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Diakonie Michaelshoven: Wie Kindern mit Aufmerksamkeits-Defizit-Syndrom geholfen werden kann

Eine Multifunktionshütte für die Kinder- und Jugendeinrichtung Stephansheide
Hämmern, Sägen, Schleifen – dass hier gearbeitet wird, hört man auf dem ganzen Gelände. Um den Ort des Geschehens herum liegen Holzlatten und Balken, eine Kreissäge, Nägel und weitere Utensilien, die zum Bau benötigt werden. Das äußere Gerüst der neuen Hütte für die Kinder- und Jugendeinrichtung Stephansheide ist auch schon gut zu erkennen. Eine „Multifunktionshütte“ soll das neue Holzhaus werden, erklärt Albrecht Meder, Pädagoge und Leiter des Projektes. Die rund vierzig Kinder und Jugendlichen in Stephansheide sollen in dem neuen Blockhaus in ein paar Tagen werken und spielen können, der Einbau stabiler Bänke und Tische soll besonders den Älteren als Treffpunkt und Rückzugsmöglichkeit dienen. Das Bauvorhaben im Innenhof der Einrichtung soll bis zum Ende der Herbstferien abgeschlossen sein, bevor die Schule wieder beginnt.

Aufmerksamkeits-Defizit-Syndrom: eine Stoffwechselstörung, die Kinder und Eltern vor enorme Probleme stellt
Eine große Zahl der Kinder und Jugendlichen in Stephansheide, einer Einrichtung der in Köln ansässigen Diakonie Michaelshoven, leidet unter ADS, dem Aufmerksamkeits-Defizit-Syndrom, einer Stoffwechselstörung im Hirn. Menschen mit ADS reagieren besonders stark auf alle möglichen Reize, die sie umgeben. Für ADS-Kinder ist in der Schule die Fliege an der Fensterscheibe genauso wichtig und interessant, wie die Mathematikaufgabe an der Tafel. Eine Reizüberflutung führt deshalb nicht selten auch zu schlechten Noten. „Dabei sind diese Kinder häufig besonders intelligent“, weiß Peter Sieber, Leiter in Stephansheide zu berichten. Nicht selten sind Eltern und Geschwister aber auch durch das impulsive, nach Aufmerksamkeit förmlich schreiende Verhalten von ADS-Kindern überfordert. Diesen Kindern wird in Stephansheide geholfen – das Projekt gehört zur Kinder-, Jugend- und Behindertenhilfe der Diakonie Michaelshoven. Die Kinder leben im Schnitt rund ein Jahr in betreuten Wohngruppen – täglich und rund um die Uhr -, bis sie wieder nach Hause können.

Bauen fast wichtiger als Benutzen
„Was Kindern und Jugendlichen mit ADS in Familie und Schule häufig fehlt, ist eine besondere Zuwendung, sind klare Strukturen und Zielvorgaben“, erklärt Sieber. Und so wundert es auch nicht, dass beim Projekt „Multifunktionshütte“ für die Pädagogen der Prozess des Bauens noch vor dem späteren Nutzen der Hütte im Vordergrund steht. Durch das Einbeziehen in das Bauvorhaben lernen die Jugendlichen, alle notwendigen Arbeitsschritte nachzuvollziehen, im Team zu arbeiten und verantwortlich Aufgaben zu übernehmen. Die praktische Arbeit beginnt mit dem Fällen der Bäume im Wald und endet mit der Einweihung der Hütte im Innenhof der Einrichtung.

Mit einer klaren Aufgabe versehen, Schleifgerät und Schutzbrille im Anschlag, rückt Frank (Name geändert) heute einem Stützbalken zu Leibe. Frank ist zwölf Jahre alt und kam vor rund einem Jahr nach Stephansheide. Vorher lebte er einige Zeit in der Kinder- und Jugendpsychiatrie, seine Eltern waren mit seinem Bedürfnis nach Aufmerksamkeit und klaren Regeln überfordert, er selber wurde darüber depressiv.

Anmeldungen aus dem ganzen Bundesgebiet
In der überschaubaren fünfköpfigen Gruppe, in der Frank jetzt lebt, hat er schnell zu sich selbst gefunden. Das strukturierte Leben in der Gemeinschaft, und auch die vielfältigen Freizeitprojekte wie der Bau der Hütte oder die Kanufreizeit im Sommer mit anderen Kindern haben ihm geholfen, sich besser auf das Notwendige konzentrieren zu lernen. „Das Konzept unserer Arbeit scheint aufzugehen. Mittlerweile bekommen wir Anmeldungen aus dem ganzen Bundesgebiet“, freut sich Stephansheide-Leiter Peter Sieber und fügt hinzu “ Frank kann wahrscheinlich schon im nächsten Jahr in seine Familie zurückkehren“.

Text: Yorck C. Weber
Foto(s): Yorck C. Weber