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Deutz – der schönste Blick auf Köln. Vom Ottomotor, von Evangelischen auf der „schäl Sick“ und einer Gaststätte namens Lommerzheim

Stadtführer Thomas von Nies hob feierlich die Stimme, als er zu dem gewichtigen Satz ausholte: „Ohne Deutz wäre die Motorisierung der Welt undenkbar.“ Die Stele vor dem Deutzer Bahnhof, die an Nikolaus August Otto, Erfinder des nach ihm benannten Viertaktmotors, und den Zuckerfabrikanten Eugen Langen erinnert, war Station der Stadtteilführung „Deutz – der schönste Blick auf Köln. Vom Ottomotor, Evangelischen und einer Gaststätte namens Lommerzheim“, die die „AntoniterCityTours“ neu anbieten. Otto und Langen müssen sich gut gekannt haben, denn der Zuckerfabrikant finanzierte die nicht billigen und am Anfang eher erfolglosen Versuche Ottos.



„Es soll in Deutz zwei Lutheraner geben“ …
Los ging die Führung in der evangelischen St.-Johannes-Kirche an der Tempelstraße. Die wurde 1861 fertiggestellt und ist damit 35 Jahre älter als der „Düxer Dom“, wie die stadtteilprägende Kirche St. Heribert im Volksmund genannt wird. 1610 wurden mit der Familie Sünner die ersten Evangelischen in Deutz erwähnt. Diese Familie gründete 1830 an der Deutzer Freiheit die Sünner-Brauerei. Aus dem 17. Jahrhundert stammt ein Zitat aus einem katholischen Pfarrarchiv: „Es soll in Deutz zwei Lutheraner geben.“ Das war in jener Zeit nicht unerheblich, weil das Bürgerrecht an den „rechten“, also an den katholischen Glauben geknüpft war.

Evangelische Gemeinde, Tanzbrunnen und „Düxer Dom“
1857 wurden die Deutzer Protestanten zur Gemeinde erhoben. Der damalige Pfarrer betreute auch noch die wenigen Evangelischen in Kalk, Poll, Vingst, Wahn und Zündorf. Nun musste natürlich eine Kirche her. Das Grundstück, auf dem die Deutzer Protestanten damals ihr Gotteshaus bauen wollten, ist der heutige Tanzbrunnen. Doch man beschloss in jener Zeit, das Areal mit dem an der Tempelstraße zu tauschen. Von 1870 bis 1900 stieg die Zahl der Deutzer Protestanten von 1700 auf 3000. Nächste Station der Führung war St. Heribert, nach dem Dom und der Agneskirche wohl die drittgrößte Kirche Kölns. Sie steht auf geschichtsträchtigem Boden. Hier lag der Tempelhof des Templerordens. Nach der Aufhebung des Ordens im 14. Jahrhundert ging der Hof an den Johanniterorden. Mittelpunkt des „Düxer Doms“ ist der Schrein des heiligen Heribert, der 1170 vollendet wurde und somit älter als der Domschrein ist.

Wer hatte am Rhein die Macht?
Die Verehrung, die man in Deutz dem heiligen Heribert entgegenbringt, lässt sich historisch ausgezeichnet begründen. Schließlich war es dieser Kölner Erzbischof, der 1003 das alte Römerkastell in Deutz in ein Benediktinerkloster umwandelte. Und zwar genau an der Stelle, wo heute das Caritas-Heim neben dem Lufthansa-Gebäude steht. Zwischen den Bauten sind noch Überreste des römischen Kastells zu sehen. Dabei handelt es sich um Fundamente von zwei Wehrtürmen. Die Römer errichteten das Kastell mitsamt einer Rheinbrücke im Jahr 310. Die Brücke wurde 100 Jahre später wieder abgerissen und die Kölner lebten fortan 1400 Jahre ohne festen Übergang auf die „schäl Sick“. Die Römer hatten im 4. Jahrhundert eine 156 mal 156 Meter große Festung im „Land der Barbaren“ errichtet, um denen zu zeigen, „wer am Rhein die Macht hat“. 960 Männer der 22. römischen Legion waren dort stationiert.

Stadtteil-Umbauten
„Deutz lag früher erheblich näher am Rhein“, wusste van Nies zu berichten. Die Deutzer Freiheit habe direkt am Rheinufer begonnen, weshalb die erste Hausnummer der Straße heute die 62 ist. Die Häuser 1 bis 61 seien der Stadtplanung zum Opfer gefallen. Im Übrigen habe die Deutzer Freiheit auch erheblich tiefer gelegen als heute. Anschaulich werde dies am Eingang der Gaststätte „Zur guten Quelle“, der deutlich unter dem heutigen Straßenniveau liege. Um Deutz vor Hochwasser zu schützen, habe man die Siegburger Straße mit Aufschüttungen inzwischen höher gelegt. Diesem Niveau habe man dann die Deutzer Freiheit angepasst.

„Massenweise“ auf die Schäl Sick – in die Kneipe
Für seine Kneipen war Deutz immer berühmt. Das wussten die Kölner zu schätzen, die im 19. Jahrhundert „in Massen“ den Rhein überquerten, um sich im Rechtsrheinischen zu vergnügen. Das genossen aber auch die preußischen Soldaten, nachdem Deutz 1814 preußische Garnisonstadt geworden war. Nicht mehr elebt haben die die legendäre Gaststätte „Lommerzheim“, vor deren Ruine die Führung endete. Der Wirt ist mittlerweile gestorben, das Gebäude verfällt. Aber van Nies wusste Gutes zu verkünden: „Die Deutzer setzen hier alle Hoffnungen auf die Familie Päffgen, die möglicherweise die Kneipe restaurieren will.“

Text: Stefan Rahmann
Foto(s): Rahmann