You are currently viewing Die „Goldwährung“ unter den Medien-Fachdiensten: Der „epd medien“ erscheint seit 60 Jahren – und hat sich seinen kritischen Blick auf die Medienwelt bewahrt

Die „Goldwährung“ unter den Medien-Fachdiensten: Der „epd medien“ erscheint seit 60 Jahren – und hat sich seinen kritischen Blick auf die Medienwelt bewahrt

Der Fachdienst „epd medien“ feiert Ende Januar sein 60-jähriges Bestehen: Am 21. Januar 1949 erschien die erste Ausgabe, damals noch unter dem Titel „epd/Kirche und Rundfunk“. Die Redaktion des Evangelischen Pressedienstes arbeitete in der unmittelbaren Nachkriegszeit noch in Bielefeld-Bethel (heute in Frankfurt am Main): Auf dem Gelände der Von Bodelschwinghschen Anstalten, einer Einrichtung der Behindertenhilfe Bethel, fanden sich damals einige christliche Journalisten zusammen, die sich besonders für den Rundfunk interessierten. Der Missbrauch, den die Nazis mit dem Radio als Propagandainstrument getrieben hatten, sollte sich nicht wiederholen, so ihr Entschluss. Zudem sah man in Gestalt des Fernsehens ein neues Medium heraufziehen, das die christliche Familie verändern werde. Ein Prozess, den man zwar nicht würde aufhalten können, so die Einsicht der epd-Redakteure um die Mit-Gründer Focko Lüpsen und Heinz Schwitzke, aber doch im Sinne des Protestantismus mit-gestalten wollte. Überhaupt sollte ein Dialog zwischen Kirche und den neu entstehendem Rundfunkanstalten in Gang gesetzt werden

Die Redaktion wurde mehrfach preisgekrönt
Die ersten Ausgaben fielen eher bescheiden aus: zwei Ausgaben von je 18 Seiten pro Monat, engzeilig geschrieben auf DIN-A4-Blättern, die anschließend hektographiert wurden. Heute erscheint „epd medien“, wie der Fachdienst seit 1997 heißt, zweimal wöchentlich in einem Regelumfang von 28 Seiten. Die Medieninformationen des epd, die sich vorrangig an Entscheidungsträger im Rundfunk und bei anderen Medien sowie an Medienpolitiker richten, erscheinen seit Anfang 1997 unter dem Titel „epd medien“. Außerdem fließen aktuelle Medienmeldungen in den epd-Basisdienst ein. Der Medienforscher Lutz Hachmeister nannte „epd medien“ einst die „Goldwährung“ unter den deutschen Medien-Fachdiensten. Die Redaktion wurde mehrfach preisgekrönt.

Immer kritisch im Blick: Beispielsweise Werbung als „Unglück für unsere Familien“ – oder als Schleichwerbeskandal
Die epd-Redakteure jener Zeit verstanden sich als Wächter, heute würde man sagen: als Medienkritiker. Der damalige Herausgeber Focko Lüpsen bilanzierte 1959 nach den ersten zehn Jahrgängen: „Der Dienst informierte die Öffentlichkeit, vor allem die Presse, über die Vorgänge und die sich abzeichnenden Entwicklungslinien, wandte sich aber gleichzeitig als Stimme dieser Öffentlichkeit an den Rundfunk selbst, anregend und fördernd auch dann, wenn Warnung und Kritik nötig wurden.“
Anlass dafür gab es genug. So kommentierte „Kirche und Fernsehen“ – eine Nebenausgabe, die vorübergehend ab 1955 erschien -, „dass es ein Unglück für unsere Familien war, als das Werbefernsehen begann und Vorstellungsbereiche ins Zimmer brachte, vor denen wir unsere Kinder lieber behütet hätten“.
In dieser Tradition war es nur konsequent, dass „epd medien“ im Jahr 2005 den Schleichwerbeskandal bei der ARD-Serie „Marienhof“ enthüllte. Es war nicht das einzige Mal, dass epd die medienpolitische Debatte bestimmte. Im Jahr 1972 etwa schaltete sich „epd/Kirche und Rundfunk“ in ein Filmvorhaben des ZDF ein. Der Sender wollte den aufsehenerregenden Soldatenmord im saarländischen Lebach aus dem Jahr 1969 verfilmen und dabei auch einen Mittäter, der sich nicht des Mordes schuldig gemacht hatte und deshalb kurz vor der Entlassung aus der Gefängnishaft stand, beim Namen nennen. „Fernsehausbeutung des Elends der anderen“ war ein Leitartikel überschrieben, in dem sich Friedrich Wilhelm Hymmen, der damalige verantwortliche Redakteur des Fachdienstes, für den Persönlichkeitsschutz des Betroffenen und sein Recht auf Resozialisierung einsetzte – und der Programmfreiheit des Senders eine Absage erteilte. Der Streitfall beschäftigte sogar das höchste deutsche Gericht: Das Bundesverfassungsgericht verbot dem ZDF im 1973, den Mann der Öffentlichkeit preiszugeben. In diesem Fall sei Resozialisierung das höhere Rechtsgut als Pressefreiheit. Daraufhin zog das ZDF den Film gleich ganz zurück, noch heute schmort er im Giftschrank der Fernsehgeschichte.

60 Jahre lang mit „Ernsthaftigkeit“ die deutschen Medien begleitet
Die Zeitschrift epd medien erscheint heute im Gemeinschaftswerk der Evangelischen Publizistik (GEP). Deren Direktor Jörg Bollmann würdigte die herausragende Rolle des Fachdienstes in der Branche: „epd medien ist eine der wichtigsten Quellen für Fachinformation und Medienkritik.“ Das GEP als Herausgeber des Branchendienstes werde dem kirchlichen Auftrag zum Engagement in der Mediengesellschaft auch in Zukunft gerecht werden. Der Historiker Konrad Dussel hat jüngst die „Ernsthaftigkeit“ gewürdigt, mit der epd-Redakteure seit 60 Jahren die Entwicklung der Medien begleiten. Auch noch nach Jahrzehnten, so Dussel, müsse dies als „vorbildlich“ gelten.

Text: epd
Foto(s): epd