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Der „entschleunigte Blick auf die Welt“: Zum vierten Mal wurde in Kooperation mit der Melanchthon-Akademie der „Eine Welt Filmpreis NRW“ in Köln vergeben

Zum vierten Mal wurde der „Eine Welt Filmpreis NRW“ vergeben. Damit werden Film- und Fernsehproduktionen ausgezeichnet, die den Blick für die Probleme von Ländern der so genannten Dritten Welt schärfen, Ansätze zur Veränderung aufzeigen und eine neue Perspektive ermöglichen. Preisträger in diesem Jahr ist Shaheen Dill-Riaz aus Bangladesh mit seinem Film „Eisenfresser“. Armin Laschet, NRW-Minister für Generationen, Familie, Frauen und Integration, überreichte im „Komed“ im Mediapark die Auszeichnung an ihn und an drei weitere Preisträger. Die Melanchthon-Akademie im Evangelischen Kirchenverband Köln und Region hat seit Jahren eine Dependance in den Räumen des Komed – ein ganz bewusst gewählter Standort für die Akademie-Angebote in Sachen Kommunikation und Medien, von der Hörfunk- bis zur Filmproduktion.



Melanchthon-Akademie ist wichtiger Partner
Mit diesen etwas anderen Film- und Fernsehproduktionen, die eher ein Nischendasein führen, beschäftigt sich der Fernsehworkshop Entwicklungspolitik bereits seit fast 40 Jahren. In dem Workshop vertreten sind Organisationen aus der Entwicklungszusammenarbeit, der interkulturellen Bildungsarbeit und dem Film- und Fernsehbereich. Wichtiger Partner von Anfang an ist auch die Melanchthon-Akademie. „Für uns und unsere Außenwirkung ein sehr wichtiger Bereich“, betonte Studienleiter Joachim Ziefle, der bei der Akademie den Fernsehworkshop betreut. Im vergangenen Jahr saß er selbst in der Jury, die die Filme sichtet und bewertet. Neben der „Aktion Weißes Friedensband“ ist die Melanchthon-Akademie auch maßgeblich an der Organisation der Preisverleihung beteiligt. „Schließlich findet die Feier in ,unseren‘ Räumen statt“, schmunzelte Ziefle. Ausrichter und damit Sponsor der Zeremonie ist das Landesministerium für Generationen, Familie, Frauen und Integration.

Klischees und Vorurteile statt wirkliches Wissen
Das Medium Film spielt bei der Vermitztlung der Entwicklungspolitik eine bedeutende Rolle. „Bilder prägen unseren Blick auf die Welt“, sagte auch Minister Laschet bei der Preisverleihung. Sehr oft seien es aber die schnellen, aktuellen und reißerischen Bilder von der Welt, die unsere Sichtweise prägten. „Sie tragen eher dazu bei, Klischees und Vorurteile zu transportieren, als wirkliches Wissen zu vermitteln“, kritisierte die Fernsehjournalistin und WDR-Redakteurin Sonia Mikich. So sei es nicht verwunderlich, dass das nichteuropäische Ausland für die meisten Menschen „ein Universum von Problemen“ sei. Um diesen Klischee-beladenen Bildern ein Gewicht entgegenzusetzen, sei ein differenzierter, kritischer, vor allem aber entschleunigter Blick auf die Welt notwendig. Und um wenigstens hin und wieder aus dem Nischendasein ins Rampenlicht zu gelangen, verleiht der Fernsehworkshop Entwicklungspolitik seit 2001 alle zwei Jahre den „Eine Welt Filmpreis NRW“.

Fast 100 Filme in der Vorauswahl
Den entschleunigten Blick haben annähernd hundert Film- und Fernsehmacher angewendet, die ihre Arbeiten eingesandt haben. Das Thema „Arbeit und Migration“ stand in diesem Jahr im Vordergrund. Regisseure aus der ganzen Welt haben sich in Asien, Afrika und Lateinamerika mit dieser Frage und ihrer Bedeutung für die Menschen vor Ort auseinandergesetzt. Unterschiedlich lang, von 10, 15 Minuten bis hin zur Spielfilmlänge, beleuchten sie individuelle Schicksale und verdeutlichen damit tiferliegende Strukturen. Optimistisch oder düster – am Ende jedes Films steht auf jeden Fall ein besseres Verständnis der Zuschauerinnen und Zuschauer für die jeweiligen Probleme in den so genannten Entwicklungsländern.

Saisonarbeiter zwischen Hoffnung und Ausbeutung
In „Eisenfresser“ erzählt Shaheen Dill-Riaz das Schicksal seiner Landsleute im Norden Bangladeshs. Die Bauern sind nach den Überschwemmungen regelmäßig gezwungen, im Süden des Landes auf den Abwrackwerften unter unmenschlichen Bedingungen zu arbeiten. Dort wird der Müll der Inustrienationen, Supertanker und große Containerschiffe, in Kleinarbeit mühselig und von Hand zerlegt. Ausbeutung ist an der Tagesordnung, und Dill-Riaz schildert mit ruhiger und direkter Kamera die Hoffnungen der Saisonarbeiter auf ein kleines Einkommen und ihre Enttäuschung, wenn der Lohn der Plackerei noch schmaler ausfällt als erwartet. „Jeder, der an diesem Film mitgewirkt hat, war davon überzeugt, dass er an die Öffentlichkeit gelangen wird und mit dazu beitragen kann, die Situation der Arbeiter vor Ort zu verbessern“, verlas Produzentin Kathrin Lemme ein Grußwort des Regisseurs, der wegen einer Flutkatastrophge in Bangladesh nicht nach Köln kommen konnte. Der erste Preis beim „Eine Welt Filmpreis NRW“ ist mit 3000 Euro dotiert. Der zweite Preis, dotiert mit 2000 Euro, ging an Heidi Speconga und ihren Film „Das kurze Leben des José Antonio Gutierrez“, den dritten Preis mit jeweils 500 Euro teilen sich „Roaming Around“ von Brigitte Bertel, eine Dokumentation über Straßenkinder in Ghana, und „Nima“ von der Niederländerin Annelies Kruk, die die Lebensgeschichte eines 13-jährigen Mädchens erzählt, das aus Somalia in die Niederlande geflüchtet ist.

Text: Jörg Fleischer
Foto(s): Fleischer