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Diakonie Michaelshoven verleiht Michaelshovener Engel an drei Ehrenamtliche, unter anderem an die ehemalige Superintendentin Hannelore Häusler

Sie misst rund sieben Zentimeter, die Anstecknadel mit dem stilisierten, vergoldeten Engel: Kürzlich wurde der Michaelshovener Engel drei Menschen mit besonderem ehrenamtlichen Engagement in der Diakonie Michaelshoven e.V. verliehen. Für ihre Verdienste wurden sie ausgezeichnet beim Michaelsempfangs der Diakonie. Dieser findet seit 2006 jeweils im September statt. „Damit wollen wir uns ein wenig von den traditionellen, geballt auftretenden Neujahrsempfängen absetzen und zugleich unserem Namenspatron (29. September) die Reverenz erweisen“, begründete Dr. Stefan Ziegler, kaufmännischer Vorstand der Diakonie Michaelshoven, den Spätsommer-Termin.

Nächstenliebe wird durch das Ehrenamt konkret erfahrbar
„Es ist uns eine Herzensangelegenheit“, sagte Ziegler vor knapp 100 Mitarbeitenden, Mitgliedern und Besuchern, „auf die Bedeutung von ehrenamtlicher Tätigkeit hinzuweisen.“ Dabei habe der Begriff einen Wandel erfahren. Er beinhalte nicht mehr nur das selbstlose Einbringen von Freiwilligen, sondern ein insgesamt verstärktes, selbstbewusstes Mitarbeiten. Auch in Kirche und Diakonie. Ehrenamt drücke sich in vielen Facetten aus. Wesentlich sei: Durch das Ehrenamt werde Nächstenliebe konkret erfahrbar. Dies stehe auch „unserem diakonischen Unternehmen“, in dem rund 400 Ehrenamtliche in verschiedenen Geschäftsbereichen tätig sind, gut zu Gesicht.

Erste Verleihung des Michaelshovner Engels 2006
Erstmals verliehen wurde der Michaelshovener Engel 2006. Damals erhielten Heinz Koch und Karl-Heinz Roll sowie Christel Pejic die Auszeichnung. 2007 folgten Toni Maas und Henriette Brandenburg. Im Vorgriff auf den aktuellen Empfang wurde, aus gesundheitlichen Gründen, bereits in diesem Frühjahr Sieglinde Schramm geehrt. Sie war lange Jahre in der Seniorenbetreuung tätig. Kurze Zeit nach der Verleihung in der Diakonie Michaelshoven ist sie verstorben.

Eduard Bornemann ist bereits Träger des Bundesverdienstkreuzes
Nun vergaben Dr. Stefan Ziegler und Pfarrer Martin Steinbrink, theologischer Vorstand der Diakonie Michaelshoven, weitere „Engel“-Nadeln an Eduard Bornemann, an die ehemalige Superintendentin im Kirchenkreis Köln-Süd, Pfarrerin Hannelore Häusler, und an Dr. Gerald Püchel. Eduard Bornemann, Jahrgang 1934, wohnt im Oberbergischen, war unter anderem Kommunalpolitiker, Presbyter und Synodalbeauftragter der Diakonie des Kirchenkreises an der Agger. Als Vorsitzender der Suchthilfe "Blaues Kreuz" in Waldbröl und Gummersbach kam er Anfang der 90-er Jahre in Kontakt mit Haus Segenborn im Oberbergischen. Das ist eine Einrichtung innerhalb des Geschäftsbereichs Integrationshilfen der Diakonie Michaelshoven. Sie bietet 65 Plätze für Männer und Frauen, inklusive Langzeitwohnen. Bornemann, er ist bereits Träger des Bundesverdienstkreuzes und des Goldenen Kronenkreuzes der Diakonie, fungierte von 1993 bis 2007 als Gründungsvorsitzender des Fördervereins für Haus Segenborn. Dr. Gerald Püchel ist seit 2002 Vereins- und Kuratoriumsmitglied der Diakonie Michaelshoven und war über zehn Jahre im Beirat, respektive Aufsichtsrat des Berufsförderungswerkes Michaelshoven tätig. Beruflich ist der 52-jährige Jurist nach sieben Jahren als stellvertretender Hauptgeschäftsführer der IHK Köln seit Januar 2008 Hauptgeschäftsführer der IHK Essen.

Hannelore Häusler war immer "Brückenbauerin zwischen Kirche und Diakonie"
Mit Pfarrerin i. R. Hannelore Häusler wurde ein ehemaliges Mitglied des Diakonie-Vorstandes und -Kuratoriums (1993 bis 1998) geehrt. Von 1998 bis 2002 saß sie dem Kuratorium vor. Häusler bekleidete 24 Jahre eine Pfarrstelle in Kerpen-Brüggen, amtierte von 1992 bis zu ihrer Pensionierung 2000 als Superintendentin des Kirchenkreises Köln-Süd im früheren Evangelischen Stadtkirchenverband Köln (heute Evangelischer Kirchenverband Köln und Region). Damit war die 1935 in Westpreußen geborene Theologin die erste Superintendentin in einem der 42 Kirchenkreise der rheinischen Landeskirche. Weiterhin ist sie ehrenamtlich tätig, in Kirchengemeinden wie in diversen landeskirchlichen Gremien. Häusler, die noch in Kerpen-Brüggen wohnt, sieht in der Verleihung des Michaelshovener Engels „ein Stück Anerkennung meiner Arbeit hier. Ich habe sie immer betrieben als Brückenbauerin zwischen Kirche und Diakonie. Diese Verbindung war und ist mir wichtig.“

Vortrag über die Glaubwürdigkeit diakonischer Unternehmen
Die Notwendigkeit dieser Verbindung formulierte Oberkirchenrätin Cornelia Coenen-Marx in ihrem Vortrag „Das Evangelium auf dem Markt. Glaubwürdigkeit diakonischer Unternehmen im Sozialmarkt“. Coenen-Marx blickt auf eine langjährige Tätigkeit im diakonischen Bereich zurück, unter anderen als Vorstand der Kaiserswerther Diakonie. Derzeit ist sie Referentin für Gesellschafts- und Sozialpolitik sowie die Verbindung Kirche und Diakonie im Kirchenamt der Evangelischen Kirche in Deutschland in Hannover.

Diakonie muss Kundenwünsche ernst nehmen und effizient wirtschaften
Eingangs erinnerte Coenen-Marx unter anderem an die sozialen und pädagogischen Aktivitäten von Johann Hinrich Wichern und Amalie Sieveking in Hamburg, von Theodor und Friederike Fliedner in Kaiserswerth. Anfang/Mitte des 19. Jahrhunderts hätten sie zwar klein begonnen, ein System professioneller Hilfe mit Erziehungs- und Pflegeaufgaben aufzubauen. Doch daraus sei eine große Bewegung entstanden. Den Gewinn allein im Sinn zu sehen, sei jedoch lange her. Die diakonischen Unternehmen auf dem Markt, zu denen sie sich aus den früheren „Liebesanstalten“ entwickelt hätten, hätten notgedrungen die materielle Seite im Blick. Das sei keineswegs verwerflich, denn schon für den Erfolg von Wichern und anderen sei es ausschlaggebend gewesen, geistliche Impulse mit unternehmerischem Geschick und einer herausragenden Öffentlichkeitsarbeit zu verbinden. Als marktorientiertes Unternehmen müsse die Diakonie Kundenwünsche ernst nehmen und effizient wirtschaften. Dabei drohe die Gefahr, vom eigenen Auftrag abzufallen, wirtschaftlichen Erfolg zu verabsolutieren und ethische Konflikte zu verdrängen. Aber von einem diakonischen Unternehmen erwarteten die meisten Menschen mehr als allein fachlich gute und effektive Arbeit. „Diakonie ist die soziale Arbeit der Kirche.“

Menschen in ihrer Würde und in ihrer Not ernst nehmen
Laut Coenen-Marx bedinge der Erfolg diakonischer Arbeit unter anderem, dass man Menschen in ihrer Würde und Not ernst nimmt, dass Mitarbeitende Sinn und Gemeinschaft erfahren. Zum Profil der Diakonie gehöre unverändert eine überzeugende ethische Haltung und die Anwaltschaft für die Schwächsten. Diakonie sei immer noch mehr und etwas anderes, als das, was Staat und Markt als Qualität der Sozialwirtschaft definierten und garantierten. Schon Wichern habe vom dreifachen Diakonat gesprochen: dem bürgerlichen oder staatlichen diakonischen Dienst, der freien Diakonie mit dem Handeln jedes Einzeln, mit bürgerschaftlichem Engagement, mit Liebe und Hingabe, die niemand „bezahlen“ kann, sowie drittens: die Diakonie der Kirche – die kirchliche Verantwortung für die Sozialkultur und das Soziale. Jedoch stehe die Kirche heute selbst auf dem (Sinn)Markt. Dabei habe die Kirche ihren Auftrag nicht von den Kunden.

Beide – Kirche und Diakonie – sollten sich deutlicher positionieren
Vielmehr müsse sich Kirche am Anspruch des Evangeliums orientieren, an Jesus Christus. Um diesem Auftrag nachkommen zu können, benötige Kirche eine zielgerichtete Organisation. Andererseits dürfe Diakonie, „um des Evangeliums willen“, nicht alles tun, was der Markt erwarte. Coenen-Marx folgert aus der Pluralisierung der Gesellschaft und dem Marktdruck auf diakonische Einrichtungen, dass Kirche und Diakonie sich zwingend „deutlicher positionieren und erkennbar zusammenrücken müssen“. Die Menschen verstünden nicht, warum wir als Kirche und Diakonie auseinander denken. „Glaube und Liebe gehören zusammen, sagt Jesus Christus.“ Notwendig seien also Neuorientierung und Neuaufstellung. Wo beide zusammen arbeiteten, komme es zu einer Bündelung der Kräfte sowie gegenseitiger Erhellung. Denn gleichzeitig würden unterschiedliche Perspektiven zusammen geführt: Wahrheit und Wirksamkeit, Auftrag und Markt, Glaube und Liebe. Dabei entstehe Reibung, ganz sicher auch Kreativität. Und: daraus erwachse Motivation. Der klare Blick, der das Elend sieht, die helfende Liebe treffe auf den Glauben, „dass wir selbst geliebt sind, auch wenn wir nicht viel tun können“.

Text: Engelbert Broich
Foto(s): Engelbert Broich