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Diakonie Michaelshoven lud zum Jahresfest – das Interesse war sehr groß. Die Vielzahl der Angebote ist es auch.

Auf ein überwältigendes Interesse stieß das Jahresfest der Diakonie Michaelshoven e.V.. Es war so immens, dass nicht alle Anmeldungen berücksichtigt werden konnten. Schließlich nahmen insgesamt 120 Personen, Mitarbeitende wie Gäste unter ihnen auch Stadtsuperintendent Ernst Fey –  an dem mehrstündigen Programm teil. „Ich bin dankbar über die große Resonanz, darüber, dass gerade auch in der Mittagszeit so viele Menschen zu uns gekommen sind“, sagte Pfarrer Reinhard Hackler, Vorstandsvorsitzender der Diakonie Michaelshoven. Zunächst stellten sich innerhalb von drei „diakonischen Spaziergängen“ die vier Unternehmensbereiche mit ausgewählten Projekten vor. Ein vierter, vom heute pensionierten Gartenbaumeister Kurt Struss geleiteter Rundgang widmete sich dem Park inmitten des Diakoniedorfes. Wo einst Getreide wuchs, hatte Struss in den späten 60er Jahren begonnen, eine Grünzone anzulegen. Geprägt ist dieses beeindruckende Areal von einem großen Bestand an internationalen, in unserer Region selten anzutreffenden Bäumen, einst gestiftet von der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald.

Aus dem Angebot: Gartentherapie für SeniorInnen
Im zum Unternehmensbereich Senioren gehörenden Fachseminar für Altenpflege erläuterte dessen Leiterin Sabine Felder die Entwicklung des 1975 staatlich anerkannten Zentrums für Aus-, Fort- und Weiterbildung. Weiter informierte die Pflegewissenschaftlerin über das Berufsbild Altenpflege und ging sie auf den „Kern“ der pflegerischen Arbeit ein: „Keine pflegerische Handlung ist ohne Beziehungsgestaltung zu betrachten.“ Felder thematisierte auch die für die Ausbildung unverzichtbare enge Verzahnung von Theorie und Praxis. In Michaelshoven sei diese Verflechtung insbesondere durch die trägereigenen Einrichtungen gewährleistet.
Innerhalb desselben Unternehmensbereichs wurde auch die Gartenanlage der Gerontopsychiatrie in Haus Simeon besucht. Das 1974 eröffnete Seniorenzentrum gliedert sich heute in den allgemeinen Bereich mit 320 Plätzen sowie die Gerontopsychiatrie mit derzeit 18 Bewohnern. Diesen dementen Menschen steht ein angrenzender Garten mit Hochbeeten zur Verfügung. „Hier helfen sie beim Unkrautjäten und Umtopfen, bekommen sie die Gerüche, Farben und Ruhe mit“, gab Claas van den Broek, Mitarbeiter des Sozialen Dienstes, einen Einblick in die Angebot der Gartentherapie. Die aktive Beschäftigung mit Blumen und Pflanzen diene den demenziell veränderten Menschen in ihren oftmals verarmten Lebenssituationen ebenso wie ein Spaziergang als tagesstrukturierende Maßnahme. Dadurch würde in besonderem Maße ihre Sinne angeregt, ihre Kompetenzen gestärkt.

Heilpädagogisches Reiten für behinderte Kinder
Der Unternehmensbereich Kinder- und Jugendhilfe, Behindertenhilfe, stellte sich unter anderem mit einem die pädagogische Arbeit ergänzenden Angebot des Psychosozialen Dienstes vor, dem Heilpädagogischen Reiten. „Wir verfügen über sechs Therapiepferde, unterschiedlich in Rasse, Alter und Ausbildungsstand. Das ist wichtig, denn beispielsweise können Kinder mit einer bestimmten Behinderung nicht auf einem ganz so breiten Pferd sitzen. Ebenso entscheidend ist die Größe des Tieres“, erläuterte die Reittherapeutin Birgit Hunsche. Abgesehen von dem gesundheitlichen Aspekt fördere das heilpädagogische Reiten die allgemeine Befindlichkeit. „Entscheidend ist auch immer die damit verbundene neue Erfahrung. Wenn etwa Rollstuhlfahrer oder andere sportlich eingeschränkte Menschen sich auf dem Rücken eines Pferdes auf ungewohnten Wegen, etwa im Wald, fortbewegen können, dann ist das für sie ein Erlebnis.“

Umschulungen für berufsunfähige Menschen
Im Unternehmensbereich Berufsförderungswerk, in dessen Mittelpunkt die berufliche Rehabilitation Erwachsener steht, die aus gesundheitlichen Gründen ihren bisherigen Beruf nicht mehr ausüben können, führte Hannelore Kok von der Marketing-Abteilung die Besuchenden zunächst in eine Ausstellung mit Bildern. Entstanden sind sie in einer Malgruppe. „Diese steht unseren Umschülern, die hier für jeweils zwei Jahre untergebracht sind, als Freizeitangebot offen. Außerdem bieten wir ihnen eine Sport-, Theater- und Sprachgruppe und vieles andere mehr“, so Kok. Anschließend nahmen die Gäste den Ausbildungsbereich Zahntechnik mit dem gut ausgerüsteten Labor in Augenschein. Ausbildungsleiter Detlev Morbach wies darauf hin, dass rund achtzig Prozent der Absolventen des Berufsförderungswerkes wieder in den offenen Arbeitsmarkt eingegliedert werden können. Das Berufsförderungswerk bietet Ausbildungsplätze in kaufmännischen Berufen, Maschinenbau, Bau- und Elektrotechnik, Gesundheits- und Sozialwesen. Alle Qualifikationsangebote auf einen Blick hier.

Motivation für Menschen mit sozialen Schwierigkeiten
Der Unternehmensbereich Wohnungslosenhilfe stellte sich mit einem Rollenspiel vor. Auf einer Parkbank führten drei SozialarbeiterInnen sowie ein in Haus Segenborn betreuter Wohnungsloser eine „alltägliche Situation“ vor. „Wir befinden uns in Gummersbach. Es ist Montag morgen, 11 Uhr“, leitete Sozialarbeiter Wilfried Fenner die Szene ein, in der ein Obdachloser, Arbeitsloser und eine vor ihrem gewalttätigen Freund geflüchtete Frau miteinander über ihre Probleme, Ängste und Resignation ins Gespräch kommen. Schließlich stieß ein Sozialarbeiter dazu, bot Unterstützung an. Unterstützung, Hilfe zur Selbsthilfe, wie sie auch die Bewohner von Haus Segenborn, gelegen nahe der oberbergischen Stadt Waldbröl, erhalten. In dieser von der Diakonie Michaelshoven getragenen Einrichtung werden solche Menschen sozialpädagogisch betreut, „deren besondere Lebensverhältnisse mit sozialen Schwierigkeiten verbunden sind, oder die eine Clearing- und Motivationsphase benötigen, um langfristig in eine andere Hilfeform vermittelt werden zu können“. Unter anderem arbeiten sie dort in den Bereichen Hauswirtschaft, Küche, Garten, Hausdienst und Landwirtschaft.

„Den Wandel gestalten – vom Diakonieverein zum diakonischen Unternehmen“
Nach einer Andacht mit Pfarrer Reinhard Witschke (Vorsitzender des Diakonischen Werkes im Rheinland) in der Erzengel-Michael-Kirche, unternahm Pfarrer Reinhard Hackler eine Bestandsaufnahme der Einrichtung und einen Ausblick in deren Zukunft. „Den Wandel gestalten – vom Diakonieverein zum diakonischen Unternehmen“ hatte der Vorstandsvorsitzende seinen ausführlichen Vortrag überschrieben.
Angesichts eines beschleunigten gesellschaftlichen Wandels gleiche die Diakonie Michaelshoven „einem Schiff, das auf dem offenen Meer dahinfährt und immer wieder der Reparatur, der Veränderung, der Erneuerung von Teilen bedarf – ohne allerdings dazu ruhig in einen Hafen einlaufen und für einen größeren Zeitraum stillgelegt werden zu können“, charakterisierte Hackler. „Die Fahrt – unserer Arbeit – geht weiter und muss weitergehen, tagtäglich. So sind wir im Fluss der Zeit immer wieder genötigt, uns kritisch zu orientieren und unseren Kurs zu korrigieren, gegebenenfalls zu ändern. Unsere Arbeit ist in besonderer Weise einer Art Imperativ unterworfen, den ich so formulieren möchte: Den Wandel gestalten, die Identität bewahren.“
Der Prozess der Unternehmenswerdung, die Umwandlung eines diakonischen Vereins in einen modernen, betriebswirtschaftlich ausgerichteten Dienstleistungsbetrieb sei nicht umkehrbar. Er forderte, „unser Selbstverständnis nach innen zu festigen und nach außen zu präsentieren“. Diakonie könne nicht mehr im stillen Kämmerlein betrieben werden, wies er dem Zentralbereich Marketing und Öffentlichkeitsarbeit eine besondere Bedeutung zu. „In der neu entstandenen Konkurrenzsituation auf dem sich ausbildenden Sozialmarkt sind in kürzester Zeit vielfältige Maßnahmen entwickelt worden – und wir sind gezwungen, uns und unsere vielfältigen Angebote offensiv und glaubwürdig zu präsentieren, um wettbewerbsfähig zu sein und damit überlebensfähig zu bleiben.“ Zusammenfassend stellte Hackler fest: „Die Diakonie Michaelshoven hat sich konzeptionell und organisatorisch zu einem gefestigten Sozialunternehmen weiterentwickelt. Konzeptionell bestehen die Veränderungen in einer neuen Zuordnung von Kirche und Diakonie, der Etablierung eines Leitbildes, das den freien Träger als diakonischen Träger ausweist und der Erweiterung unserer Angebote in allen klassischen Arbeitsbereichen der Diakonie.“ Organisatorisch verzeichne man eine deutliche und stetige Umsatzsteigerung, einen gewaltigen Zuwachs von Mitarbeitern, die Etablierung eines unternehmensweiten Marketings sowie das vereinheitlichte und effizientere Finanz- und Rechnungswesen.

Tipps
Weitere Fotos vom „diakonischen Spaziergang“ finden Sie hier.
Fotos von der Andacht beim Jahresfest 2004 der Diakonie Michaelshoven hier.
Impressionen von Pfarrer Hacklers Festvortrag hier

Text: Engelbert Broich
Foto(s): Engelbert Broich