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Die evangelische Kirchengemeinde in Bedburg stellt eine Wohnung für Flüchtlinge bereit

Ziemlich nachdenklich sei er gewesen, erinnert sich Pfarrer Gebhard Müller, als er vor ein paar Wochen das Büro des Bürgermeisters von Bedburg verlassen habe. Es ging – wie so oft in diesen Tagen – um die Flüchtlinge, die die Stadt bald aufnehmen werde. Rund 200 Menschen, die kurzfristig erstversorgt werden müssen. Was können wir tun? Diese Frage bewegte den Pfarrer und ließ ihn nicht mehr los.

Ihm fiel der große Raum im Souterrain des Martin-Luther-Gemeindezentrums in Bedburg ein, und ja – warum nicht? Für eine kleine Familie würde die Wohnung allemal reichen. „Für mich stellte sich nicht die Frage, ob wir das machen, sondern wie wir die formalen Schwierigkeiten meistern.“ Als sein Vorschlag im Presbyterium angenommen wurde, machte die Stadt, als zukünftiger Mieter der Räume, Nägel mit Köpfen. „Toll, wie unbürokratisch die Probleme sofort gelöst wurden“, erinnert sich Müller, „Das Bauamt regelte die Nutzungsänderung und die Stadt baute umgehend ein Bad mit Waschmaschinenanschluss ein". Jetzt ist die Wohnung fast bezugsfertig.

„Wir alle tragen Verantwortung“
Bei den meisten Bedburgern sei die Stimmung gegenüber den Flüchtlingen sehr positiv. Allerdings gäbe es auch vereinzelt Ängste: Wie kommen wir miteinander in Kontakt, wenn wir nicht dieselbe Sprache sprechen? „Zuhören und aufklären, wo es geht“, will der Theologe. Auch in seinen Gottesdiensten geht es immer häufiger um das Thema „Flucht“. „Ich habe die Hoffnung, dass die Menschen verstehen, dass ihnen nichts weggenommen wird, dass wir alle auch Verantwortung dafür tragen, warum die Menschen jetzt zu uns kommen. Dass sie genauso ein Recht auf ein auskömmliches Leben in Frieden haben wie wir hier auch.“

Nächtliches Ankommen
In der Nacht vom 8. auf den 9. September kam in Bedburg ein Bus mit 150 Flüchtlingen an. Sie wurden zur Erstversorgung in eine Turnhalle einquartiert. Müller war bei der nächtlichen Aktion dabei. Und obwohl sich der Bus etliche Stunden verspätet hatte, waren über hundert freiwillige Helfer zur Stelle. „Ich habe eine große Welle der Hilfsbereitschaft gespürt“, so Müller und bittet um Verständnis, dass nicht jede Hilfe sofort angenommen werden kann. „Das Wichtigste, was Flüchtlinge zunächst brauchen, ist Ruhe.“

Gespanntes Warten
Ruhe herrscht auch noch in der frisch renovierten Wohnung im Martin-Luther-Gemeindezentrum. Noch weiß Gebhard Müller nicht, welche Familie kommen und dort einziehen wird. „Natürlich ist das nur ein Tropfen auf den heißen Stein, aber ein gutes Zeichen, mit dem die evangelische Kirche vorangeht“, findet der Gemeindepfarrer. Für die neuen Bewohner wünscht er sich und seiner Gemeinde, dass sich alle wohlfühlen und gut miteinander leben werden. Und für dieses Miteinander gibt es guten Grund zu hoffen: Neulich im Konfirmandenunterricht habe einer der Jungen erzählt, dass er vor der Kirche einen 20-jährigen Flüchtling aus Syrien getroffen habe. Die beiden jungen Menschen stellten fest, dass, obwohl sie in verschiedenen Kulturen beheimatet sind, sie ähnliche Bücher und Filme mochten. Manchmal ist das Fremde doch gar nicht so fremd wie man denkt.

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Gebhard Müller ist Pfarrer in der Evangelischen Kirchengemeinde Bedburg-Niederaußem-Glessen und arbeitet im Bezirk Bedburg. Die Kirchengemeinde gehört zum Evangelischen Kirchenkreis Köln-Nord.

Text: Sandra Kampmann
Foto(s): Evang. Kirchenverband Köln und Region