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Die Georg-Fritze-Gedächtnisgabe 2004 gegen Beschneidung an Mädchen: für (I)NTACT

Die Synode des Kirchenkreises Köln-Mitte hat beschlossen, dass die diesjährige Pfarrer-Georg-Fritze-Gedächtnisgabe an die Internationale Aktion gegen die Beschneidung von Mädchen und Frauen e.V., (I)NTACT gehen soll. Überzeugt hat die Kreissynode, dass der Verein unter Vorsitz von Christa Müller auf sehr konkrete Weise Frauen und jungen Mädchen hilft, die von diesem grausamen Ritus betroffen sind: Sie finden Unterstützung in rechtlichen und gesundheitlichen Fragen. Hilfe zur Selbsthilfe ist das Motto. (I)NTACT unterstützt Aufklärungsmaßnahmen in Benin, Burkina Faso, Eritrea, Guinea, Kenia, Mali, Senegal, Tansania und im Tschad, weitere Projekte sind in Vorbereitung.

Weltweit 130 Millionen Mädchen und Frauen betroffen, davon 30.000 in Deutschland
Die Tragweite des Themas ist nicht leicht zu ermessen: Das Wort „Beschneidung“ klingt scheinbar harmlos. Es erinnert an den relativ kleinen operativen Eingriff, der bei Jungen im Kleinkindalter oder in der Pubertät vorgenommen wird. Weibliche Beschneidung aber bedeutet Folter. Denn die Geschlechtsorgane der Mädchen und Frauen werden auf schlimmste Art verstümmelt. Und sie bleiben es ein Leben lang, denn der Eingriff ist nicht rückgängig zu machen. Das Menschenrecht auf körperliche Unversehrtheit wird verletzt – und das ist, wie das Oberlandgericht Oldenburg entschieden hat, mit politischer Verfolgung und Folter vergleichbar. Die Weltgesundheitsorganisation schätzt, dass weltweit 130 Millionen Mädchen und Frauen betroffen sind – davon rund 30.000 in Deutschland.

Mit der Preisverleihung verbindet der Kirchenkreis Köln-Mitte die Hoffnung, dass jene Menschen gestärkt werden, die sich in Deutschland wie in den betroffenen Ländern gegen dieses „Verbrechen gegen die Religion und Menschlichkeit“ einsetzen – wie es ein somalischer Politiker formulierte.

 

Die Preisverleihung wird am Samstag, 12. Juni 2004,

um 10.30 Uhr im Kreuzgang neben der Kartäuserkirche, Kartäusergasse 7, Köln-Südstadt, stattfinden.


Laudator ist Bundesminister a. D. Dr. Heiner Geißler, der sich schon lange mit den politischen Konsequenzen christlicher Ethik auseinandersetzt. So sagte er beispielsweise 2001 in seiner Rede anlässlich der Preisverleihung „Münchner Lichtblicke: „Die Beschneidung von Frauen bleibt, auch wenn sie theologisch begründet würde, schwere Körperverletzung und ein Verstoß gegen Artikel 2 des Grundgesetzes.“

Christa Müller, die Vorsitzende des Vereins (I)NTACT, wird den Preis entgegen nehmen, Bürgermeisterin Renate Canisius, Stadt Köln, ein Grußwort sprechen.


Die Pfarrer-Georg-Fritze-Gedächtnisgabe
wird seit 1981 regelmäßig vom Kirchenkreis Köln-Mitte verliehen. Die mittlerweile 2-jährlich verliehene Auszeichnung ist mit 5.000 Euro dotiert, der Akt der Preisverleihung ist schon zur festen Institution in Köln gewordenen – 2002 wohnten ihr über 200 Gäste bei. Die Preisträger haben sich gegen die Apartheits-Politik, für die Betreuung von Asylbewerbern, die friedliche Verständigung zwischen Juden und Palästinensern und viele andere Ziele zugunsten von Opfern von Diktatur und Gewalt eingesetzt. Denn genau das ist Inhalt der Georg-Fritze-Gedächtnisgabe: Sie geht immer an „Menschen und Gruppen, die sich in besonderer Weise für die Opfer von Diktatur und Gewalt einsetzen“. 

 

Die Auszeichnung erinnert an Leben und Wirken von Pfarrer Georg-Fritze. Der 1874 geborene evangelische Pfarrer, der seit 1916 in der Gemeinde Köln wirkte, ist stets mutig für die Rechte Unterdrückter eingetreten, bereits 1933 hat er eindeutig geäußert: „Ich fürchte, dass das Schweigen der Kirche zur gegenwärtigen deutschen Judenfrage schreckliche Folgen haben wird.“ Dieser wie alle weiteren Warnrufe Fritzes blieben ungehört, er erhielt Berufsverbot und starb 1939.

Die Liste aller Preisträger seit 1981 hier.

Text: Al-Mana
Foto(s): (I)NTACT