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Diakonisches Werk baut Fachdienst Migration aus

Menschen zu helfen, die vor Gewalt oder Armut fliehen, zählt schon seit Jahrzehnten zu den Aufgaben des Diakonischen Werkes Köln und Region: Nach dem Zweiten Weltkrieg waren es die Vertriebenen, dann die sogenannten „Displaced Person“ in Kölns erster „Ausländersiedlung“, in den 1980er Jahren die Roma-Familien auf dem Schiffhof und Anfang der 1990er Kriegsflüchtlinge aus Jugoslawien und dem Irak – alle wurden sie durch das damalige Amt für Diakonie begleitet.

Heute sind es Flüchtlinge aus Syrien, Afghanistan, Irak und aus afrikanischen Staaten, aber auch Osteuropäer vom Balkan, die beim Diakonischen Werk im Haus der Evangelischen Kirche in der Kölner Südstadt Hilfe suchen. Viele von ihnen wollen wissen, ob sie in Deutschland bleiben können und welche Perspektive sie hier haben. Die Mitarbeiterinnen in der Flüchtlingsberatung beraten zu allen Fragen rund um das Asyl- und Aufenthaltsrecht und vermitteln auch Kontakte – zu anderen Fachberatungen, zu Anwälten und Therapeuten.

Kirchenverband, Landeskirche und Stadt geben Geld
Die Zahl der Hilfesuchenden ist in den vergangenen Monaten rasant angestiegen. „Darum ist es gut, dass wir die Flüchtlingsberatung jetzt ausbauen konnten“, freut sich Helga Blümel, Geschäftsführerin des Diakonischen Werkes Köln und Region. Der Evangelische Kirchenverband Köln und Region hat hierfür 80.000 Euro zur Verfügung gestellt. Zusätzlich gibt es Mittel in Höhe von 27.000 Euro von der der Evangelischen Kirche im Rheinland aus dem Fonds für Flüchtlinge, der auf der Landessynode 2015 eingerichtet wurde. Die Gesamtsumme reicht für zusätzliche 26 Stunden in den kommenden drei Jahren. Die Stadt Köln zahlt zusätzlich jährlich 35.000 Euro mehr für die Flüchtlingsberatung, so dass eine weitere Stelle mit 25 Wochenstunden eingerichtet werden kann.

Fachdienst Migration wird mit Verantwortung ausgebaut
Für den gesamten Bereich der Flüchtlingsarbeit gibt es derzeit von verschiedenen Stellen Geld. „Und wir haben uns entschieden, diese Gelder für unsere gute und parteiliche Arbeit zu akquirieren“, so Blümel. Allerdings greife das Diakonische Werk nicht bei allem wahllos zu. „Wir wollen mit dem Ausbau unserer Angebote verantwortlich umgehen und jetzt nicht jede Menge Leute einstellen, die wir wieder entlassen müssen, wenn das Geld nicht mehr fließt.“ Auch werden nur Aufgaben übernommen, die bestimmten Qualitätskriterien entsprechen und die zu den bisherigen Aufgaben des Fachdienstes Migration passen. „Eine Notunterkunft gehört nicht dazu“, erläutert Blümel, „denn hier geht es vor allem um Clearing und Logistik. Dies überlassen wir lieber dem Roten Kreuz, das damit mehr Erfahrung hat.“

Betreuung von vier Flüchtlingswohnheimen geplant
Seine Stärken sieht das Diakonische Werk mehr in der sozialarbeiterischen Kompetenz. So hat es sich um die Betreuung von vier neuen Flüchtlingswohnheimen bemüht. Eines davon ist das Haus des Evangelischen Kirchenverbandes in der Brandenburger Straße gleich hinter dem Hauptbahnhof, in dem das Diakonische Werk bis 2013 seine Geschäftsstelle hatte. Geplant sind außerdem die Betreuung einer Unterkunft in Container-Bauweise auf einem Grundstück der Evangelischen Kirchengemeinde Köln-Klettenberg in der Berrenrather Straße und eines weiteren Heimes in der Josef-Kallscheuer-Straße in Sürth. Der vierte Standort steht noch nicht fest.

Ehrenamtliche Strukturen mit hauptamtlicher Beratung vernetzen
In Sürth und Klettenberg gibt es bereits aktive Willkommens-Initiativen für Flüchtlinge, ebenso in der Christuskirche in der Kölner Innenstadt. Um die Vernetzung dieses ehrenamtlichen Engagements mit der professionellen Flüchtlingsberatung kümmert sich Sabine Kistner-Bahr. Sie ist seit vielen Jahren Sozialarbeiterin im Diakonischen Werk und sehr erfahren im Aufbau ehrenamtlicher Strukturen. Finanziell ermöglicht wurde diese halbe Stelle durch Mittel des Bundes. Kistner-Bahr ist auch Ansprechpartnerin für andere evangelische Gemeinden in Köln, in RheinBerg und im Rhein-Erft-Kreis, die sich in der Flüchtlingsarbeit engagieren und hierfür ehrenamtliche Strukturen vernetzen wollen. „Wir haben im Moment sehr viele Anfragen von Menschen, die ehrenamtlich helfen wollen“, sagt Martina Domke, Leiterin des Fachdienstes Migration, „und die Kollegin kann sie jetzt bearbeiten. Und wir erfüllen unseren Kernauftrag, die Beratung der Flüchtlinge. “ Trotz des großen Andranges kann Martina Domke der jetzigen Situation viel Positives abgewinnen: „Wir hatten noch nie so viel Rückenwind in der Flüchtlingsarbeit, das tut einfach gut!“ Auch die Behörden von Stadt und Land zeigten sich sehr kooperativ: „Wir rennen da viele offene Türen ein, alle sind froh, wenn wir vermitteln.“

Rückkehrberatung und Integrationsagentur
Zum Angebot des Fachdienstes Migration zählt noch viel mehr als die Flüchtlingsberatung: So gibt es eine Rückkehrberatung. Sie unterstützt Flüchtlinge, die sich freiwillig zu einer Rückkehr in ihr Herkunftsland entschlossen haben, dabei in ihrer alten Heimat eine tragfähige Lebensperspektive zu entwickeln. Außerdem gibt es die Migrationsberatung für erwachsene Zuwanderer: Hier werden anerkannte Flüchtlinge und EU-Bürger bei der Integration unterstützt. Die Integrationsagentur fördert Menschen mit Zuwanderungsgeschichte, indem sie Integrationschancen und -probleme benennt und nach Lösungen sucht. Für die Opfer der rechtsextremen Anschlägen durch die NSU in der Keupstraße (2004) und in der Probsteigasse (2001) gibt es seit Juli 2013 ein Beratungsangebot zu rechtlichen und sozialen Fragen und bei psychischen Problemen. Das Interkulturelle Zentrum Buchheim bietet Menschen mit und ohne Migrationshintergrund Hilfe und Aktivitäten von Sozialer Beratung bis hin zu Vorträgen und Ausflügen sowie Gruppenaktivitäten insbesondere für Frauen an.

„Wege finden“ heißt das gemeinsame Motto aller Angebote im Fachdienst Migration. Das Team besteht derzeit noch aus zehn Mitarbeiterinnen. Sie sprechen neben Englisch, Französisch, Portugiesisch, Spanisch und Griechisch auch Dari, Persisch, Kiswahili und Lingala.

Text: Martina Schönhals
Foto(s): Jürgen Schulzki