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Die Frage(n) nach Gott im Internet

Das Internet wird häufig für ein oberflächliches Medium gehalten, in dem ernsthafte Auseinandersetzung – gar über den Glauben – undenkbar erscheint. Das Erzbistum Köln beweist nun, dass dies keineswegs der Fall ist, dass sich Menschen – auch und gerade viele Jüngere – durchaus und sehr ernsthaft und engagiert mit Gott, dem Verlust von Gott, mit ihrem Glauben oder den Gründen, warum sie nicht glauben auseinandersetzen können und wollen. Denn offensichtlich gibt es dieses Bedürfnis, allen Unkenrufen zum Trotz, auch hute noch: Menschen suchen Gott. Und für viele ist die Anonymität, die das Internet bieten kann, ein Hauptgrund dafür, eben dieses Medium zu wählen, um von eigenen schmerzhaften Erlebnissen und quälenden Gedanken zu berichten, die ihnen den Glauben unmöglich machen, erschweren oder verwehren. Denn das Erzbistum hat sich mit seinem Internet-Projekt ganz gezielt jenen Menschen zugewendet, die „ohne Gott leben„.


Sie schreiben: „Als Mitarbeiter der Kirche begegnen wir immer öfter Menschen, die auf der Suche nach einem sinnerfüllten, glücklichen Leben sind, jedoch nicht an Gott glauben. Wo finden diese Menschen Sinn und Orientierung? Was lässt sie hoffen? Das interessiert uns. Deshalb möchten wir zum Dialog einladen. Diese Internet-Seite soll dazu ein Anfang sein.“


Die Rubriken allein machen schon deutlich: Hier soll nicht missioniert, niemand zum Glauben überredet werden. Zweifel und Einwände werden ernst genommen. Im einzelnen sind die Rubriken folgende: – Gott ist mir nicht begegnet… – Gott existiert für mich nicht… – Ich habe Gott verloren… – Als ich noch an Gott geglaubt habe… – Ich würde gerne an Gott glauben… – Ich kann nicht an Gott glauben… – Gott fehlt mir… – Ich beneide Menschen, die an Gott glauben… – Ich bedaure Menschen, die an Gott glauben…


Die Menschen, die in diesem Forum schreiben, stellen viele Fragen – und sie stellen auch die Kirche selbst in Frage. So schreibt in der Rubrik „Ich kann nicht an Gott glauben…“ schreibt ein 29-Jähriger: „…weil ich den Gott, den die Kirche verkündet, genau mit dieser Kirche nicht zusammendenken kann. Und mit einem anderen Gott als dem der christlichen Kirchen bin ich nicht ernsthaft in Kontakt gekommen.“ Der Wunsch, trotz allem aber doch glauben zu können, glauben zu dürfen, ist aus diesem Eintrag genauso deutlich zu spüren, wie jüngere Menschen diesen Wunsch sofgar klar formiulieren können: Ein 16-Jähriger schreibt: “ Ich persönlich glaube zwar an Gott, aber ich bin mir nicht wirklich sicher, ob es ihn gibt, da ich nie ein Zeichen oder etwas ähnliches von ihm gesehen habe. Ich gehe nicht sehr oft in die Kirche, denke aber, dass sie wichtig ist, um den Menschen Gott ein Stück näher zu bringen, auch wenn ich glaube, dass sie das vielleicht nicht immer gut anstellt. Sie ist in einigen Vorstellungen zu altmodisch und da viele jüngere Menschen Gott mit der Kirche manchmal auf ein und dieselbe Stufe stellen, wird es für sie um so schwerer an Gott zu glauben. Dennoch glaube ich an Gott und hoffe sehr, dass ich mir eines Tages sicher sein kann, dass es ihn wirklich gibt.“


Und drei 15- bis 16-jährige Mädchen: „Wir wissen nicht, ob wir an Gott glauben können! Einerseits glauben wir, dass es eine höhere Macht geben muss, aber andererseits sind wir uns nicht sicher, wie wir sie uns vorstellen können. Vielleicht brauchen wir auch einfach nur noch ein bisschen Zeit. Schließlich sind wir erst 16 jahre alt und wenn wir ehrlich sind, haben wir noch keine eindeutige Meinung. Auch wir stellen uns oft die Fragen: Warum gibt es Krieg? Warum Hass, warum Gewalt…Wenn es Gott gibt, warum verhindert er das dann nicht? Aber dann denken wir wieder: Wer hat dann die Welt erschaffen, den Menschen? Diese Fragen sind im Moment noch schwer für uns zu beantworten, obwohl wir auch schon im Unterricht darüber gesprochen haben. Wir glauben aber, dass sich unsere Einstellung erst noch weiterentwickeln muss…Wir brauchen wohl einfach noch Zeit um die für uns richtigen Antworten auf all diese Fragen zu finden…“


Bei dieser „Sinnsuche“ ist ein solches Internetprojekt sicher ein guter Ansatzpunkt, zumal das Forum moderiert und betreut wird – „unflätige“ Einträge wird man dort vergebens suchen.

Text: AL/ohne-gott.de
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