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Diakonie zwischen ökonomischer Realität und christlicher Nächstenliebe; Vortrag im Forum Michaelshoven

„Der diakonische Grundkonflikt: Diakonie zwischen ökonomischer Realität und christlicher Nächstenliebe“, lautete der Titel eines anregenden Vortrags von Professor Friedrich Wilhelm Graf im Forum Michaelshoven der Diakonie Michaelshoven im Dezember.

Wie den Anforderungen der Zeit genügen, ohne das eigene Profil zu verlieren und zugleich die Zukunft für die anvertrauten Menschen zu sichern?, fragte Pfarrer Reinhard Hackler, Vorstandsvorsitzender des Diakonie Michaelshoven e.V. „Wir setzen uns heute weiter mit den Grundfragen der Diakonie auseinander“, begrüßte er im Forum Michaelshoven vor rund fünfzig Gästen Prof. Friedrich Wilhelm Graf.

In seinem Vortrag beleuchtete Graf,  Ordinarius für Systematische Theologie und Ethik an der Universität München die Situation der kirchlichen Wohlfahrtsverbände im Spannungsfeld zwischen Kirche, Staat und Markt. Graf stellte fest, dass sich in diesen Krisenzeiten die Konkurrenz nicht nur auf dem finanziell-wirtschaftlichen Sektor verschärfe, sondern auch auf dem Gebiet des Geistes. „Es geht ebenso um den Wettstreit kluger Einfälle, um bessere Konzepte, mit denen man anderen voraus ist.“ Daran müsse sich auch die Kirche konstruktiv beteiligen.

Jeder Konsument wisse um die Bedeutung von unverwechselbaren Produktmarken. Entsprechend benötige die Kirche ein klar definiertes, spezifisches Profil. „Hier liegt ein entscheidendes Problem für den Protestantismus.“ Dieser habe an Profil verloren, sich lange Reformen verweigert, sich niemals ernsthaft bemüht, aus der sozialstaatlichen Absicherung herauszufinden. Der altesei aber nicht nur in eine finanzielle Krise geraten. Zudem sei der Glaube an ihn erschüttert. Und das angesichts tiefgreifender sozialstruktureller Wandlungsprozesse. Die hiesigen sozialen Dienstleistungen seien oft viel schlechter als in anderen Ländern, so Graf, und würden zudem mehr kosten.

Die Dienstleistungsmärkte, also auch diakonische Unternehmen, müssten effizienter strukturiert werden. Das könne nur gelingen, wenn sie sich auf Dauer zu wahrnehmungssensiblen Institutionen entwickeln und als lernfähige Konkurrenz auf den Märkten agieren würden. Konkurrenzdruck gelte es nicht zu verteufeln oder zu bejammern. „Das ist ein Zeichen von Hilflosigkeit.“ Vielmehr müsse die Bereitschaft wachsen, die ethischen Traditionsbestände kritisch unter die Lupe zu nehmen und sich mit politischen und ökonomischen Fragen zu beschäftigen.

Der Diakonie komme die Aufgabe zu, Kräfte zu bündeln und das Engagement zu stärken. „Wer sich auf bloße Abwehrhaltungen versteift, hat keine Überlebenschance“, forderte Graf von ihr Lernbereitschaft und ökonomische Rationalität, um den Anforderungen gerecht zu werden.

Text: Engelbert Broich für den WEG
Foto(s): Diakonie Michaelshoven