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Die EisHeiligen – Urbanes FamilienKloster in Köln-Ehrenfeld

Ein großer Garten mit einem gemütlichen Schaukelsitz und einem Planschbecken. Im Schatten eines Baumes ein großer Tisch. Viele zusammengewürfelte Stühle laden zum Verweilen ein, es gibt Kaffee aus bunten Bechern und lebhafte Gespräche. Hier erzählt alles von Leben. Und hier fand sich im Frühjahr 2020 eine Gemeinschaft zusammen, die sich in einem Urbanen FamilienKloster ausprobieren möchte. Diese Gemeinschaft aus acht Erwachsenen und drei Kindern hat sich „Die EisHeiligen“ genannt, nach dem Namen der Straße an der ihr Haus, das ehemalige Gemeindehaus, und die an den Garten angrenzende Versöhnungskirche stehen.

Gründer
Vikar Stefan Dross ist einer der Gründer des Urbanen FamilienKlosters. Er sitzt mit seiner Frau Tabea, Johannes, Nina und Marian am Gartentisch und erläutert das Konzept der EisHeiligen, das Kirche leben, zu den Menschen bringen, aber auch geistlich, in der Nachfolge Christi, träumen möchte. Er sagt, dass sie alle der Wunsch danach verbindet „in Gemeinschaft zu leben und damit einen Raum entstehen zu lassen, in dem unser christlicher Glaube in unserem Alltag einen Ausdruck findet. Wir möchten in unsere Stadt hineinwirken und ein Ort der Begegnung sein.“

So steht es auch im Gründungsnarrativ, das die Mitglieder der Gemeinschaft an die Evangelische Kirche im Rheinland geschickt haben, um sich vorzustellen und als Erprobungsraum gefördert zu werden. Im Rahmen des Projekts „Erprobungsräume“, das 2019 von der Landessynode angestoßen wurde, sollen neue Formen von Gemeinde entstehen und – wie der Name es sagt – erprobt werden. Fehler setzen Lernprozesse in Gang. Erfolge zeigen, dass Dinge funktionieren. Gelebte Spiritualität steht dabei ebenso im Zentrum, wie neue Zugänge zum Evangelium zu finden, um Kirche in ihrer ganzen Vielfalt zu den Menschen zu bringen. Zehn Projekte werden aktuell unterstützt, der Zeitraum kann laut der Förderrichtlinie zwischen drei und fünf Jahren liegen.

Angebote
Die EisHeiligen stemmen mit der Förderung unter anderem die Miete für das große Gemeindehaus, das sich in den kommenden Monaten sehr verändern wird. Eine Großküche ist geplant. Ein Gemeinschaftswohnzimmer im Souterrain wartet nach dem Umbau auf Aktivitäten, und auch mehrere Gästezimmer entstehen gerade. Denn darin sind die EisHeiligen sich einig: Das Urbane FamilienKloster ihrer Vorstellung soll ein Ort der Gastfreundschaft sein. Der Garten soll zum Treffpunkt werden. Zum Ort des Spiels für die Kinder und zu einem Platz, an dem die Erwachsenen ins Gespräch kommen, um Kirche anders zu denken und zu erleben. Gärtnern, Essen, Lachen, Reden, Begegnung auf neue Art – und dabei spüren, dass Glaubensthemen und Kirche bereichern können.

Dass das funktioniert, haben schon die ersten Ideen gezeigt. Der Fenstersegen zum Beispiel, der in den Zeiten der Kontaktsperre durch die Corona-Pandemie die Menschen rund um das Urbane FamilienKloster verbunden hat. Tabea Dross erinnert sich lächelnd an die Freude der Gesegneten und daran, dass sich viele gleich darauf eingelassen haben: „Wir haben uns gefragt, wie wir in diesen Zeiten Ostern feiern können und entwickelten daraufhin den Fenstersegen. Wer es wollte, den haben wir besucht und eine Andacht vor seinem Fenster gehalten.“ Letztlich fand die Idee so großen Anklang, dass Nachbarn kamen, um sich mit Klappstühlen und gebührendem Abstand dazuzusetzen. Auch das tägliche Balkonsingen ist zum Ritual geworden. „Der Mond ist aufgegangen“ wurde zum Abendlied des Stadtteils. Waren die EisHeiligen verhindert, übernahmen Nachbarn die Initiative, damit der Tag auch wirklich singend in Ruhe ausklingen konnte. Dazu kommt, dass Marian und Johannes sich seit Anfang 2020 im Presbyterium der Gemeinde engagieren.

Gleichzeitig gibt es aber auch bewusst geschaffene Rückzugsräume, erläutert Stefan Dross, der ab Herbst zu 50 Prozent als Pfarrer im Vorbereitungsdienst in Ehrenfeld und zu 50 Prozent innerhalb des Projekts Urbanes FamilienKloster tätig sein wird: „Wir haben als Familien jeweils unsere eigenen Wohnräume. Diese Privatsphäre empfinden wir als richtig und gut und respektieren uns darin. Zumal wir gemeinsame Gebetszeiten mit einer von uns entwickelten Liturgie haben, wir regelmäßig gemeinsam essen und es Supervisionen zu unserem Zusammenleben gibt.“

Wünsche
Einig sind sich auch alle darin, dass sie das Wort „Erprobungsraum“ sehr ernst nehmen. Zwar haben einige der Gründer schon Erfahrungen mit dem Zusammenleben in einer Gemeinschaft, doch wie das Zusammenleben der EisHeiligen und das Wirken in den Stadtteil hinein aussehen können, soll sich in den nächsten Monaten entwickeln. „Wir möchten das Stärkende und Festigende fördern, doch es darf auch nicht einengen“, schildert Tabea Dross die Balance, die die Mitglieder des Urbanen Klosters gerade für ihr Zusammenleben finden möchten.

Christsein, sagt Marian, sei mehr als nur ein schlichtes Bekenntnis. Es will mit Spiritualität gelebt, gleichzeitig aber auch durch die aktive Hinwendung zu den Menschen ausgedrückt werden. Und das passiert jetzt schon im Urbanen FamilienKloster der EisHeiligen in Köln-Ehrenfeld und wird sicher mit vielfältigen Ideen, Aktionen und Einladungen auch weiterhin passieren.
https://erprobungsraeume.de/

Text: Katja Pohl
Foto(s): Matthias Pohl