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„Die Gesellschaft menschlicher machen“: Seit 40 Jahren ist dies das erklärte Ziel der „Grünen Damen“. EKiR-Interview mit Gabriele Trull

Gabriele Trull aus Wachtberg bei Bonn ist seit 13 Jahren Bundesvorsitzende der „Evangelischen Krankenhaus- und Altenheim-Hilfe“ (EKH), auch bekannt als „Grüne Damen“. Zum 40-jährigen Bestehen der EKH sprach mit ihr Ebba Hagenberg-Miliu für die Online-Seite der Evangelischen Kirche im Rheinland mit der Bundesvorsitzenden.

Wie kommt eine Lehrerin eigentlich zur EKH, also den Grünen Damen und Herren? Wie kam es, dass deren Gründerin Brigitte Schröder Sie 1996 als ihre Nachfolgerin im Bundesvorsitz „ausguckte“?
Trull: 1983 fing ich nach den Familienjahren in einer St. Augustiner Klinik als Grüne Dame an, war bald Einsatzleiterin und lernte EKH-Gründerin Brigitte Schröder persönlich kennen, die Ehefrau des damaligen Innen-, Außen- und Verteidigungsministers Gerhard Schröder. Sie hat diese Ehrenamtlichenorganisation ja vor genau 40 Jahren erst in Düsseldorf und Köln und dann in Bonn in Krankenhäusern aus der Taufe gehoben. Ich arbeitete dann auch bei Bundestagungen mit. Da hat sie mich dann als „Geschenk für die EKH“ bezeichnet.

War das nicht für eine 49-Jährige ein Riesen-Herausforderung, Vorsitzende in einer Organisation zu werden, für deren damalige Mitglieder Sie ein „junger Hüpfer“ waren?
Trull: Sicher. Aber ich konnte all das, was ich in meinem bisherigen Leben gelernt hatte, für eine gute Sache einbringen. Ich freute mich auf den Auftrag, unsere Gesellschaft ein wenig menschlicher zu machen. Da die Kinder erwachsen waren, hatte ich endlich die Gelegenheit, für längere Zeit etwas Tolles zu bewegen.

Was hat sich seither in Struktur und Mitarbeiterbild der EKH geändert?
Trull: Nach Jahren intensiver Vorbereitungen haben wir 2004 die EKH in einen eingetragenen, gemeinnützig anerkannten Verein überführt, den Förderkreis EKH aufgelöst und die Brigitte-Schröder-Stiftung gegründet. Wir haben die Geschäftsstelle in Bonn ausgebaut und unsere Arbeit auf Leitungsebenen zunehmend professionalisiert. Darüber hinaus haben wir unsere Qualifizierungsmaßnahmen weiterentwickelt und sind neue Partnerschaften im diakonischen Bereich eingegangen. Während früher Grüne Damen meist nicht berufstätige Frauen waren, gewinnen wir heute neue Mitarbeitenden vorwiegend aus dem Kreis derer, die nach der Berufsphase noch eine sinnvolle Aufgabe suchen. Zunehmend engagieren sich auch Grüne Herren.

Sind die Mitgliederzahlen nach einer Stagnation, weil die Gründergeneration starb, inzwischen wieder steigend?
Trull: Nur 2008 waren sie ganz gering rückläufig. Wir haben jetzt über 11.000 Mitglieder. Aus meiner Sicht sind aber nicht die absoluten Zahlen das Wichtigste. Mich interessiert, wie viele Menschen wir neu für unsere Arbeit gewinnen. Und da kommen wir schon seit über zehn Jahren auf plus 1000. Neue Aufgaben in der EKH eröffnen die Möglichkeit, weitere Ehrenamtliche zu gewinnen.

Wie stellt sich die finanzielle Situation der EKH dar?
Die EKH finanziert sich durch Mitgliedsbeiträge, durch Zuschüsse aus dem Bereich der Diakonie und aus der Brigitte-Schröder-Stiftung sowie durch Spenden. Unser langfristiges Ziel ist, durch Zustiftungen das Kapital der Stiftung und die Zahl der Fördermitglieder so zu erhöhen, dass sich der Dachverband letztendlich selbst trägt und damit unabhängiger wird von Zuschüssen und Spenden.

Wie wird die Zukunft aussehen? Werden die Grünen Damen und Herren jetzt auch vermehrt ambulant in Haushalte gehen?
Da der Bedarf an menschlicher Zuwendung ohne Zeitdruck, vor allem in den Altenhilfeeinrichtungen, weiter wachsen wird, gehe ich davon aus, dass es die EKH noch viele Jahre in erster Linie in stationäre Einrichtungen geben wird. Sicherlich werden neue Bereiche hinzukommen. EKH-Gruppen im ambulanten, häuslichen Bereich werden zunächst nur als Pilotprojekte durchgeführt, um herauszufinden, ob unsere Konzepte übertragbar sind. Eine bundesweite Ausdehnung sehe ich zur Zeit aber nicht, da uns dafür auch die finanziellen Mittel fehlen.

Sie haben seit diesem Jahr eine prominente Schirmherrin: Landesbischöfin Margot Käßmann. Sicher eine Traumkombination für die EKH?
Ja! Wir erhoffen uns durch ihre Fürsprache, unseren Bekanntheitsgrad steigern und weitere Förderer gewinnen zu können. Dabei war jetzt auch unsere zweitägige Jubiläumsfeier in Berlin ein Erfolg. Beim Festakt im Berliner Dom sprach Bürgermeister a.D. Henning Scherf. Mehr als 1000 Grüne Damen und Herren aus dem ganzen Bundesgebiet waren gekommen.

Zur Person
Gabriele Trull, 61, ist Realschullehrerin für Mathematik und Physik. Ehrenamtlich als Grüne Dame arbeitet sie seit 1983. Vorsitzende der EKH ist sie seit Oktober 1996, dazu stellvertretende Vorsitzende des Diakonischen Rates der Evangelischen Kirche im Rheinland, Mitglied der Diakonischen Konferenz der Evangelischen Kirche in Deutschland sowie Vorstandsmitglied in anderen bundesweiten Seniorenverbänden. Trull ist verheiratet, hat zwei Töchter und sechs Enkelkinder und lebt in Wachtberg bei Bonn.

Text: EKiR
Foto(s): EKiR