You are currently viewing Die Bahnhofsmission Köln präsentiert sich am 25. April: „Das Leben ist eine Kunst. Bahnhofsmission“, lautet das Motto des diesjährigen Aktionstags

Die Bahnhofsmission Köln präsentiert sich am 25. April: „Das Leben ist eine Kunst. Bahnhofsmission“, lautet das Motto des diesjährigen Aktionstags

Vielleicht nicht aus eigener Erfahrung bekannt, haben doch viele Menschen schon mal von der Bahnhofsmission gehört. Insbesondere Zugreisende werden in deutschen Bahnhöfen Mitarbeitenden begegnet sein, die auf dem Rücken ihrer blauen Jacke oder Weste das einprägsame Symbol der Hilfseinrichtung tragen. Doch was verbirgt sich hinter dem Logo, was sind die Angebote der Bahnhofsmission, wofür steht sie, wie finanziert sie sich? Antworten auf diese und weitere Fragen erhalten Interessierte am „Tag der Bahnhofsmission in Köln“, Samstag, 25. April , 10 bis 17 Uhr. Dann informieren Mitarbeitende unter anderem an Ständen in der „Markthalle“, dem größten Quergang des Kölner Hauptbahnhofs, über ihre Tätigkeit. Es wird Aktionen für Jung und Alt geben, darunter eine Tombola, so reich bestückt, dass sie ihrem Motto „Jedes Los gewinnt“ gerecht werden sollte. Als Hauptgewinne locken eine Zugreise nach Amsterdam und ein signiertes FC-Trikot. Zeitgleich ist das Bundesamt für Zivildienst Köln mit einer Ausstellung vertreten, die den Einsatz von Zivildienstleistenden in Bahnhofsmissionen beleuchtet.

365 Tage im Jahr rund um die Uhr besetzt
Hauptbahnhof Köln, Gleis 1, Höhe Abschnitt E: Hier befindet sich heute eine der ältesten der rund hundert Bahnhofsmissionen Deutschlands. 1900 gegründet, ist die Kölner Einrichtung eine der wenigen, die rund um die Uhr besetzt ist, 365 Tage im Jahr. Eingelassen wird auf Klingelzeichen. Der Empfang an der Pforte ist liebenswürdig, die Tür zum kleinen Warteraum gastfreundlich geöffnet. Die mit Blumen geschmückten Tische zieren Decken in Blau und Gelb, die Farben der Bahnhofsmission. Zur Kölner „Kommandozentrale“ gehören auch ein kleines Büro, ein Aufenthaltsraum, ein Gäste-WC sowie ein Schlaf- und Schutzraum, der Frauen mit Kindern in Notsituationen vorbehalten ist. Dieser Ort ist Anlaufstelle für Reisende aller Altersstufen, die Hilfe in akuten, kleinen wie großen Krisensituationen brauchen, Rat und Vermittlung in existentiellen Notlagen oder einfach ein „offenes Ohr“. Adresse für alle, die sich im Bahnhof mit einem Problem konfrontiert sehen, das sie nicht alleine lösen können. Für Menschen, die Dinge, Geld und Papiere verloren haben oder bestohlen wurden; die orientierungslos, verzweifelt, verletzt oder obdachlos sind, oder einfach nicht mehr weiter wissen. Ebenso unterstützt die Bahnhofsmission Reisende, etwa ältere Menschen oder Menschen mit Behinderung, beim Ein-, Aus- und Umsteigen auf den Zuggleisen.

Christlicher Glaube, für Hilfesuchende in die Praxis umgesetzt
Bundesweit sind die Bahnhofsmissionen Einrichtungen der evangelischen und katholischen Kirche. An den Standorten kooperieren beide Kirchen häufig paritätisch. So auch in Köln. Hier fungieren als Träger das Diakonische Werk des Evangelischen Kirchenverbandes Köln und Region sowie die katholische Initiative für Mädchensozialarbeit „InVia“. Die Räumlichkeiten der Kölner Einrichtung stellt die Deutsche Bahn AG kostenfrei zur Verfügung. Für Personal- und Telefonkosten oder das Inventar kommen beide Träger auf. Leiter der Kölner Station ist der Sozialpädagoge Reinhard Schwarz. Als gleichberechtigter Stellvertreter wirkt Gustav Rehbein vom Diakonischen Werk Köln und Region. Der 58-Jährige ist seit September 2008 in diesem Amt, zuvor war er Sozial-/Bildungsrefent beim Diakonischen Werk für das Gebiet des Kirchenkreises Köln-Rechtsrheinisch. „Von der Arbeit hier im Bahnhof habe ich ein falsches Bild gehabt“, gesteht Rehbein. Schon in einer kurzen Probezeit korrigierte sich das grundlegend. „Die Bahnhofsmission ist ein überaus interessantes Arbeitsfeld, offen und abwechslungsreich. Tatsächlich kann man hier im Umgang mit den Hilfe und Rat Suchenden seinen christlichen Glauben, die diakonische Idee direkt einbringen“, so der Diplom-Sozialarbeiter und Supervisor, der vor seinem Studium der Sozialarbeit auch Theologie studiert hat.

Mit viel ehrenamtlichem Engagement jederzeit ansprechbar
In Köln teilen sich zwei männliche und drei weibliche Sozialarbeitende die vier hauptamtlichen Stellen. Hinzu kommen vier feste Zivilidienstleistende und rund sechzig Ehrenamtliche. Das sind Menschen verschiedenen Alters, Studierende, Berufstätige, Pensionäre, Praktikumsabsolventen… 2008 verlieh Oberbürgermeister Fritz Schramma dem Team dieser Ehrenamtlichen den Ehrenamtspreis der Stadt Köln. „Ohne ihre unentgeltliche Mitarbeit, ohne ihre Einsatzbereitschaft wäre die Arbeit der Bahnhofsmission schlecht denkbar“, stellt Rehbein fest. Der Einsatz ist unterschiedlich: „Manche arbeiten drei Mal in der Woche, andere ein Mal monatlich. Andere übernehmen nur Nachtdienste, andere die Begleitung reisender Kinder.“ Zu den Aufgaben der Ehrenamtlichen und Zivis zählt auch der „Ausgehende Dienst“. Regelmäßig gehen zwei in ihrer blauen Dienstjacke im Bahnhof eine festgelegte Route ab, beobachten, zeigen Präsenz. „Wir sprechen in der Regel niemand direkt an, sondern lassen uns ansprechen“, betont Rehbein die Offenheit des Angebots. „Es geht um Kommunikation. Wir möchten das Gefühl vermitteln, jederzeit ansprechbar zu sein, ohne vorherige Terminvereinbarung.“ Häufig würden auch Menschen, die einen hilflosen Eindruck machten, vom Sicherheitsdienst des Bahnhofs zur Station gebracht. „Darunter befinden sich Menschen, die den Hauptbahnhof als Lebensmittelpunkt sehen, etwa Obdachlose oder Drogenabhängige.“ So verzeichnet die Kölner Bahnhofsmission etliche „Stammgäste“.

Möglichst schnelle „Klärung der Problemlage“
„2008 hatten wir in Köln 44.300 Kontakte“, berichtet Rehbein aus der Statistik.
Auffallend sei die gestiegene Zahl von Menschen aus Osteuropa, die sich eine neue Zukunft in Deutschland erhofft hätten, nun in Köln „gestrandet“ seien und Hilfe benötigten. „Zugenommen hat ebenso die Zahl der älteren, einsamen Menschen. In Kleinarbeit versuchen wir, sie wieder ´anzudocken´. Das hat bislang einigermaßen gut geklappt.“ Dabei strebe man an, innerhalb eines Tages die Probleme zu lösen, die Menschen zu versorgen, ihre Weiter- oder Heimfahrt zu organisieren. „Wir versuchen eine Klärung der Problemlage, begleiten und, wenn erforderlich, vermitteln wir zu anderen Stellen und Einrichtungen, die für die Problemlage besser aufgestellt sind“, so Rehbein. Zu den gehören etwa Frauenhäuser, das Wohnungs- und Ordnungsamt, die Polizei, Bahnsicherheit, Botschaften und Konsulate. All diese Einrichtungen kann die Kölner Bahnhofsmission auch nachts oder an Wochenenden kontaktieren. Bewährt habe sich auch die Kooperation im „Arbeitskreis Nutzungskonzept Hauptbahnhof“.

Allein reisende Kinder, warme Getränke und bald noch größere Mobilität: Die Angebote der Bahnhofsmission sind vielfältig
Zu den regelmäßigen, sehr gut frequentierten Angeboten der Kölner Bahnhofsmission gehört der tägliche, kostenlose Ausschank von Kaffee oder Tee: vormittags für zwei, nachmittags für drei Stunden. „Immer nur eine Tasse pro Person je Durchgang“, so Rehbein. „An den Tischen finden maximal 16 Personen Platz. Wartende können erst eingelassen werden, wenn andere den Missionsraum verlassen haben. Viele von ihnen sind Stammgäste.“ Nicht allein die Versorgung mit einem warmen Getränk tue den Besuchenden gut. „Wir bedienen sie wie in einem Lokal, kümmern uns um sie, wodurch wiederum manche Kontakte entstehen.“
600 Kontakte in 2008 entfielen auf das seit circa sechs Jahren bestehende Angebot „Kids on Tour“. Dabei geht es um die Begleitung allein reisender Kinder, die am Wochenende mit dem Zug Mutter, Vater oder Großeltern besuchen. Dieses über die DB-Mobilitätsservicezentrale buchbare Angebot besteht für bestimmte Züge, die Kölner Bahnhofsmission betreut die Strecke Köln-Hamburg.
Ein weiteres Projekt ist bereits angelaufen, aber noch in der Erprobungsphase. Es nennt sich „Mobile Bahnhofsmission“, und ist ein Begleitangebot für Menschen, die sich aufgrund ihres Alters, Gesundheitszustands oder einer Behinderung bei Zugreisen unsicher fühlen. Nach Anmeldung werden diese Personen im Umkreis von 150 km um Köln in allen S-Bahnen und Regionalzügen der Deutschen Bahn von Köln zum Zielbahnhof und zurück begleitet. Wichtige, noch zu klärende Punkte seien dabei die Kostenfrage und Formulierung notwendiger Verträge, so Rehbein.

Spenden werden immer gebraucht
Um das Angebot der Bahnhofsmission öffentlich bekannter zu machen, gibt es Führungen vor Ort. Hauptamtliche wie Rehbein sind aber auch außerhalb des Bahnhofs unterwegs. „Ich stelle das Projekt unter anderem in evangelischen Kirchengemeinden und Einrichtungen vor, in Kitas, bei der Polizei. Wir sind vertreten auf Gemeindefesten und anderen Veranstaltungen.“ Wie der Tag der Bahnhofsmission dienen diese Aktivitäten dazu, neue Türen zu öffnen, um Unterstützung durch ehrenamtliche Mitarbeit oder für Spenden zu werben. Zwar teilen sich das Diakonische Werk in Köln sowie „InVia“ in die Finanzierung der Personalkosten für die hauptamtlichen Mitarbeitenden und andere Ausgaben. „Aber alles, was den Gästen zugute kommen soll, müssen wir über dringend benötigte Spenden abdecken.“
Schließlich bietet die Bahnhofsmission neben der Möglichkeit Ruhe zu finden auch seelsorgerische Gespräche. An hohen Feiertagen werden auch ökumenische Gottesdienste gehalten. Bislang fanden die meist im kleinen Gastraum statt. Auf Anfrage Rehbeins sagte Citykirchenpfarrer Dr. Bertold Höcker der Bahnhofsmission Köln nun zu, dafür zukünftig auch die AntoniterCityKirche in der Schildergasse nutzen zu können.

Text: Engelbert Broich
Foto(s): Broich