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Der Jahresbericht 2010 des Netzwerks Wohnungsnot RheinBerg

Das Netzwerk Wohnungsnot RheinBerg ist ein Beratungs- und Hilfesystem in ökumenischer Trägerschaft des Caritasverbandes für den Rheinisch-Bergischen Kreis e.V. und des Diakonischen Werks des Evangelischen Kirchenverbandes Köln und Region. Es richtet sich an Personen, die im Rheinisch-Bergischen Kreis akut von Wohnungsverlust bedroht oder unmittelbar von Wohnungslosigkeit betroffen sind. Vor kurzem hat das Netzwerk Wohnungsnot RheinBerg jetzt seinen Jahresbericht vorgelegt und gab damit Einblick in die Lebenslagen der Betroffenen und die vielfältige Arbeit des Hilfeangebotes im Jahr 2010. Das Netzwerk Wohnungsnot RheinBerg unterstützt seit 1993 Bürgerinnen und Bürger, die im Rheinisch-Bergischen Kreis von Wohnungslosigkeit bedroht oder unmittelbar betroffen sind, mit einem breiten Spektrum an Hilfen von Fachberatung über Betreutes Wohnen, Straßensozialarbeit, Tagesaufenthalt, tagesstrukturierende Angebote bis hin zur Erprobungs- und Integrationsmaßnahme RADWERK.



Mittels frühzeitiger und gezielter Hilfen konnte im vergangenen Jahr vielfach der Wohnraumverlust abgewendet oder eine neue Wohnung angemietet werden, so dass die drohende Obdachlosigkeit vermieden wurde. Dies bedeutete neben vorteilhaften Auswirkungen für die Betroffenen die Vermeidung von Kosten für die „öffentliche Hand“ im Kreis. 2010 nutzten 424 Frauen und Männer das Hilfeangebot. Nahezu alle Ratsuchenden (99 Prozent) hatten ihren Lebensmittelpunkt dauerhaft im Rheinisch-Bergischen Kreis. Der überwiegende Teil waren Männer (74 Prozent). Etwas über die Hälfte (51 Prozent) waren altersmäßig zwischen 30 und 49 Jahren.
Der Gesundheitszustand vieler Betroffener war angegriffen. Die Mehrzahl war arbeitslos und erhielt Arbeitslosengeld II (62 Prozent). Hier bot das RADWERK als Erprobungs- und Integrationsmaßnahme eine gute Möglichkeit, um etwas Sinnvolles zu tun und Struktur in den Alltag zu bekommen. Resümee: Im zurückliegenden Jahr haben viele von Wohnungslosigkeit bedrohte und betroffene Bürgerinnen und Bürger im Rheinisch-Bergischen Kreis nachhaltige Hilfe durch das Netzwerk Wohnungsnot RheinBerg erhalten. Rat- und Hilfesuchenden wurden bei der Lösung ihrer Probleme beraten und unterstützt. Ihnen wurden neue Perspektiven aufgezeigt. Vielfach wurden Wohnraumprobleme überwunden, der soziale Abstieg gestoppt und Befindlichkeit und Lebensqualität verbessert.

Wer nutzte die Hilfsangenote 2010?
2010 nutzten 424 Rat- und Hilfesuchende die Angebote des Netzwerk Wohnungsnot RheinBerg. Die Mehrzahl davon (313 Personen, das sind 74 Prozent) waren Männer. Der Frauenanteil betrug 26 Prozent (111 Personen). Auch 2010 war das Jobcenter Rhein-Berg die institutionelle Hauptvermittlungsinstanz. Daneben fanden Rat- und Hilfesuchenden den Zugang insbesondere durch andere KlientInnen und durch aufsuchende Hilfen.
Etwas über die Hälfte der Klientel (51 Prozent) war mittleren Alters (30 bis 49 Jahre). Bei den KlientInnen zwischen 50 und 59 Jahren gab es einen leichten Anstieg (+3 Prozent).

Die Problemlagen
Bei vielen Rat- und Hilfesuchen ging es nicht nur darum, dass sie keine geeignete Wohnung fanden. Zu dieser Einschätzung kommt auch das NRW-Ministerium für Generationen, Familie, Frauen und Integration, das in seinem Förderkonzept zum Aktionsprogramm „Obdachlosigkeit verhindern – Weiterentwicklung der Hilfen in Wohnungsnotfällen“ schreibt: „Oft bestehen multiple Problemlagen, die allein über die Versorgung mit Wohnraum nicht lösbar sind“. Neben der (drohenden) Wohnungslosigkeit sind zahlreiche Probleme derart miteinander „verhedert“, dass die Betroffenen oftmals den Überblick verloren und vielfach vor der Problemklärung und -lösung kapituliert haben. Erschwerend kommt im Rheinisch-Bergischen Kreis hinzu, dass preiswerter Wohnraum für (Einpersonen) Haushalte mit geringem Einkommen „Mangelwahre“ ist.
2010 hatten nahezu alle Rat- und Hilfesuchenden (99 Prozent) ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Rheinisch- Bergischen Kreis. Zwei Drittel der KlientInnen (66 Prozent) wurden in Bergisch Gladbach erreicht. Hierbei sind auch diejenigen Rat- und Hilfesuchenden erfasst, die mit Eintritt der Wohnungslosigkeit ihren Lebensmittelpunkt aus den umliegenden Kommunen des Rheinisch-Bergischen Kreises in die Kreisstadt verlegt hatten und dort die Hilfen nutzten.
44 Prozent der Klientel verfügte über eigenen Wohnraum, in dem sie mittels präventiver oder nachgehender Hilfen durch das Netzwerk Wohnungsnot RheinBerg unterstützt wurden. Leider standen 15 Personen (4 Prozent) bei Kontaktaufnahme am 1. Januar 2010 ohne jegliche Unterkunftsmöglichkeit dar.
16 KlientInnen (4 Prozent) lebten in Wohn- und Bauwagen. Die Mehrheit dieser KlientInnen zählt zu der Gruppe der „PunkerInnen“ in Bergisch Gladbach. 22 Prozent und damit mehr als ein Fünftel der Rat- und Hilfesuchenden gab an, bei Freunden/ Bekannten untergekommen zu sein. Wie in den Vorjahren dargestellt, handelt es sich bei dieser Unterkunftsform fast immer um eine ungesicherte. Oftmals können die meist jungen Betroffenen nur kurze Zeitspannen bei der/ dem FreundIn/ Bekannten bleiben und die Aufenthalte finden häufig ein abruptes und fremdbestimmtes Ende. Der Anteil der KlientInnen, der in kommunalen Obdächern untergebracht war, lag bei 15 Prozent.

Ursachen der Wohnraumgefährdung
Als Hauptursache für den (drohenden) Wohnungsverlust nannten die Rat- und Hilfesuchenden Mietschulden (24 Prozent), gefolgt von Trennungen (18 Prozent) und mietwidrigem Verhalten (17 Prozent), was als angegebene Ursache gegenüber 2009 jedoch rückläufig ist (-3 Prozent).

Tagesstruktur, Beschäftigung, Arbeit
74 Prozent der KlientInnen waren langzeitarbeitslos. Oft gab es multiple Vermittlungshemmnisse für eine Integration in den ersten Arbeitsmarkt. Einigen verhalf RADWERK, zu einer sinnvollen Tagestruktur und unterstützte bei der Integration in die Arbeitswelt.
Analog zu den Vorjahren bestritt die Mehrheit der KlientInnen (62 Prozent) ihren überwiegenden Lebensunterhalt durch Arbeitslosengeld II. Bei 51 Prozent der Klientel war eine Schuldenproblematik bekannt.

Gesundheitszustand
Der Gesundheitszustand vieler KlientInnen war schlecht. Sie litten an schweren und chronischen Erkrankungen sowohl in physischer, wie in psychischer Hinsicht. Untersuchungen haben ergeben, dass ein Leben in Obdachlosigkeit krankmachend ist. Das NRW Ministeriums für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter kommt in seinem Umsetzungskonzept zur medizinischen Versorgung wohnungsloser Menschen in NRW (Stand 01.01.2011) zu folgendem Ergebnis: „Wohnungslose Menschen sind aufgrund ihrer Lebenssituation in besonderer Weise gesundheitlichen Risiken ausgesetzt. Studien haben einerseits die besonders hohen gesundheitlichen Belastungen wohnungsloser Menschen dargelegt, andererseits zeigen können, dass die Lebensumstände, fehlendes Krankheitsbewusstsein und hohe Zugangsbarrieren die Versorgung behandlungsbedürftiger wohnungsloser Menschen im Regelsystem oftmals verhindern.“

Soziale Kontakte, gesellschaftliche Teilhabe
Einem großen Teil der Ratund Hilfesuchenden mangelte es an sozialen Kontakten und tragfähigen Beziehungen. Ihr Leben war gekennzeichnet durch gesellschaftliche Randständigkeit und das Fehlen einer individuell befriedigenden Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft. Oftmals fiel das Entwickeln und das Aufrechterhalten einer sinngebenden Tagesstruktur schwer.

Die Fachberatung
Die Arbeit des Netzwerks Wohnungsnot RheinBerg wird mit 2,5 Stellen der Diplom Sozialarbeit und einer Stelle Verwaltungtätigkeit erledigt. Die fachliche Beratung wie Prävention, Akuthilfe und Nachgehende Hilfe umfasste 2010 in den Fachberatungsstellen Bergisch Gladbach offene Sprechstunden viermal pro Woche und in Rösrath zweimal pro Woche. Außerdem in zwei kommunalen Notunterkünften in Bergisch Gladbach je einmal pro Woche und in den Rathäusern in Burscheid, Leichlingen, Overat und Wermelskirchen einmal pro Monat. In Wermelskirchen den Räumen des Jobcenters Rhein-Berg einmal pro Monat.
Dazu kamen das turnusmäßige Aufsuchen der kommunalen Notunterkünfte im Rheinisch- Bergischen Kreis, Beratungstermine nach Absprache in den Fachberatungsstellen oder bei den Rat- und Hilfesuchenden vor Ort. 2010 fanden damit 1.465 Beratungsgespräche statt.

Tagesaufenthalte
Die beiden Tagesaufenthalte in Bergisch Gladbach und Rösrath wurden zusammen im vergangenen Jahr 2.947-mal frequentiert. KlientInnen standen für die Regelung ihrer Angelegenheiten Telefon in Bergisch Gladbach und Rösrath und – nur in Bergisch Gladbach – PC inklusive Internetzugang zur Verfügung. Beide Tagesaufenthalte sind zur Grundversorgung mit Dusche, Waschmaschine und Wäschetrockner ausgestattet. 131 KlientInnen (43 Prozent) ohne Wohnsitz nutzten im melderechtlichen Sinne das Angebot der Postanschrift über das Netzwerk Wohnungsnot RheinBerg. Hierdurch waren sie postalisch erreichbar und konnten ihre Angelegenheiten besser regeln.

Text: Netzwerk Wohnungsnot RheinBerg
Foto(s): Diakonisches Werk Köln und Region