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„Der Geist, das Wort, das Wunder und der Lobgesang“: Ein Konzert des Zollstocker Kammerchors bot vier Uraufführungen während des DEKT

Am Donnerstag gab der Kammerchor an der Melanchthonkirche, Köln-Zollstock, unter Leitung von Harald Jers anlässlich des 31. Deutschen Kirchentages in St. Aposteln ein Konzert mit außergewöhnlichen Werken des 20. und 21. Jahrhunderts: Unter den aufgeführten Werken waren vier Uraufführungen von Komponisten aus Nordrhein-Westfalen.

Eine kurze Rätselmotette, in der „mein Geist“ nach der Ursache „meiner Freude“ fragt und schließlich die Antwort findet, eröffnete das Konzert und gab ihm auch seinen Namen: „My Spirit Sang All Day“ von Gerald Finzi.

Die Kirchentagslosung „Lebendig und kräftig und schärfer“ thematisierte die Auftragskomposition „Verbum Dei“ des Komponisten Michael Ostrzyga, der 1975 in Köln geboren wurde. Das Publikum ist Bestandteil dieser Komposition und erfüllte mit Obertönen, Glissandi und Windgeräuschen die altehrwürdige Basilika; die Musik vermochte das Pfingstereignis hörbar zu machen.

„Keine Stimme kann singen, keine Erinnerung einen lieblicheren Klang als Deinen gesegneten Namen finden.“ Das „Wunder der Liebe Jesu“, das ein Poet des 12. Jahrhunderts mit jenen Worten ausgedrückt hatte, und das Staunen darüber hat der 1937 in den USA geborene Komponist Richard Proulx mit seinem Werk „Jesu, the Very Thought of Thee“ trefflich in Töne gesetzt.

Auch der 1983 in Essen geborene Patrick Jaskolka geriet mit seiner kurzweiligen Komposition „Deine Gerechtigkeit wie gebirgige Bläue“ ins Staunen. Der Gedanke an Ps. 36 „Herr, …Deine Treue reicht so weit die Wolken zieh’n“ ließ ihn abschweifen ins Bild moderner Lyrik Joseph Buhls: „Aus gebirgiger Bläue steil herab, gezackt der Kamm, Fels – Wunder des Dings im Blaun“. Kaum war der Klang des Wunders verstummt, meldete sich ein Sprechchor mit dem Psalm zurück. Anfang und Ende des Stückes bildete kontrastierend ein rhythmisch markantes Halleluja.

Im „Offertorium“ für sechsstimmigen Chor und Orgel des 1972 in Meschede geborenen Komponisten Heiner Bartsch erklangen Psalm 77 und 17: „Du allein bist der Gott, der Wunder tut. Mach sicher meinen Schritt, damit mein Fuß nicht wanke …“. Nach einem fanfarenartigen Motiv versteht Bartsch es, durch Chromatik und dichte, unaufgelöste Harmonien den drängenden Ruf des Psalmisten nachzuempfinden. Im zweiten Teil dieser Komposition, im Gedanken an das Wunder der Barmherzigkeit Gottes, findet der Psalmist Frieden; Verzweiflung und Trauer weichen dem Jubel.

Ein einziges Gebet war das „Agnus Dei“ von des 1960 in Estland geborenen Komponisten Urmas Sisask: Mit zwei reduzierten Fünfton – Motiven gelang es ihm, die liturgische Schlussbitte um Erbarmen und Frieden wiederzugeben. Diese Bitte verdichtete sich zu einem eng geführten Kanon, der danach allmählich ausdünnte und verstummte.

Einer der bekanntesten Gesänge über die Barmherzigkeit Gottes ist das „Magnificat“, der Lobgesang der Maria: „Er zerstreut, die im Herzen voll Hochmut sind. Er stürzt die Mächtigen vom Thron und erhöht die Niedrigen.“ Der 1957 geborene Hartmut Neubauer aus Köln wählte, um diesem Lied gerecht zu werden, einen tänzerischen Charakter. Dabei verlangt er durch eine an Polyrhythmik grenzende Taktierung dem Chor einiges ab. Um die Universalität des Gesangs der Erlösermutter zu unterstreichen, sang der Chor zeitweilig in sieben Sprachen.

Zwei weitere bekannte Lob-Psalmen waren in diesem Konzert zu hören: der Psalm 100 „Jubilate“ des 52-jährigen Briten Bob Chilcott, ein fünfzehnminütiges, sechsteiliges Stück für Sopran-Solo, gesungen von Susanne Bredt, begleitet com Chor und am Klavier von Nico Oberbanscheidt, sowie der fulminante „Salmo 150“ von Ernani Aguiar.

Mit einem österlichen „Alelouya“ aus Haiti von Emile Desamours (*1941) als Zugabe, verlieh der Chor dem modernen Konzert einen jubelnden und krönenden Abschluss.

Text: Hartmut Neubauer, Michael Burger
Foto(s): Neubauer, Burger