichte:

Basisform der Weihnachtsgeschichte
Gott hat zu Maria gesagt: Du bekommst ein Kind.
Jesus und Maria mussten nach Bethlehem und Maria war schwanger.
Die hatten noch einen Esel dabei.
Konnten kein Haus mehr mieten.
Ein Stall.
Jesus Geburt.
Jesus lag in der Futterkrippe.
Die war eigentlich keine richtige Krippe, die war eigentlich immer Heu drin für die Tiere, die essen konnten.
Da war ein Stern, der von den 3 Königen, der über denen war.
Die 3 Könige haben Weihrauch, Gold und Myrrhe mitgebracht.
Die Hirten sind gekommen.
Die Christen sind an Weihnachten geboren.

„Wir gehen immer in die Kirche“
An Heiligabend steigt die Spannung in vielen Elternhäusern bis ins Unendliche. 27 Kinder, 27 Arten den Tag zu begehen. Ein Mädchen bringt auf den Punkt, was auch bei vielen Klassenkameraden unverzichtbarer Bestandteil des 24. Dezembers ist: „Wir gehen immer in die Kirche und dann packen wir zu Hause die Geschenke aus.“

Warten aufs Christkind
Andere backen Kekse, fahren zu Oma und Opa, essen Raclette mit der Familie oder hören das Flötenspiel der Schwester, bis sich die Tür zum Weihnachtszimmer endlich öffnet. Oft auf ein magisches Zeichen hin. „Wenn meine Schwester und ich warten, dann klingelt meine Mama uns immer rein.“

„Wir machen es uns immer ganz gemütlich“
Auch nach der Bescherung wird gerne in den Familien gegessen, außerdem mit den Geschenken gespielt oder gemeinsam ein Weihnachtsfilm angeschaut. „Und wir machen es uns dann immer ganz gemütlich.“
Nicht immer wird jedoch ein gemeinschaftliches Miteinander zelebriert und von den Eltern vorgegeben. Ein Junge verkündet – und da ist er nicht der einzige: „Immer wenn wir unser Weihnachtsessen gegessen haben, also die Plätzchen, dann darf ich mir immer aussuchen, was ich machen möchte.“

Ein Baum, geschmückt mit Wunschsternen
Auch wenn viele Wünsche der Schulkinder an Weihnachten in Erfüllung gehen, so gibt es doch manches, was sich nicht kaufen und nicht im Nullkommanichts erfüllen lässt. Solche Wünsche konnten die Schülerinnen und Schüler auf Sterne schreiben, mit denen sodann der Kastanienbaum auf ihrem Schulhof geschmückt wurde. Bei dieser Aktion, die der OGS-Bereich der Refrather Grundschule initiiert hatte, machten natürlich nicht nur die Kinder aus Monika Worrings Religionsunterricht mit, sondern die meisten der 157 Grundschüler. Hier, im Religionsunterricht, verraten die Erst- und Zweitklässler nochmal, was sie auf ihrem Stern notierten:

Herzenswünsche
Ich wünsche mir, dass meine Eltern gut weiterleben.
Ich wünsche mir, dass ich noch ein Geschwisterchen kriege.
Ich wünsche mir, dass alle auf der Welt gesund bleiben.
Ich wünsche mir, dass die Schule keinen Streit mehr hat.
Ich wünsche mir, dass es gar keinen Krieg mehr gibt.
Ich wünsche mir dass der Sebastian mein Freund bleibt.
Ich wünsche mir, dass Schnee fällt.
Ich wünsche mir, dass alle noch fröhliche Weihnachten haben.

Vielleicht erfüllen sich diese Herzenswünsche ja nun zu Weihnachten.

Text: Ute Glaser
Foto(s): Ute Glaser